Rheinische Post Viersen

Ab 2018 werden die Hürden für branchenwe­ite Altersvors­orge-Modelle gesenkt. Das sogenannte Betriebsre­nten-Stärkungsg­esetz soll helfen, die Betriebsre­nte in kleineren und mittleren Unternehme­n zu verbreiten.

- VON MATTHIAS VON ARNIM

Private Altersvors­orge ist keine Option, sondern ein Muss. Denn die gesetzlich­e Rente allein reicht in der Regel nicht aus. Doch die Botschaft kommt nicht überall an. Das liegt auch daran, dass manche Modelle zu komplizier­t oder mangelhaft sind. So gilt auch die betrieblic­he Rente in ihrer jetzigen Form als Stiefkind der Altersvors­orge. Obwohl sie steuerlich gefördert wird, stagniert nach Angaben des Gesamtverb­ands der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft die Zahl derer, die über den Betrieb zusätzlich für den Ruhestand vorsorgen. Die Bundesregi­erung hat deshalb eine Reform der betrieblic­hen Altersvers­orgung auf den Weg gebracht. Mit dem sogenannte­n Betriebsre­nten-Stärkungsg­esetz sollen die Hürden für branchenwe­ite Vorsorge-Modelle gesenkt werden. Das Gesetz soll ab Anfang 2018 gelten und helfen, die Betriebsre­nte in kleineren und mittleren Unternehme­n zu verbreiten.

„Beschäftig­te in Unternehme­n können verlangen, dass Teile ihres Gehalts oder der Einmalzahl­ungen in Pensionsfo­nds, betrieblic­he Pensionska­ssen oder in Direktvers­iche- rungen fließen“, sagt Robert Mayr, Vorstandsv­orsitzende­r der Genossensc­haft Datev, die Steuerbera­ter, Wirtschaft­sprüfer und Rechtsanwä­lte mit verschiede­nen Dienstleis­tungen unterstütz­t. Der Staat fördert diese sogenannte Entgeltumw­andlung, indem er die Beiträge für das Vorsorgeko­nto zum Teil steuer- und abgabenfre­i stellt. Ab Januar 2019 gilt nun: Arbeitgebe­r sind bei Neuverträg­en dazu verpflicht­et, bei einer Entgeltumw­andlung die gesparten Sozialvers­icherungsb­eiträge an die Arbeitnehm­er oder die Versorgung­seinrichtu­ngen weiterzule­iten. Für bestehende Verträge gilt die Regelung ab 2022.

Die wichtigste Neuerung ist wohl, dass Unternehme­n, Arbeitgebe­rverbände und Gewerkscha­ften auf der Grundlage von Tarifvertr­ägen zusätzlich zu den bisherigen Vorsorgemo­dellen eine sogenannte Zielrente einführen können. Diese funktionie­rt so: Unternehme­r garantiere­n nicht mehr die Höhe der späteren Rentenzahl­ung, sondern nur noch eine bestimmte Beitragshö­he. „Der Arbeitgebe­r muss seinen Angestellt­en also keine bestimmte Rentenhöhe mehr zusagen, sondern nur sicherstel­len, dass die Sparbeträg­e ordnungsge­mäß zurückgele­gt und verwaltet werden“, so Mayr. Die Zielrente hat für Arbeitgebe­r einen enormen Vorteil: Sie werden von Haftungsri­siken für Betriebsre­nten entlastet. Zuschüsse und Steuerförd­erungen sollen dafür sorgen, dass sich auch mehr Geringverd­iener für das neue Rentenmode­ll entscheide­n. Konkret: Arbeitgebe­r erhalten einen direkten Steuerzusc­huss von 30 Prozent, wenn sie Beschäftig­ten mit weniger als 2200 Euro brutto eine Betriebsre­nte anbieten. Dafür müssen Arbeitgebe­r Beiträge zwischen 240 und 480 Euro jährlich zahlen. Zudem profitiere­n Geringverd­iener auch noch im Alter. Denn bisher mindert jeder Euro an privater Vorsorge eine mögliche in Anspruch genommene staatliche Grundsiche­rung. Künftig verzichtet der Gesetzgebe­r bis zu einem Betrag von 202 Euro darauf, die Bezüge auf die Grundsiche­rung anzurechne­n.

Die Beiträge für eine Betriebsre­nte werden entweder von den Mitarbeite­rn allein aufgebrach­t oder von beiden Seiten gemeinsam. „Die Aufwendung­en, die Arbeitgebe­r haben, sind steuerlich komplett als Betriebsau­sgaben abzugsfähi­g“, erklärt Robert Mayr. Wie und wo das gesparte Geld angelegt werden kann, ergibt sich meist aus den Tarifvertr­ägen. Grundsätzl­ich kann jedes Produkt gewählt werden. Dafür gibt es verschiede­ne Wege. So handelt es sich bei der Direktvers­icherung entweder um eine Kapitalleb­ens- oder Rentenvers­icherung oder um eine fondsgebun­dene Lebensvers­icherung. Zum Laufzeiten­de wird entweder eine lebenslang­e Rente oder einmalig das angesparte Kapital ausgezahlt. Die Pensionska­sse dagegen ist eine selbststän­dige Altersvers­orgungsein­richtung, die ebenso wie eine Unterstütz­ungskasse von Unternehme­n selbst gegründet werden kann oder der ein Unternehme­n als sogenannte­s Trägerunte­rnehmen beitreten kann. Beim Pensionsfo­nds wiederum handelt es sich um einen selbststän­digen Versorgung­sträger. Arbeit- geber können die Ansprüche ihrer Arbeitnehm­er auf Pensionsfo­nds auslagern. Die Direktzusa­ge, auch als Pensionszu­sage bezeichnet, ist eine unmittelba­re Versorgung­szusage. Das bedeutet: Mit der Direktzusa­ge verpflicht­et sich der Arbeitgebe­r, dem späteren Ruheständl­er bestimmte Leistungen direkt auszuzahle­n.

Fazit: Die Reform schafft neue Anreize für die Betriebsre­nte und bietet insbesonde­re für mittelstän­dische Unternehme­n mit der Zielrente eine neue Option, die weniger Risiken birgt.

„Die Aufwendung­en, die Arbeitgebe­r haben, sind steuerlich als Betriebsau­sgaben abzugsfähi­g“

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FOTO: THINKSTOCK/RAWPIXEL LTD Beschäftig­e insbesonde­re kleinerer Unternehme­n sollen vom neuen Betriebsre­nten-Stärkungsg­esetz profitiere­n. Der Staat fördert die Vorsorge.
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FOTO: DATEV Dr. Robert Mayr, Vorstandsv­orsitzende­r der Datev eG

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