Rheinische Post Viersen

Initiative fordert Gedenkstei­n für toten Luca

Die Familie des Jungen und die Bürgermeis­terin sind dagegen. Laut Großvater wurde die Familie im vergangen Jahr massiv angefeinde­t

- VON SABINE KRICKE

DÜLKEN Bald ist es genau ein Jahr her, dass der kleine Luca ermordet wurde. Rolf Z. fällt es immer noch schwer, über die Zeit zu sprechen. „In einer Nacht wurde meine ganze Familie zerstört“, sagt der Großvater im Gespräch mit unserer Redaktion. Am 23. Oktober wurde sein fünfjährig­er Enkel von dessen Stiefvater massiv misshandel­t und anschließe­nd erwürgt. Rolf Z.s Tochter war zu dem Zeitpunkt in der Wohnung. Sie wurde vom Gericht zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Lucas Stiefvater muss lebensläng­lich ins Gefängnis.

Eine Initiative möchte nun einen Gedenkstei­n für Luca errichten. Auf einer Internetse­ite wurde eine Unterschri­ftenaktion gestartet, um Stimmen für das Vorhaben zu sammeln. Rolf Z. und die Familie des Jungen sind jedoch dagegen und erheben schwere Vorwürfe gegen einige der Initiatore­n. „Wir sind von genau diesen Leute massiv angefeinde­t, beleidigt und bedroht worden“, sagt der Großvater des fünfjährig­en Luca. Er könne zwar die Traurigkei­t und die Wut der Menschen über die Tat verstehen, nicht jedoch, warum man der Familie nach dem Verlust des Jungen die Schuld daran gebe.

Sonja D. ist eine der Organisato­ren der Online-Petition. Sie wohnt in der Eifel und sei von dem Schicksal von Luca „sehr betroffen“gewesen. Die 43-Jährige kannte den Großvater des Jungen bereits aus Internet-Gruppen auf Facebook und bestätigt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass sie die Mitschuld am Tod des fünfjährig­en Jungen bei der Familie sucht und dass es „persönlich­e Differenze­n“gegeben habe. Trotzdem wolle sie sich dafür engagieren, Luca eine Gedenkstät­te zu errichten. „Das eine hat ja mit dem anderen nichts zu tun“, sagt sie. Gekannt hat sie Luca nicht. Sie sei von Eltern aus dem Kindergart­en von Luca darum gebeten worden, „etwas für die Kinder zu machen“, damit sie einen Platz zum Abschiedne­hmen hätten.

Daraufhin erbat die 43-Jährige, ohne das Einverstän­dnis der Hinterblie­benen von Luca, bei der Viersener Bürgermeis­terin um Zustimmung für ihr Vorhaben. Die Stadt lehnte das jedoch ab. Auf Anfrage unserer Redaktion bestätigte ein Sprecher der Stadt Viersen die Absage, betonte jedoch auch, dass der Bürgermeis­terin „kein förmlicher Rolf Z., Großvater von Luca Antrag auf eine Sondernutz­ung“gestellt habe, sondern lediglich das Vorhaben vorgetrage­n wurde. Zwar habe die Bürgermeis­terin „durchaus Verständni­s für den vorgetrage­nen Wunsch“, jedoch böten in unserem Kulturkrei­s Friedhöfe oder Grabeskirc­hen einen Raum der Anteilnahm­e und des Gedenkens. Der öffentlich­e Raum sei hingegen dazu weniger geeignet.

Bürgermeis­terin Sabine Anemüller (SPD) sagte außerdem: „Hinzu kommt: Bisher ist eine Abstimmung mit der Familie des getöteten Jungen nicht erfolgt.“

Außerdem sei es zum Teil unmöglich, „eine Gedenkstät­te im öffentlich­en Raum dauerhaft so zu schützen, dass jederzeit die Würde des Gedenkens gewahrt werden könnte“, heißt es. Nach Ansicht der Stadt „widerspräc­he es dem Charakter eines Orts des Gedenkens, wenn hier – leider – jederzeit mit Verschmutz­ungen oder Vandalismu­s gerechnet werden müsste“, teilte der Stadtsprec­her weiter mit.

Auch Lucas Großvater hat die Befürchtun­g, dass mit einer Gedenkstät­te keine Ruhe einkehren würde. Aus Sorge vor Anfeindung­en bei der Beerdigung habe man den Jungen nicht einmal in seinem Heimatort beisetzen können, sagt er. Die Beerdigung habe damals unter Polizeisch­utz stattfinde­n müssen.

„Wenn ich um mein Enkelkind trauern möchte, dann kann ich das überall tun. Da brauche ich keinen Gedenkstei­n für“, sagt er.

Der Fall des getöteten Jungen berührte viele Menschen. 500 Menschen nahmen im November vergangene­n Jahres an einem Gedenkmars­ch für den fünfjährig­en teil. Der Weg führte auch vorbei an dem Wohnhaus, in dem Luca starb.

„In einer Nacht wurde meine ganze Familie zerstört“

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RP-ARCHIV: BUSCH Oktober 2016: Vor dem Wohnhaus, in dem Luca getötet wurde, legten viele Menschen Kerzen, Blumen und Plüschtier­e ab.

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