Gutachter untersucht Unglücksrodelbahn
Der Zwölfjährige befindet sich nach seinem schweren Unfall auf der Sommerrodelbahn im Freizeitpark „Fort Fun“außer Lebensgefahr. Die Unglücksbahn wird einmal im Jahr vom TÜV überprüft. Sie ist vorläufig für Besucher geschlossen.
BESTWIG Für die D-Junioren des FC Lennestadt wird das Ligaspiel heute Abend gegen den SV Attendorn keine normale Begegnung sein, in der es nur um Punkte geht. Die Kinder spielen für ihren verunglückten Mitspieler Denis, der wohl nie wieder gemeinsam mit ihnen auflaufen wird, nachdem ihm am Samstagnachmittag während der Fahrt auf der Sommerrodelbahn im sauerländischen Freizeitpark „Fort Fun“ein Teil seines Beines abgetrennt worden ist. „Wir haben das den Jungs überlassen, ob sie antreten wollen“, sagte Trainer Matthias Eykeln dem „Sauerlandkurier“. „Es war die einhellige Meinung: Wir spielen für Denis.“
Der gesamte Verein steht nach dem Unglück noch unter Schock und möchte sich vorerst öffentlich nicht weiter dazu äußern. Der tragische Unfall ereignete sich während eines Ausflugs des Jugend-Fußballteams im „Fort Fun“auf der Sommerrodelbahn „Trapper Slide“. Der Fuß des Jungen war zwischen Schlitten und Schienen geraten. Dabei wurde ihm der gesamte Unterschenkel abgerissen. Nach Angaben der zuständigen Arnsberger Staatsanwaltschaft war Denis gestern außer Lebensgefahr.
Noch steht nicht genau fest, wie es zu dem Unglück kommen konnte. Ein von der Staatsanwaltschaft beauftragter Gutachter soll das in den nächsten Tagen klären. Das Fahrgeschäft bleibt deshalb für die Besucher bis mindestens zum Wochenende gesperrt. Die Bahn ist seit 2005 in Betrieb. Kinder ab acht Jahren und einer Mindestgröße von 1,30 Meter dürfen allein fahren. „Wie all unsere Fahrgeschäfte unterliegt die Rodelbahn strengen Sicherheitsauflagen und wird durch den TÜV regelmäßig kontrolliert“, sagt ein Sprecher des Parks. „Die Sicherheit unserer Gäste steht immer an erster Stelle. In Gedanken sind wir bei dem Kind und seinen Eltern.“
Dem TÜV Rheinland zufolge werden Sommerrodelbahnen in Deutschland jährlich kontrolliert. „Dabei wird die Bahn auf Herz und Nieren geprüft“, sagt TÜV-Sprecherin Nicole Krzemien. Demnach werden unter anderem Auffahrt, Abfahrt, Steuerung und auch die Bremseinrichtungen der Bahnen überprüft. Wichtig sei aber auch im- mer, dass sich die Fahrgäste an die Sicherheitsvorschriften und Anweisungen des Personals hielten, so Krzemien. Demnach befinden sich Hinweisschilder mit Verhaltensregeln, Größen- und Altersbeschränkungen an den Kassen und zusätzlich noch im Eingangsbereich. Bei schnellen Rundfahrgeschäften sei es darüber hinaus am sichersten, wenn Kinder auf den inneren Sitzen Platz nehmen und von einem Erwachsenen begleitet werden. Aus Sicht des TÜV Rheinlands befinden sich die Fahrgeschäfte in Deutschland auf einem hohen Sicherheitsniveau.
Sommerrodelbahnen sind in Deutschland sehr beliebt; mehr als hundert solcher Bahnen gibt es bundesweit, die meisten in Bayern. Die Betreiber werben mit Superlativen (die längste, die höchstgelegene, die spektakulärste, die älteste, die neueste) für ihre Anlagen. Der sauerländische Freizeitpark hat mit 1,3 Kilometern die angeblich längste Sommerrodelbahn in einem europäischen Freizeitpark.
Die Anlagen lassen sich grob in zwei Kategorien unterteilen: Die Wannen-Rodelbahnen, in der die Fahrbahn die Form einer Wanne oder Rinne hat, in der der Schlitten ohne weitere Spurführung rutscht oder rollt. Und die Schienen-Rodelbahnen (sogenannte Alpine Coaster) wie im „Fort Fun“, in der die Bobs zwangsgeführt werden und die Schiene nicht verlassen können – mit Ausnahme von Unfällen durch technische Defekte. Bei beiden Varianten bestimmen die Fahrgäste durch Bremsen selbst die Geschwindigkeit – bis 40 km/h.
Zu Unglücken kommt es selten. Bei einem Unfall aber sind die Folgen wie am vergangenen Samstag gravierend. In Bottrop gab es vor acht Jahren auf einer Bahn gleich zwei schwere Unfälle, bei denen ein Mann und zwei Kinder Kopfverletzungen erlitten. In einem Fall war im Zielbereich der Anlage ein Bob aus der Schiene gesprungen. Auch im Freizeitpark „Fort Fun“verunglückte vor 17 Jahren schon einmal ein Junge auf einer heute nicht mehr existierenden Sommerrodelbahn. Im Internet gibt es entsprechende Foren, in denen sich „Hobby-Sommerrodler“über ihre Erfahrungen austauschen. Dort ist immer wieder zu lesen, dass eine solche Fahrt nicht „ganz ohne“wäre.