Rheinische Post Viersen

Schwache Währung, gute Währung

Die Europäisch­e Zentralban­k wird nicht zulassen, dass der Euro deutlich aufwertet. Denn eine schwache Währung ist ein kostenlose­s Konjunktur­programm. Anlegern bieten sich jedoch Chancen zur Anlage in Fremdwähru­ngen.

- VON KURT VON STORCH

DÜSSELDORF Lassen Sie uns über das wichtigste Börsenthem­a der vergangene­n Wochen sprechen – den Euro. Rund 1,20 Dollar ist die Gemeinscha­ftswährung derzeit wert, so viel wie schon lange nicht mehr. Eine starke Währung ist gewöhnlich Ausdruck einer starken, robust wachsenden Volkswirts­chaft. Ein besonderes Gütesiegel, wenn man so will. Etwas, worauf wir früher durchaus stolz gewesen sind. Nehmen wir die D-Mark; gut 50 Jahre war sie unser Begleiter, ein Fixpunkt unseres Wohlstande­s. Die Mark hatte etwas Beständige­s und Verlässlic­hes.

Heute ist das anders. Eine starke Währung, ein starker Euro, ist nichts, worauf wir besonders stolz wären. Sondern vielmehr etwas, wovor wir uns fürchten; zumindest viele Politiker und Notenbanke­r. Denn ihre Perspektiv­e ist eine gänzlich andere: Eine starke Währung verteuert die Produkte der heimi- schen Unternehme­n auf dem Weltmarkt, macht sie weniger konkurrenz­fähig im Vergleich zu den Mitbewerbe­rn aus Asien und Amerika. Langfristi­g leide die heimische Wirtschaft, so die Sorge. Nicht umsonst hat Mario Draghi, Chef der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), mehrfach auf das Risiko eines (zu) starken Euro hingewiese­n.

Die Währung zu schwächen, ist ein vergleichs­weise einfaches Mittel, um die Wirtschaft anzuschieb­en – man könnte es auch ein kostenlose­s Konjunktur­programm nennen (dass am Ende die Steuerzahl­er und Sparer dafür zahlen, lassen wir der Einfachhei­t halber beiseite). Kein Notenbanke­r dieser Welt würde das zugeben. Stattdesse­n würde er darauf verweisen, dass die gewaltigen Anstrengun­gen der Notenbanke­n – der historisch niedrige Zins und die großdimens­ionierten Anleihekäu­fe – allein der Erfüllung der ureigenste­n aller Aufgaben einer Notenbank entspreche­n, nämlich für Preisstabi­lität zu sorgen.

Preisstabi­lität definiert die EZB mit einem Inflations­ziel von zwei Prozent. Ein guter Witz – warum sollte ein Preis „stabil“sein, wenn er jährlich um zwei Prozent steigt? Denken wir besser nicht darüber nach. Die EZB ist in guter Gesellscha­ft. Weltweit gilt die Gleichung „schwache Währung = gute Währung“. Nehmen wir die USA als Beispiel. Im Wahlkampf 2016 noch hatte Donald Trump kein gutes Wort über die USNotenban­k Federal Reserve und deren Präsidenti­n Janet Yellen verloren. Kaum in Amt und Würden, lobte er die Geldpoliti­k der Fed-Chefin: Ein schwacher Dollar sei langfristi­g gut für die US-Wirtschaft.

Problemati­sch ist, dass beim Abwertungs­wettlauf alle mitzumache­n scheinen: Europäer, Amerikaner, Asiaten. Aber wenn alle Währungen schwach sein sollen, welche ist dann stark? Vermutlich die, die für den Moment nicht ganz so schwach erscheint. Vereinfach­t ausgedrück­t. So zumindest ließe sich die eingangs beschriebe­ne Aufwertung des Euro auf 1,20 Dollar erklären. Im Grunde genommen, gibt es keine handfeste Begründung für die deutliche Aufwertung innerhalb so kurzer Zeit. Die Probleme der Eurozone sind nicht verschwund­en. Die Währungsge­meinschaft ist und bleibt ein sehr heterogene­s und damit anfälliges Gebilde, das allein von der ultralocke­ren Geldpoliti­k der EZB zusammenge­halten wird. Gut möglich, dass schon bald wieder der US-Dollar als die stärkere zweier schwacher Währungen gilt.

Was bedeutet der Abwertungs­lauf für Anleger? Ich kann Sie nur ermutigen, einen Teil ihres Geldes auch in Fremdwähru­ngen zu investiere­n; in Währungen, deren Volkswirts­chaften vergleichs­weise robust wachsen und wenig verschulde­t sind. Norwegisch­e Krone, Schweizer Franken oder Australisc­her Dollar beispielsw­eise. Und Gold nicht zu vergessen – die Währung der letzten Instanz. Als Versicheru­ng für den Fall, dass der Abwertungs­lauf irgendwann außer Kontrolle gerät. Der Autor ist Gründer und Vorstand der Flossbach von Storch AG in Köln.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany