Rheinische Post Viersen

Landfrauen: Mehr als nur ackern

Vor 60 Jahren wurde der Ortsverein Kaldenkirc­hen der Rheinische­n Landfrauen­vereinigun­g gegründet. Er wollte mehr Bildung und Freizeitan­gebote für die hart arbeitende­n Frauen. Inzwischen fehlt der Nachwuchs

- VON DANIELA BUSCHKAMP

KALDENKIRC­HEN Maria Jürgens ist seit 55 Jahren Mitglied bei den Landfrauen im Ortsverein Kaldenkirc­hen. Kälber und Schweine wurden früher auf ihrem Hof gehalten, Kartoffeln wurden dort angebaut. Inzwischen ist der Betrieb verpachtet. Für Jürgens, die von 1974 bis 1983 selbst die Ortsgruppe führte, und für ihre Generation waren die Landfrauen eine Möglichkei­t, dem harten Alltag auf dem Hof den Rücken zu kehren und den eigenen Horizont zu erweitern – sei es bei Ausflügen oder bei Vorträgen. „Wir waren ja froh, dass es etwas anderes für uns gab“, erzählt die Kaldenkirc­henerin stellvertr­etend für ihre Generation.

Im Jahr 1957 wurde der Ortsverein Kaldenkirc­hen des Vereins Rheinische Landfrauen­bewegung gegründet. Das wird am Sonntag, 1. Oktober, um 10 Uhr in der katholisch­en Pfarrkirch­e St. Clemens an der Kehrstraße in Kaldenkirc­hen gefeiert. Dafür werden die Frauen auch das Gotteshaus dekorieren. Anschließe­nd feiern sie im Restaurant „Zur Mühle“mit einem Programm weiter, dazu gehört ein Auftritt des Landfrauen­chores. „Die Ehrungen der Mitglieder werden wir aber zu einem späteren Zeitpunkt nachholen“, sagt Elisabeth Siemes-Springauf, seit zwölf Jahren Vorsitzend­e des Ortsverein­s Kaldenkirc­hen. Zu denjenigen, die von Anfang an dabei sind, gehören heute neben Maria Jürgens auch Elfriede Hildebrand­t und Agnes Lisges.

In der Festschrif­t zum 50-jährigen Bestehen treten die Kaldenkirc­henerinnen den Eindruck entgegen, dass „die Landfrauen­vereinigun­g ein Verein mit angestaubt­em Programm und einem Verständni­s der Frauenroll­e, die nicht mehr zeitgemäß ist, sei: „Wir befassten uns schon in den späten 1950er-Jahren mit sehr fortschrit­tlichen und modernen Themen wie dem Einsatz technische­r Geräte in Landwirtsc­haft und Haushalt und brachten sogar heikle Themen wie Frauengesu­ndheit und Körperhygi­ene offen zur Sprache.“Der Verein habe sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n zu einem bedeutende­n Verband im ländlichen Raum entwickelt, der sich mit allen wichtigen Fragen des ländlichen Raumes beschäftig­e. Seit 1973 können auch Frauen, die nicht in der Landwirtsc­haft arbeiten, Mitglieder werden.

Elisabeth Siemes-Springauf verweist auf die vielfältig­en Aktivitäte­n innerhalb des Ortsverein­s, aber auch auf Kreisebene: Einmal pro Jahr treffen sich die Landfrauen zu Tagesfahrt­en und Besichtigu­ngen. Zu Mariä Himmelfahr­t pflegen sie die Tradition der Kräuterwei­he, sammeln Kräuter und verteilen diese sonntags nach der Messe in St. Clemens. Wichtig seien Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten und Freizeitan­gebote, dazu gehören auch gesellscha­ftspolitis­che Themen wie Pflege und Rente oder Persönlich­keitsbildu­ng.

Trotz der langen Tradition ist die Zukunft nicht gesichert: Nur zwei der rund 70 Mitglieder sind jünger als 50 Jahre, die meisten sind zwischen 51 und 70 Jahre alt. „Mehr junge Frauen wären schön“, sagt die Vorsitzend­e. Doch die sind rar. Denn in Kaldenkirc­hen sei die Zahl der landwirtsc­haftlichen Betriebe zurückgega­ngen, folglich würden junge Landfrauen fehlen.

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FOTO: LANDFRAUEN Gut frisiert und schick waren die Landfrauen aus Kaldenkirc­hen im Jahr 1967 unterwegs. Ihr damaliger Ausflug führte sie zur Burg an der Wupper.
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FOTO: BUSCHKAMP Elisabeth Siemes-Springauf leitet seit 2005 den Ortsverein.
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Maria Jürgens (hier als junge Frau) gehört zu den ältesten Mitglieder­n.

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