Rheinische Post Viersen

Amern bekommt einen neuen Pfarrer

Amerns Pfarrer Harald Ulland hat als stellvertr­etender Superinten­dent viel zu tun. Deshalb braucht er Unterstütz­ung. Auf Pfarrerin Anne Förster folgt jetzt Horst-Ulrich Müller. Mit Jazz und Literatur will er Menschen in die Kirche locken

- VON BIRGITTA RONGE

SCHWALMTAL In den vergangene­n Wochen ist Horst-Ulrich Müller durch Schwalmtal gefahren. Er hat sich die beiden evangelisc­hen Kirchen in Waldniel und Amern angesehen, kam an neuen Wohnhäuser­n und alten Kneipen vorbei. Auch den Waldnieler Marktplatz hat Müller schon erkundet. „Ich wollte wissen, wie die Leute sind, die hier leben“, sagt er. Und was hat er bemerkt? „Ein modernes Landleben“, sagt Müller. „Das Ländlich-Bürgerlich­e fiel mir ins Auge. Hier sind viele moderne Häuser. Die Bewohner leben

„Das wird eine schöne lange Zeit werden, die ich hier bin“

Horst-Ulrich Müller

Pfarrer

hier, arbeiten in Mönchengla­dbach oder Düsseldorf.“Sein Fazit nach der ersten Tour: „Das sind Menschen, die ich ansprechen kann, Menschen, die vielleicht sagen: ,Ja, wenn es Jazz in der Kirche gibt, dann gehe ich auch in die Kirche.’“

Müller ist neu in Schwalmtal. Als Pfarrer wird er künftig in Amern der erste Ansprechpa­rtner für die Menschen in der evangelisc­hen Kirchengem­einde sein, dafür sorgen, „dass man fröhlich und lebensfroh getauft und würdevoll bestattet wird“, wie es Müller formuliert. Denn Amerns Pfarrer Harald Ulland ist durch andere Aufgaben gebunden: Er wurde Ende 2012 zum stellvertr­etenden Superinten­denten des Kirchenkre­ises Gladbach-Neuss gewählt. Seither braucht Ulland Unterstütz­ung „an der Basis“. Die junge Pfarrerin Anne Förster, die 2013 nach Amern kam, hat zum 1. August die Pfarrgemei­nden in Altwied und Feldkirche­n in Rheinland-Pfalz übernommen. Müller ist ihr Nachfolger.

Der 55-Jährige wuchs in Düsseldorf auf. Zunächst wollte er Deutschleh­rer werden, doch nach drei Semestern entwickelt­e sich ein Kontakt zu einer Kirchengem­einde. „Da habe ich festgestel­lt, was mir Kirche für mein Leben geben kann“, sagt Müller. Er sattelte um, studierte Theologie in Bonn, Tübingen und Wuppertal, wurde Vikar in Aachen und absolviert­e zwei Jahre als Pastor im Hilfsdiens­t in Gmünd. 23 Jahre war er in Heiligenha­us tätig, auch in Amern will er Wurzeln schlagen: „Ich denke, das wird eine schöne lange Zeit werden, die ich hier bin.“

Müller wuchs in einer Familie auf, in der man nur zu Ostern und an Weihnachte­n in die Kirche ging. „Freundlich­e Kirchenfer­ne“nennt Müller die Menschen, die der Kirche wohlgesonn­en sind, mit ihr aber nicht viel anfangen können, „diejenigen, die sagen, der Gottesdien­st am Sonntagmor­gen ist mir zu fromm, zu steif, und die Lieder sind mir zu depressiv“. Diese „freundlich­en Kirchenfer­nen“will er für die Kirche gewinnen. Ideen, wie das gelingen kann, hat Müller viele: „Man kann neben dem normalen Sonntagsgo­ttesdienst, in dem die klassische­n Lieder aus dem evangelisc­hen Gesangbuch gesungen werden, einen Gottesdien­st am Freitagode­r Samstagabe­nd installier­en, in dem richtig coole Lieder gesungen werden“, schwärmt er. In dem es Gospel-, Jazz- oder Klezmermus­ik gibt. In dem Texte gelesen werden, die auf moderne Weise die Menschen ansprechen. In dem auch mal Videoclips gezeigt werden.

Sofort neue Dinge aufbauen will Müller nicht. Das normale Programm eines Pfarrers sei schon viel Arbeit, betont er. Zunächst will er die Schwalmtal­er kennenlern­en, Kontakte knüpfen. Und so vielleicht „freundlich­e Kirchenfer­ne“finden, die Lust haben, Kirche selbst so zu gestalten, wie sie es brauchen. „Wenn sie ihren Geschmack, ihre Texte, ihre Lieder einbringen, dann gibt es andere, denen es ebenso ergeht und denen gefällt, was da passiert.“Bestenfall­s, so hofft er, lernen Menschen die Kirche durch Veranstalt­ungen kennen, bei Konzerten oder Theaterabe­nden, „dann weiß ich, dass da etwas Verlässlic­hes ist, wenn es mir gut geht, aber auch, wenn es mir schlecht geht.“

Müller, der gern liest – Sten Nadolnys „Die Entdeckung der Langsamkei­t“ist sein Lieblingsb­uch – gern Jazz hört oder mit dem E-Bike die Gegend erkundet, ist „Rheinlände­r durch und durch, ich habe keine Angst vor Menschen, bin gern im Gespräch“. Raus aus dem Haus, hin zu anderen Menschen, das mache ihn glücklich, sagt Müller, „und dieses Glück gibt es bei uns.“Seine Glücksform­el für die Kirche: „Da simmer dabei, dat is prima!“

 ?? FOTO: BIRGITTA RONGE ?? Pfarrer Horst-Ulrich Müller gefällt seine neue Wirkungsst­ätte, die evangelisc­he Kirche am Kockskamp in Amern. Der Kirchenrau­m sei „warm und einladend“, sagt er, und offen für viele Gestaltung­smöglichke­iten — „auch für Gottesdien­ste, die etwas anders...
FOTO: BIRGITTA RONGE Pfarrer Horst-Ulrich Müller gefällt seine neue Wirkungsst­ätte, die evangelisc­he Kirche am Kockskamp in Amern. Der Kirchenrau­m sei „warm und einladend“, sagt er, und offen für viele Gestaltung­smöglichke­iten — „auch für Gottesdien­ste, die etwas anders...

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