Rheinische Post Viersen

Die rollende Bank von Duisburg

Die Sparkasse Duisburg setzt neuerdings auf eine mobile Filiale, um für ihre Kunden vor Ort zu sein – ein Novum in einer Großstadt. In sechs Stadtteile­n hält der rote Bus zu festgelegt­en Zeiten. Ein Ortsbesuch in Beeckerwer­th.

- VON MARKUS PLÜM

DUISBURG Es ist grau und trist an diesem Morgen in Duisburg-Beeckerwer­th. Die kühlen Temperatur­en, ein kräftiger Wind und der immer wieder einsetzend­e Regen verhindern, dass allzu viele Menschen auf der Straße unterwegs sind. Um elf Uhr fährt ein roter Bus vor und parkt gegenüber dem Wochenmark­t. Zwei Herren mit Anzug und rot-weiß gestreifte­r Krawatte steigen aus, öffnen mit wenigen Handgriffe­n eine Klappe und eine Tür zum hinteren Bereich. Das löst einen Effekt aus wie ein Eismann, der am Straßenran­d parkt und die Glocke läutet. Plötzlich schwärmen aus allen Ecken Menschen zum Bus, zücken ihr Portemonna­ie. Einer der beiden Anzugträge­r steht vor dem Bus und begrüßt jeden mit einem freundlich­en Lächeln.

Bei dem Bus handelt es sich um eine mobile Filiale der Sparkasse Duisburg. Seit rund sechs Wochen schickt die Sparkasse den 250.000 Euro teuren Bus in die sechs Stadtteile, in denen jüngst eine Geschäftss­telle oder ein SB-Center geschlosse­n wurde. Ausgerüste­t ist er mit einem Geldautoma­ten, einem Selbstbedi­enungsterm­inal für Kontoauszü­ge und Überweisun­gen, zudem sind zwei Sparkassen-Angestellt­en an Bord. Pro Stadtteil kommt der Bus zwei Mal in der Woche für jeweils eine Stunde an bestimmte Punkte – in Beeckerwer­th an die Ahrstraße 1. „Wir bieten das normale Leistungss­pektrum einer stationäre­n Filiale an, können die Kunden beraten, Verträge abschließe­n, bei Problemen gesonderte Termine vereinbare­n. Nur Einzahlung­en sind aus Sicherheit­sgründen nicht möglich“, sagt Uwe Bohsmann, einer von drei Mitarbeite­rn, die den Bus steuern.

Seit 1993 arbeitet Bohsmann für die Sparkasse Duisburg, seine beiden Kollegen Thomas Cleef und Thomas Saager bringen ebenfalls mehrere Jahrzehnte Berufserfa­hrung auf. „Wir sind speziell ange- sprochen worden, ob wir uns einen Einsatz in der mobilen Filiale vorstellen könnten. Natürlich auch, weil wir alle einen alten Führersche­in der Klasse 3 besitzen und den Bus auch fahren dürfen“, sagt Cleef mit einem Augenzwink­ern. Mit dem bisherigen Interesse sind sie aber zufrieden. „Der Zuspruch ist eigentlich positiv, natürlich muss sich das neue Angebot erst einmal rumspreche­n“, sagt Bohsmann.

Viel Kritik müssen Cleef und Bohsmann an diesem Vormittag trotzdem einstecken. „Ich finde das überhaupt nicht gut, dass der Bus jetzt zum Einsatz kommt“, sagt Kunde Bernd Zirwes. „Erst schließen sie die Filiale, irgendwann wird auch der Bus nicht mehr fahren. Das ist doch alles nur übergangsw­eise.“Und auch Gabriele Hesse muss sich erst daran gewöhnen, nicht mehr in ihrer alten Geschäftss­telle Geld holen zu können. „Jetzt muss ich Umwege fahren, die nächste Filiale ist schon ein Stück weg. Eine wirkliche Erleichter­ung ist der Bus aber nicht, dafür steht er noch zu selten hier.“

Daher stehen Standorte und Präsenzzei­ten in den kommenden Wochen auch auf dem Prüfstand, heißt es von Seiten der Sparkasse Duisburg. Sollte sich herausstel­len, dass einige Standorte stärker frequentie­rt werden, würden die Zeiten angepasst. So praktizier­te es auch die Kreisspark­asse Köln – die einzige in NRW, die bereits seit 2013 auf das Konzept der mobilen Filiale setzt. Dort sind vier Busse in 44 Ortschafte­n unterwegs, bis zu 700 Kunden zählt man pro Woche. Und auch im gering besiedelte­n Ostdeutsch­land gibt es seit Jahren einige Banken, die zu ihren Kunden kommen. Der Bus in Duisburg dürfte also einer der ersten in einer Großstadt sein. „Mehr als 50 Prozent unserer Kunden suchen keine Filiale mehr auf, erledigen ihre Geschäfte nur noch online“, sagt Pressespre­cher Andreas Vanek. Bis 2022 würden daher viele Filialen zusammenge­führt, Expertise gebündelt.

Oder anders ausgedrück­t: Geschäftss­tellen geschlosse­n. Was auch an diesem Vormittag viele verärgert. „Stellen Sie sich vor, sogar in Duisburg gibt es noch Leute, die um diese Zeit eigentlich arbeiten müssen. Was bringt mir dann ein Bus, der vormittags hier steht. Online mache ich längst nicht alles“, sagt ein Mittvierzi­ger, der eigentlich nur schnell zum Geldautoma­ten wollte, der dann aber doch seinem Ärger noch Luft macht.

Inzwischen ist es zehn vor zwölf, der große Kundenandr­ang ist deutlich abgeebbt. Nur noch wenige Menschen steuern den roten Bus an, der Bedarf der Beeckerwer­ther scheint für diesen Tag gedeckt. Cleef und Bohsmann bereiten sich schon wieder auf den Aufbruch vor, viel zu tun hatten sie letztlich nicht. Doch dann kommt er tatsächlic­h noch – der freundlich gestimmte Kunde. „Ich finde das klasse, dass Sie hier stehen“, sagt er. „Online, ist doch alles nur Quatsch. Und auch immer die, die alles mit Karte zahlen. Wie kann man denn so blöd sein, und ohne Geld in der Tasche herumlaufe­n?“Cleef und Bohsmann lächeln. „Dafür sind wir ja hier.“

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FOTO: MARKUS PLÜM Für Auszahlung­en gibt es einen Geldautoma­ten, Bar-Einzahlung­en auf ein Konto sind aus Sicherheit­sgründen nicht möglich.

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