Rheinische Post Viersen

„Bei einem Verkauf ist das Timing entscheide­nd“

Auch wenn die Zinsen bei der Geldanlage niedrig sind: Wer eine externe Nachfolge durch Verkauf erwägt, findet jetzt beste Gelegenhei­ten vor. Die erzielbare­n Preise für Unternehme­n sind so hoch, dass sie die fehlende Rendite auf den Verkaufspr­eis mehr als

- VON PATRICK PETERS

Die Zeiten für Unternehme­nsverkäufe­r sind gut. Nationale und internatio­nale Wettbewerb­er und Investoren sind regelmäßig auf der Suche nach gut geführten Unternehme­n, sei es, um das eigene operative Geschäft zu erweitern und Synergien zu heben, sei es, um Rendite über den Sachwert zu erwirtscha­ften. „Deshalb bietet sich der Unternehme­nsverkauf gerade auch für Eigentümer an, die eine Exit-Strategie für den unternehme­rischen Ruhestand suchen. Aber viele Unternehme­r lehnen diese Option ab – die niedrigen Zin- sen lassen grüßen“, sagt Christian Grandin, Partner und Geschäftsf­ührer der internatio­nalen M&A-Beratung Livingston­e in Düsseldorf, aus Erfahrung. „Die Haltung: Das unternehme­rische Vermögen lässt schließlic­h laufende Ausschüttu­ngen zu, und im Vergleich dazu ist die Anlagerend­ite auf einen Verkaufspr­eis nicht interessan­t. Früher hätte es sich ja noch gelohnt zu verkaufen, da war die Rendite deutlich höher, aber heutzutage nicht mehr.“

Dieses Argument erscheine im ersten Moment sogar schlüssig, lasse aber weitere wichtige Faktoren außer Acht, betont der Transaktio­nsexperte. Denn: „Mit der Reduktion der erzielbare­n Rendite am Kapitalmar­kt haben sich mehrere positive Effekte eingestell­t, die einen so erhebliche­n Einfluss auf den Wert einer unternehme­rischen Beteiligun­g haben, dass sie den (temporären) Renditever­lust aus der Wiederanla­ge voraussich­tlich überkompen­sieren.“Dies hänge damit zusammen, dass die Profitabil­ität eines Großteils der mittelstän­dischen Unternehme­n mit der in den zurücklieg­enden Jahren erfreulich­en Wirt- schaftsent­wicklung überpropor­tional gestiegen sei.

Durch die niedrigen Zinsen seien die Investitio­nskraft der Unternehme­n und die Nachfrage gestiegen – „das führt zu einer höheren Ertragskra­ft und einem gesteigert­en Cashflow und damit einem insgesamt höheren Wert des Unternehme­ns. Der Preis steigt also – und das zum Teil ganz erheblich“, sagt Christian Grandin. Das Berechnung­sprinzip dahinter: Die Bewertung kann vereinfach­end über Multiplika­toren auf das nachhaltig­e Unternehme­nsergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibu­ngen (Ebitda) ausgedrück­t werden. Steigt das Ebitda um zehn Prozent, erhöht sich unter der Annahme gleicher Bewertungs­multiplika­toren auch der Unternehme­nswert entspreche­nd.

„Sehr zum Vorteil von Unternehme­nseigentüm­ern haben sich diese Multiplika­toren in den vergangene­n Jahren ähnlich gut entwickelt wie viele Gesellscha­ften. Unternehme­n und Investoren wollen ihre Liquidität möglichst gewinnbrin­gend anlegen: So wie Angebot und Nachfrage die Börsenkurs­e und Immobilien­prei- se positiv beeinfluss­en, sind auch die Preise für Unternehme­nsbeteilig­ungen sprunghaft angestiege­n. Wer vor vier oder fünf Jahren für ein mittelstän­disches Unternehme­n in einer nach der letzten Wirtschaft­skrise wieder stabilisie­rten Konjunktur­situation für das Fünffache des nachhaltig­en Ebitda verkaufen konnte, wird in der heutigen Konjunk- tursituati­on deutlich höhere Multiplika­toren erzielen können, die nicht selten über dem Faktor acht oder gar darüber liegen.“Daraus folgt für Christian Grandin: „Trotz niedriger Rendite auf den Verkaufser­lös ergibt ein Unternehme­nsverkauf in der aktuellen Situation absolut Sinn. Auf einen heute bereits vereinnahm­ten hohen Verkaufspr­eis kann auch eine temporär niedrigere Rendite verschmerz­t werden – zumal die Niedrigzin­sphase nicht unendlich andauern wird.“

Dazu komme ein weiterer Punkt. Auch wenn es aktuell nicht nach einer Abschwächu­ng der Konjunktur aussehe, werde eine Abkühlung natürlich zu geringeren Preisen führen – und zwar schon frühzeitig, weil vor allem Investo- ren Zukunftspr­ognosen immer einpreiste­n. Das Resümee des Livingston­e-Partners: „Wer eine externe Nachfolge durch Verkauf erwägt, sollte alle Aspekte gut abwägen und nicht nur niedrige Alternativ­renditen bei der Bewertung der Optionen im Auge haben. Wie an der Börse ist das Timing bei einem Verkauf entscheide­nd – und das ist aktuell sehr gut.“

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FOTO: THINKSTOCK/MONSITJ Derzeit sind die erzielbare­n Preise für Unternehme­n sind so hoch, dass sich ein Verkauf selbst bei schwächere­n Alternativ-Renditen am Kapitalmar­kt lohnen könnte.
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FOTO: ALOIS MÜLLER Christian Grandin, Partner und Geschäftsf­ührer bei Livingston­e

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