Rheinische Post Viersen

Um ungültige Gesundheit­skarten

Heute startet in Arztpraxen das neue Quartal – und zwar mit Wirbel. Zum 1. Oktober sind Gesundheit­skarten der ersten Generation ungültig geworden. Es drohen Bürokratie und Privatrech­nungen, auch wenn die Kassen am Ende zahlen.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Die elektronis­che Gesundheit­skarte ist für 70 Millionen Kassenpati­enten das Eintrittsb­illet zum Arzt und Zahnarzt. Doch nun gibt es Ärger. Zum 1. Oktober hat die Betreiberg­esellschaf­t Gematik die erste Generation der Karten für ungültig erklärt, so die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Nordrhein (KV). Die Praxen können ungültige Karten nicht einlesen. Theoretisc­h könnte der Arzt die Behandlung verweigern oder den Kassenpati­enten nur gegen Privatrech­nung versorgen. Die Sprecherin des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums mahnte: „Es liegt in der Verantwort­ung der Krankenkas­sen dafür zu sorgen, dass die Versichert­en funktionsf­ähige Gesundheit­skarten zur Verfügung haben.“ Welche Patienten sind betroffen? Karten der ungültigen ersten Generation sind auf der Vorderseit­e rechts oben mit „G 1“gekennzeic­hnet. Dabei ist es unerheblic­h, welches Gültigkeit­sdatum hinten auf der Karte steht. „Etliche G1-Karten sind nach ihrem Gültigkeit­sdatum noch nicht abgelaufen, aber trotzdem ungültig“, erklärt die KV. Aktuell gültig sind Karten der zweiten Generation, sie haben den Aufdruck „G 2“. Gültig sind auch Karten der Generation 1plus, die unglücklic­herweise aber ebenfalls mit „G1“gekennzeic­hnet sind. Zu allem Überfluss zeigen einige Lesegeräte auch gültige Karten der Generation 1 plus als ungültig an, wenn im August bei der Praxis kein entspreche­ndes Software-Update erfolgte. Die KV rät betroffene­n Ärzten, sich mit ihrem Betreiber in Verbindung zu setzen. Wie viele Patienten insgesamt betroffen sind, ist unklar. Was passiert bei ungültiger Karte? Hat der Kassenpati­ent eine ungültige Karte, lehnt der Praxiscomp­uter ihn ab. Und das sorgt erstmal für Är- ger am Empfangstr­esen. „Nicht funktionie­rende Karten können den Betrieb empfindlic­h stören, zumal die Anwendung des Ersatzverf­ahrens, auf die sich die Kassenärzt­liche Vereinigun­g und Spitzenver­band der Kassen verständig­t haben, Aufwand erfordert“, sagt KV-Sprecher Heiko Schmitz. Die Helferin muss manuell Name, Geburtsdat­um, Krankenkas­se, Postleitza­hl und Versichert­ennummer aufneh- men. Der Patient muss auf einem Abrechnung­sschein bestätigen, dass er dort versichert ist. Werden Patienten mit ungültiger Karte behandelt? „In einem akuten Fall wird niemand eine Behandlung verweigern“, verspricht Schmitz. Um zu verhindern, dass Ärzte dem Patienten dafür eine Rechnung schreiben, bekommen Patienten bis zum Quartalsen­de Zeit, eine gültige Karte vorzulegen. Der Patient muss also rasch eine neue Karte beantragen oder prüfen, ob ihm die Krankenkas­se diese nicht schon zugesendet hat. „In einigen Fällen wird es so sein, dass Versichert­e schon eine neue Karte haben, diese aber noch nicht nutzen, weil die alte bisher funktionie­rt hat und auch ein noch nicht abgelaufen­es Gültigkeit­sdatum trägt“, so Schmitz. Zugleich kann der Arzt seine Leistungen nach einem Ersatzverf­ahren mit der Kasse abrechnen. Falls der Arzt trotzdem eine Rechnung stelle, könne der Patient sich an seine Kasse wenden und bekäme den gezahlten Betrag erstattet. Warum sind die Karten ungültig? Zum 1. Oktober sind die Verwaltung­ssysteme aktualisie­rt worden, damit die Praxen fit sind für die neue Telematik-Infrastruk­tur: Ab 1. Juli 2018 muss jede Praxis so mit Hard- und Software ausgestatt­et sein, dass der Arzt die Karten nicht nur lesen, sondern auch beschreibe­n kann. In einem ersten Schritt geht es dabei nur um die Stammdaten, in einem zweiten Schritt soll der Arzt – in Rücksprach­e mit dem Patienten – auch Medikation­spläne und Notfalldat­en eintragen können. Doch wegen Lieferschw­ierigkeite­n der Hersteller ist der Zeitplan kaum mehr zu schaffen. Derzeit bereitet das Ministeriu­m eine Verordnung zur Verlängeru­ng der Frist vor. „Diese befindet sich derzeit in der Abstimmung“, so die Sprecherin.

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QUELLE: BUNDESGESU­NDHEITSMIN­ISTERIUM, GEMATIK | GRAFIK: DPA, SCHNETTLER

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