Rheinische Post Viersen

Gladbach gewinnt in der 94. Minute

Ein Elfmeterto­r von Hazard sichert ein 2:1 gegen Hannover und eine zufriedens­tellende Bilanz nach sieben Spielen.

- VON JANNIK SORGATZ

MÖNCHENGLA­DBACH Die Bundesliga pflegt ihre Folklore. Dazu zählt nach jedem Spieltag die akribische Aufzählung, was in dieser Form noch nie, zum ersten Mal, erstmals seit langer Zeit oder schon seit langer Zeit nicht mehr passiert ist. Dass sich Borussia Mönchengla­dbach und Hannover 96 am 30. September trafen, weckte deshalb Erinnerung­en an ein Duell exakt 50 Jahre zuvor: Herbert Laumen erzielte beim Gladbacher 5:1-Erfolg in der dritten, sechsten und neunten Minute einen Hattrick, der immer noch der früheste der Liga-Geschichte ist.

Die Erinnerung­en an Laumens Leistung existieren in SchwarzWei­ß. Die aktuellen Bilder gab es in hoher Auflösung. Vor 50.000 Zuschauern im Borussia-Park und ein paar Hunderttau­send in aller Welt drückte Schiedsric­hter Christian Dingert in der 92. Minute seinen Zeigefinge­r aufs Ohr – ist ja doch etwas laut, wenn per Headset spielentsc­heidende Fragen mit einem Kollegen in Köln zu klären sind. Dingert hatte auf Elfmeter entschiede­n, nach einer Grätsche von Hannovers Salif Sané gegen Gladbachs Vincenzo Grifo.

„Hallo! Ruhig!“, war von den Lippen des Schiedsric­hters abzulesen, während ihn die Spieler beider Mannschaft­en umlagerten. 75 Sekunden nach seinem Pfiff malte Dingert einen imaginären Bildschirm in die Luft und entschied sich, zusätzlich zum Video-Fernbeweis den eigenen Augen eine TVWiederho­lung zu gönnen. 45 Sekunden später bestätigte er seine erste Entscheidu­ng, noch einmal 26 Sekunden später lag der Ball im Tor, von Thorgan Hazard zum 2:1 hineingesc­hossen. „Es dauerte lange, bis ich schießen durfte, aber am Ende war es ein Tor und nur das ist wichtig“, sagte der Belgier.

Kurz danach war Schluss, und alle Beobachter durften mit dem Gefühl nach Hause gehen, eine neue Art des Nervenkitz­els erlebt zu haben. Mit dem Prozedere waren beide Trainer zufrieden. „Das Schiedsric­htergespan­n hat heute alles richtig gemacht und alle Möglichkei­ten ausgeschöp­ft“, sagte Hannovers André Breitenrei­ter. Sein Kollege Dieter Hecking hielt ein längeres Plädoyer, auch wenn es nichts auszusetze­n gab. „Wir haben uns entschiede­n, den Videobewei­s ein Jahr zu testen. Dass das nicht immer alles glatt läuft, ist für mich normal“, sagte er. „Aber wenn wir jedes Wo- chenende neu Druck aufbauen, dann wird das nichts.“

Dass beide Seiten auch das sportliche Geschehen zufrieden analysiert­en, konnte dagegen nicht als gute Nachricht für die Bundesliga notiert werden. Denn dem 2:1 wohnte eine gewisse Willkür inne, die typisch geworden ist. Alle drei Tore fielen durch Standards, in einer ansehnlich­eren zweiten Halbzeit nach einer dürftigen ersten. Für ein vertretbar­es 1:2 hätte Hannovers Martin Harnik in der 87. Minute sorgen müssen, er traf aus drei Metern aber nur die Latte des leeren Tores. „Da sieht man, wie eng alles beisammen ist“, sagte Breitenrei­ter. Während der Fußball durch den Videobewei­s gerechter werden soll, wirkt die Drei-Punkte-Regel in zahlreiche­n Spielen unfair.

„Wir sind vorne dabei und haben gegen fünf der acht besten Mannschaft­en gespielt. Elf Punkte nach sieben Spielen sind gut. Guckt auf die Tabelle“, sagte Hecking. Seiner Forderung wird Breitenrei­ter gerne nachkommen, Hannover hat trotz der ersten Saisonnied­erlage zwölf Punkte. „Jetzt wird regenerier­t, und in 14 Tagen geht es genau so weiter“, sagte der Trainer.

Borussia wiederum tritt dann bei noch sieglosen Bremern an. Ein zweiter Sieg in Folge wäre nötig, um richtig anzukommen in der Saison. Ansonsten bliebe es ein Wechselbad, das Heckings Team indes mit der Hälfte der Konkurrenz verbindet. „Man sieht jedes Wochenende, wie hart man sich alles erarbeiten muss“, sagte Hecking. Nicht einmal beim Elfmeter hat es Gladbach gegen Hannover leicht gehabt.

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FOTO: DPA Die Entscheidu­ng im Borussia-Park: Thorgan Hazard (10, re.) trifft vom Elfmeterpu­nkt zum 2:1 für Mönchengla­dbach.

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