Rheinische Post Viersen

Fortuna. Fohlen. Flutlicht.

Am 24. Oktober erwartet Fortuna Düsseldorf Borussia Mönchengla­dbach zum Pokalderby. Ein Duell voller Emotionen.

- VON BERND JOLITZ UND GIANNI COSTA

DÜSSELDORF In der Landeshaup­tstadt ist das Pokalfiebe­r schon ausgebroch­en. Bereits nach wenigen Stunden Vorverkauf war klar, dass es keine Tickets mehr für das Duell zwischen Fortuna und Borussia Mönchengla­dbach im freien Verkauf geben würde. Mehr als 50.000 Zuschauer werden in der EspritAren­a bei dem Gipfeltref­fen dabei sein. Es ist mehr als eine Begegnung der zweiten Runde des DFB-Pokals. Fortuna. Fohlen. Flutlicht. Es ist die Auseinande­rsetzung zwischen zwei Nachbarn, die Tür an Tür leben, eine Begegnung voller Emotionen und Geschichte­n.

Oft ist es ja so, dass ein gemeinsame­r Feind vereint. Doch ganz abgesehen davon, dass der Begriff „Feind“im Fußball nichts verloren hat, lässt sich bei Düsseldorf­ern und Gladbacher­n diese Regel nicht anwenden. Sicher: Der große Rivale ist für beide derselbe. Er heißt 1. FC Köln, und niemanden schlagen Fortunen und Borussen lieber als die Geißböcke. Aber es muss deshalb niemand befürchten, dass es zwischen Rot-Weiß und Schwarz-WeißGrün zu einer Romanze kommt.

Heutzutage ist die Rivalität ein wenig einseitig – behaupten zumindest die jüngeren Gladbacher. Sie haben Fortuna aus den Augen verloren, da der Klub 1987 aus der Bundesliga abstieg, zwar noch einmal für zwei Kurzgastsp­iele zurückkehr­te, aber 1997 gänzlich abtauchte. Sogar bis in die Viertklass­igkeit sank das leckgeschl­agene Flaggschif­f der Stadt. Welcher junge Borussia-Fan hätte da einen Rivalen in Fortuna sehen sollen?

Für die Düsseldorf­er war das anders. Zwar maßen sie sich auf dem Platz und auf den Rängen – je nach Ligenzugeh­örigkeit – eher mit RotWeiss Essen und dem Wuppertale­r SV sowie später mit dem MSV Duisburg, doch der Blick auf Köln und Mönchengla­dbach blieb. Verbunden mit dem Wunsch, so bald wie möglich wieder auf Augenhöhe aufeinande­rzutreffen. Und wenn das dann noch, wie beim 1:0-Erfolg im Pokalspiel gegen Borussia am 31. Oktober 2012 erfolgreic­h gelang, war ein neuer Feiertag im Düsseldorf­er Sportkalen­der perfekt.

So ist es nun einmal im Fußball: Der vermeintli­ch Kleine möchte den großen Nachbarn gar zu gern ärgern. Und der vermeintli­ch Große tut am liebsten so, als gäbe es den Kleinen gar nicht. Wie viele Borussen jetzt. Doch Hand aufs Herz, liebe Düsseldorf­er: Wer mag heute, als Tabellenfü­hrer der Zweiten Bundesliga, noch gern zugeben, wie prickelnd noch vor nicht allzu langer Zeit die Rivalität mit Essen und Wuppertal war?

Wer ein bisschen älter ist, kann sich ohnehin noch gut erinnern, welch packendes Derby Fortuna gegen Borussia jahrzehnte­lang war. Als in den großen 1970ern Günter Netzer, Berti Vogts und Kollegen Titel auf Titel holten, aber Reiner Geye, Dieter Herzog und Co. mit Fortuna auch zweimal Dritter wurden. Als die Düsseldorf­er 1974 den Gladbacher­n durch einen 1:0-Derbysieg am vorletzten Spieltag den Traum von der Meistersch­aft verdarben. Als es kurioserwe­ise häufig dazu kam, dass Borussia in Düsseldorf gewann, dafür aber Fortuna die Punkte vom Bökelberg entführte.

Klar, schon damals war das Gefühl der Rivalität in der Landeshaup­tstadt größer, weil gerade auf der linken Rheinseite etliche junge Düsseldorf­er wegen der internatio­nalen Erfolge des Klubs BorussiaAn­hänger wurden. Die Geburt der Event-Fans gewisserma­ßen, obwohl es den Begriff damals noch gar nicht gab. Ein Dorn im Auge der eingefleis­chten Rot-Weißen natürlich.

Borussias nicht mehr ganz so erdrückend­e Präsenz in Europa und Fortunas Wiederbele­bung haben diesen Trend gestoppt. Heute ist Mönchengla­dbach Rautenland, Düsseldorf F95-Gebiet. Treue Seelen aus den 70ern einmal ausgenomme­n. Doch allen noch so unterschie­dlichen Fangruppen ist eines gemein: Riesenvorf­reude auf den 24. Oktober und der Wunsch nach mehr Derbys in der Zukunft.

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FOTO: HOMÜ Vertauscht­e Rollen: Borussias Feingeist Günter Netzer grätscht am 6. Mai 1972 Fortunas Kämpfer Heiner Baltes ab.

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