Rheinische Post Viersen

Mit spitzem Stift gezeichnet

Cartoonist­in Marion Wurster nimmt sich mit scharfem Blick vieler unterschie­dlicher Themen an — Alltäglich­es gehört ebenso dazu wie Politik. Warum witzige Freunde für ihre Arbeit unerlässli­ch sind

- VON SIGRID BLOMEN-RADERMACHE­R

Konzert zur Eröffnung Die neue Spielzeit beginnt in Nettetal traditione­ll mit einem Konzert des Orchesters am Werner-JaegerGymn­asium. Dies findet statt am Samstag, 23. September. Beginn ist um 18 Uhr in der Werner-Jaeger-Halle, An den Sportplätz­en 7 in Nettetal-Lobberich. jetzt werden erstmals Musik und Theater verknüpft. Karten kosten fünf Euro. buschSchne­lle Dichtkunst Poetry Slam ist ein literarisc­her Vortragswe­ttbewerb, in dem selbst geschriebe­ne Texte innerhalb einer festgelegt­en Zeit vorgetrage­n werden. Im Varieté Freigeist gibt es dies wieder am Mittwoch, 4. Oktober, ab 20 Uhr. Bewertet werden sowohl der Inhalt der Texte als auch die Art des Vortrags. Durch den Abend führt der Poetry Papst Markim Pause. Der Eintritt kostet fünf Euro. Varieté Freigeist, Rintger Straße 5 in Viersen. busch- NETTETAL Wenn der „Pathologe im Urlaub“im Pool plantscht, sehen die Sonnenbade­nden auf der Liege für ihn aus wie seine Berufsleic­hen auf den Bahren. So sieht es die Cartoonist­in Miriam Wurster. In der Rathausgal­erie in Lobberich lässt sie ab heute die Besucher lachen, aber auch zusammenzu­cken.

Da ist der edle Ritter, der Rapunzel mit Hilfe ihres langen Haarzopfs zur Rettung eilt – und am Ende ihres Zopfes einen Einkaufsze­ttel findet: „Eier, Öl, Erdnüsse.“Was ist nur aus den männlichen Helden von Einst geworden? Da ist aber auch die Zeichnung, auf der angehende Journalist­en in Reih’ und Glied vor einem Erdogan-Bild niederknie­n und einer flüstert: „Mein Journalist­ikstudium hatte ich mir anders vorgestell­t!“

Alltag, Frauen, Politik – das sind die Themenbere­iche, die die 1964 in Hamburg geborene Cartoonist­in den Nettetaler­n präsentier­t. „Manche Ideen fallen einem zu, manchmal schnappe ich etwas in Gesprächen auf – witzige Freunde sind wichtig in diesem Metier“, erzählt Miriam Wurster. Anlässe für Cartoons gibt es genügend – politische, gesellscha­ftliche und alltäglich­e. Die in diesen Monaten überall diskutiert­e Dieselprob­lematik animierte Wurster zu „Schockbild­ern auf Dieselauto­s“. Da heißt es: „Dieselfahr­zeuge verkürzen die Lebenszeit ihrer Mitmensche­n“, darunter sieht man ein Paar Füße mit dem Schildchen der Pathologie am Zeh.

Für politische Cartoons, so Wurster, müsse sie erstmal viel lesen und recherchie­ren.

Ihre Cartoons treffen dann aber auch genau den Punkt – der auch wehtun kann. Denn Wurster nimmt nicht nur Politiker aufs Korn, auch dem normalen Bürger wird ein Spiegel vorgehalte­n, wenn zum Thema Flüchtende das ramponiert­e Boot dem Jumbojet fast ein bisschen vorgezogen wird.

Die überwiegen­d farbigen Cartoons sind detaillier­t mit Tusche gezeichnet und haben einen erzähleris­chen Charakter – auch ohne die prägnanten kleinen Texte ist ihre Intention nachvollzi­ehbar.

Wurster hat Vorbilder: F.K. Wächter, Robert Gernhardt zum Beispiel, die Cartoons aus dem New Yorker und die aus Charlie Hebdo, sie seien „unerreicht provokant und witzig.“

Der Besucher der Ausstellun­g sollte sich ein wenig Zeit nehmen und die Cartoons von Miriam Wurster genau betrachten und die kleinen Titel und Sprechblas­entexte gut lesen. Es ist ja schon eine Tradition, dass die Nettetaler Kultur eine Ausstellun­g der Karikatur, dem Cartoon widmet. Miriam Wurster studierte an der Hochschule für Bildende Künste Illustrati­on und Cartoon, seit 15 Jahren arbeitet sie als freie Cartoonist­in und Illustrato­rin. Zahlreiche Ausstellun­gen und Preise begleiten ihren Weg: So stellte sie bei der Caricatura in Kassel aus und bekam Auszeichnu­ngen beim Deutschen Preis für die politische Karikatur. Sie arbeitet als Cartoonist­in unter anderem für Stern, Titanic, Charlie Hebdo, taz, Spiegel online.

Mit jedem Job lernt sie dazu. Zu ihrer Arbeit für Charlie Hebdo sagt sie: „Das ist sehr interessan­t, weil die Zeichner und Zeichnerin­nen dort eine sehr eigene Art entwickelt haben und wir deutschen Zeichnerin­nen anders geprägt sind. Irgendwo trifft man sich dann. Das finde ich sehr inspiriere­nd.“

Der Cartoon lebt, was den Kunstmarkt betrifft, in einem Schattenre­ich – aber er wird durch Zeitschrif­ten bekannt. Gut, dass es Ausstellun­gen wie in Nettetal gibt, die diese kleinen, intensiven und aussagenkr­äftigen Bilder präsentier­en.

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FOTO: WURSTER In einer ehemaligen Kartonagen­fabrik findet Marion Wurster die Ideen für ihre pointierte­n Cartoons.
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FOTO: WURSTER Ein Beispiel für eine Zeichnung von Marion Wurster.

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