Die Niedrigzinsen der Europäischen Zentralbank belasten zunehmend die Bilanzen der Banken. Zudem müssen sie sich für die digitale Zukunft rüsten und aufwändige gesetzliche Herausforderungen meistern. Wir sprachen mit Steffen Pörner, dem Geschäftsführer de
Auf den Bankenstandort Düsseldorf hat so mancher schon den Abgesang eingestimmt, vor allem gegenüber dem Finanzplatz Nummer eins Frankfurt hat die NRW-Landeshauptstadt im vergangenen Jahrzehnt an Boden verloren. Verliert der Standort weiter an Bedeutung? Steffen Pörner, Geschäftsführer des Bankenverbandes NRW, verweist bei solchen Diskussionen lieber auf die nackten Zahlen. „Den Unternehmen an Rhein und Ruhr geht es aufgrund der guten Konjunktur so gut wie nie – und Nordrhein-Westfalen ist mit über 750.000 Firmen der wichtigste Unternehmensstandort der Republik. Und genau deshalb ist der Bankenstandort Düsseldorf weiter attraktiv, denn die Nähe zu diesen Kunden ist entscheidend!“, unterstreicht Pörner und schiebt gleich eine weitere Zahl hinterher: „Allein das Firmenkundengeschäft läuft prächtig: 80 Prozent aller Exportfinanzierungen an Rhein und Ruhr laufen über Privatbanken.“
Und wie sieht es bei den Privatkunden aus? Auch darauf ist der oberste Bankenrepräsentant bestens vorbereitet und verweist auf die aktuelle Statistik, wonach die Zahl der Einkommensmillionäre im Land deutlich gestiegen ist. In der Tat: Von 2010 bis 2013 stieg die Zahl der Einkommensmillionäre in NRW um 14,5 Prozent auf 4.264. „Landesweit kommen wir damit auf 2,4 Millionäre je 10.000 Einwohner – für vermögende Privatkunden bieten wir ein gutes Umfeld.“
Völlig entspannt blicken die Banken indes nicht in die Zukunft. Sie müssen aktuell gleich drei Herausforderungen bewältigen: Die anhaltende Niedrigzinsphase der Europäischen Zentralbank schmälert die Renditen, die Digitalisierung erfordert hohe Investitionen, gleichzeitig verschärft der Gesetzgeber im nächsten Jahr mit der Finanzmarkt-Richtlinie MiFID II die Regulierung nochmals.
Ein gutes Beispiel dafür sind die Zahlungsströme der Sparer, die auf die Giro- und Tagesgeldkonten fließen. Das zeigt zwar, dass sie den Banken und ihren Einlagensicherungen vertrauen, nutzt den Instituten aber finanziell wenig. Dieses Geld belastet die Banken, weil sie dafür Negativzinsen an die Europäische Zentralbank zahlen müssen. Steffen Pörner zeigt ein Beispiel: „Wenn ein Kunde über Nacht eine Million Euro auf seinem Girokonto schlummern lässt, kostet das die Bank bei der EZB rund 4000 Euro!“Strafzinsen für Sparer – das ist für die Branche aber nach wie vor undenkbar. „Ich glaube nicht, dass Strafzinsen für normale Sparer flächendeckend umgesetzt werden“, ist Steffen Pörner überzeugt. „Aber schlussendlich ist das eine individelle geschäftspolitische Entscheidung jedes Instituts.“
Bei Firmenkunden und vermögenden Anlegern sind die Negativzinsen dagegen längst angekommen. Sie heißen nur nicht so: „Gebühren“oder „Verwahrentgelt“lauten die Bezeichnungen. Das ist auch bitter notwendig, denn die Zinssituation zehrt viele Banken regelrecht aus und bringt ihre Eigenkapital-Rentabilität gehörig unter Druck. „Außerdem kann niemand sagen, wie lange die Niedrigzinsphase noch anhält. Doch selbst wenn jetzt die Zinswende käme, dann würde es wahrscheinlich Jahre dauern, bis wieder ein vernünftiges Niveau erreicht ist“, charakterisiert Pörner die Lage.
Warum aber leiden deutsche Banken stärker? Etwa weil die europäischen Gesetze hierzulande in der Regel besonders penibel ausgelegt werden? Der Geschäftsführer des Bankenverbandes verweist hier auf die neue Finanzmarkt-Richtlinie MiFID II, die ab Anfang 2018 auch in Deutschland zur Anwendung kommt und Anleger und Banken vor weitere Herausforderungen stellt, vor allem in der Anlageberatung. Bislang ist es häufig so, dass Beratungsleistungen einer Bank bei der Geldanlage mit einer Provision bezahlt werden, die in den meisten Anlageprodukten, wie etwa Fonds oder Zertifikaten, bereits enthalten ist. Mit MiFID II wird das anders: Es gibt künftig nur noch wenige Fälle, in denen eine Provision abgerechnet werden kann – in jedem Fall nur dann, wenn es dem Wohle des Kunden dient. „Die Folge kann sein, dass sich so manche Bank aus der Anlageberatung zurückziehen wird, weil Bürokratieschub und Kostenbelastung zu groß sind“, berichtet Pörner. „Die Frage ist, ob das für den Anleger tatsächlich besser ist.“
Denn bisher ist die Bereitschaft der Kunden gering, für die Geldanlage ein Honorar zu zahlen. Der Gesetzgeber müsse auch die Konsequenzen der Regulierung erkennen: „Wir müssen aufpassen, dass wir im gut gemeinten Bemühen, den Verbraucherschutz zu verbessern, nicht zu einer Überregulierung und damit einer Bevormundung des Verbrauchers kommen“so Steffen Pörner. „Die vielen Informationspflichten, die neue Geeignetheitserklärung, Kundenanalysen bis hin zur Telefonaufzeichnung bei Wertpapierge-
„Die persönliche Beratung wird bei unseren Banken weiter im Vordergrund stehen“ „80 Prozent aller Exportfinanzierungen an Rhein und Ruhr laufen über Privatbanken“
schäften – das geht vielen Kunden inzwischen zu weit.
Der Bankenverband plädiert deshalb dafür, die Menschen mündiger zu machen und sie in Finanzfragen fit zu machen. „Ich bin ein Fan der Einführung eines Schulfaches Wirtschaft an den Schulen in NRW. (rps) Seit mehr als einem Jahrzehnt treffen sich bei den RPWirtschaftsforen Experten zum Austausch über ihre Branchen und Märkte und die Auswirkungen aktueller Entwicklungen auf ihre Kunden. Neben dem Forum „Privatbanken“gibt es Veranstaltungen für Wirtschaftskanzleien, Unabhängige Vermögensverwalter, Unternehmen der Sicherheitsbranche und einige weitere Wirtschaftszweige.
Gebündelt ist die Organisation dieser Foren im „Rheinische Post Forum“, das von Pia Denn nur so können wir die Anlagekultur in Deutschland langfristig verändern: Im europäischen Vergleich sind wir zwar das Volk der Sparer, aber gleichzeitig haben wir eine der niedrigsten Aktienquoten.“
Zudem kommen mit der Digitalisierung neue Anbieter auf den Markt. „Ich mache mir keine Sorge, dass die Banken bei der Digitalisierung auf der Strecke bleiben, denn die Euphorie bei den Fintechs ist weg.“Pörner verweist darauf, dass viele Anbieter zwar Hervorragendes bei der Entwicklung von Innovationen leisten, aber: „Spätestens wenn die Fintechs eine kritische Größe erreichen und sie dann von der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) kontrolliert werden, ist der Spaß vorbei. Noch fehlt den Fintechs das Vertrauen der Kunden, denn sie kennen ihre Kunden nicht persönlich, ihnen fehlt es an Nähe.“Der Verbandsgeschäftsführer erwartet daher, dass es in Zukunft eher zu Kooperationen zwischen Fintechs und Banken kommen wird. „Bei aller Digitalisierung, die persönliche Beratung wird bei unseren Banken weiter im Vordergrund stehen, insbesondere bei komplexen Themen. Wissen Sie, das Bankge- werbe ist rund 300 Jahre älter als die katholische Kirche. Banken sind sehr anpassungsfähig und konnten schon viele Krisen überstehen, weil es ihnen immer gelungen ist, den Wünschen ihrer Kunden und den Marktanforderungen zu folgen.“