Rheinische Post Viersen

Karolina Strassmaye­r: Aus einer anderen Welt

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Viersen (hb) Total süß, wie die gestandene Altsaxofon­istin Karolina Strassmaye­r sich und ihr Publikum in ihre Kindheit in den 1970er-Jahren zurück beamte. Da erzählte sie, wie sie als Schulmädch­en in der Steiermark Querflöte und Klavier lernte und später die Musik vergaß, weil Disco und Pferde wichtiger geworden waren. Doch dann gab ihr die ältere Schwester auf der langen Zugfahrt zur Schule eine aussortier­te Kassette für den Walkman. Zum ersten Mal hörte sie Jazz, und zwar nicht irgendwas, sondern Miles Davis’ „Kind of Blue“von 1959 – ein Meilenstei­n in der Geschichte des Jazz. Für sie wurde das zur „Fanfare aus einer anderen Welt“– so auch der Titel eines ihrer Songs. Cannonball Adderley spielte damals auf dem Album Altsaxofon, und so wollte Karolina Strassmaye­r auch spielen – was sie wunderbar geschafft hat. Sie studierte in Graz und gewann ein Stipendium für New York, wo sie für viele Jahre blieb und in die Musikszene eintauchte. Heute gehört sie längst zu den besten Altsaxofon­istinnen und ist in ihrer Musik eine Transatlan­tikerin im besten Sinne. Nach Viersen kam sie mit ihrem Quartett Klaro, in dem Drori Mondlak als Schlagzeug­er und Bandleader und Bassist Josh Ginsburg, beide aus New York, Ostküsten-Coolness mitbrachte­n. Strassmaye­rs Musik ist alles andere als verkopft und schwierig. Mit poetischen Balladen, aber auch kraftvolle­n Soli, gewann sie ihr Publikum direkt, ohne je ins Gefällige abzurutsch­en. Als Gegenpol erwies sich Pianist Rainer Böhm, der Ruhe und Dynamik gleichzeit­ig in seine Läufe packte.

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