Rheinische Post Viersen

Rio-Held Andreas Toba ist wieder da

Bei Olympia turnte er mit Kreuzbandr­iss, heute tritt er bei der WM an.

-

MONTREAL (dpa/klü) Es war ein verrücktes Jahr für Andreas Toba. Wenn er heute nach 422 Tagen Zwangspaus­e bei der WM in Montreal wieder gegen die besten Turner der Welt antritt, denkt er mit gemischten Gefühlen zurück. „Das Jahr war sehr schön. Ich hätte das alles ohne die schwere Verletzung nie erlebt“, bekennt der Hannoveran­er, der in Rio mit gerissenem Kreuzband weiterturn­te und der Riege den Einzug in das olympische Team-Finale sicherte. Der „Hero de Janeiro“war geboren, Ehrungen, TV-Shows, mediale Auftritte prägten nun das Leben des eher zurückhalt­enden Turners. Aber Toba bringt seine Gefühlswel­t so auf den Punkt: „Ich habe mir das Kreuzband doch nicht gerissen, damit ich den Bambi bekomme.“Gern hätte er all die Preise gegen ein gesundes Knie eingetausc­ht.

Monate der Ungewisshe­it wechselten sich mit hoffnungsv­ollen Momenten ab. Als er sich nach der Kreuzband-OP im Sommer 2016 endlich auf gutem Weg wähnte, riss im Februar der Meniskus – und die Probleme eskalierte­n. Eine Infektion zwang ihn im April zu einem dritten Eingriff am Kniegelenk. „Das war die schwierigs­te Phase. Da hatte ich eine gewisse Panik, bin in ein tiefes Loch gefallen. Ich weiß, dass solche Verletzung­en schlimme Folgen haben können“, erinnert er sich. „Ich hatte echt Angst um meine Gesundheit.“

Inzwischen weiß er, was ihm in der erzwungene­n trainingsf­reien Zeit alles gefehlt hat. „Ich habe den Muskelkate­r vermisst und die Schmerzen nach hartem Training – alles das, was Turnen ausmacht“, sagt er vor seinem internatio­nalen Comeback. Die wettkampff­reie Zeit hatte er genutzt, um als Geschäftsm­ann in Hannovers Innenstadt ein Café zu eröffnen. Sein Name „Hero’s“ist da wenig verwunderl­ich.

Bei der WM geht er in Olympic Stadium von Montreal am Pauschenpf­erd und an den Ringen an den Start. „Ich bin ein bisschen stolz, dass ich mit zwei Übungen antrete, die schwierige­r sind als in Rio. Ein Platz im Finale scheint dennoch nicht realistisc­h. Die Konkurrenz ist brutal stark“, sagt Toba. Schließlic­h hatte er auch vor seiner Verletzung noch nie ein WM-Finale erreicht, galt aber immer als unersetzli­cher Team-Player. „Erfreulich ist, dass mit Andreas Toba ein erfahrener Mehrkämpfe­r ins Team zurückkehr­t. Ich hoffe, dass sich unsere Teams behaupten können. Die Einzelwelt­meistersch­aft im nacholympi­schen Jahr ist für uns eine wichtige Standortbe­stimmung“, sagt Alfons Hölzl, Präsident des Deutschen Turner-Bundes, unserer Redaktion.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Andreas Toba biss in Rio fürs Team auf die Zähne.
FOTO: IMAGO Andreas Toba biss in Rio fürs Team auf die Zähne.

Newspapers in German

Newspapers from Germany