Rheinische Post Viersen

Buchpreis für Robert Menasse

Der Schriftste­ller wurde für seinen Roman „Die Hauptstadt“ausgezeich­net.

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FRANKFURT (RP) Dieser Countdown ist nichts für schwache Autorenner­ven: Wie es die Dramaturgi­e verlangt, gibt es erst die Longlist ums Rennen um den Deutschen Buchpreis, dann die auf sechs Titel geschrumpf­te Shortlist, aus der dann der beste deutschspr­achige Roman des Jahres im Beisein aller Finalisten öffentlich verkündet wird. Gestern Abend war es dann so weit im Kaisersaal des Frankfurte­r Römers: Es war kurz vor 19 Uhr, als der Name Robert Menasse fiel – unter Tränen nahm der Autor die Auszeichnu­ng entgegen.

Die siebenköpf­ige Jury aus Deutschlan­d, Österreich und Italien hatte damit aus anfänglich knapp 200 Titeln jenen Roman mit dem bedeutends­ten Literaturp­reis hierzuland­e geehrt, der praktisch eine Weltneuhei­t ist: Denn erstmals ist mit „Die Hauptstadt“ein Buch mit großer literarisc­her Qualität geschriebe­n worden, das von Brüssel und dem europäisch­en Betrieb erzählt. „Es passiert in unserer Lebenszeit mit Europa eigentlich etwas Revolution­äres. Wir machen es uns aber gar nicht oder zu wenig bewusst – zum ersten Mal in der Geschichte werden in einer Stadt die Rahmenbedi­ngungen eines ganzen Kontinents produziert“, sagte uns jüngst Robert Menasse.

Bevor Menasse sich aber an die Fiktion zu schaffen machte, hatte er zahlreiche Essays über die Europäisch­e Union geschriebe­n. Erst da- nach schien für ihn der Weg und der Kopf frei zu sein, eine der wichtigste­n politische­n Entwicklun­gen auch in eine Geschichte einzubinde­n.

Das ist schwer genug; noch schwerer aber ist es nach Meinung der Jury, diesen Stoff so leichthänd­ig und zugleich tiefgründi­g in eine Geschichte einzuweben, voller spannender und skurriler Figuren, die man gemeinhin als Eurokraten abtut. Dem 1954 in Wien geborenen Menasse gelingt es, niemanden wirklich zu denunziere­n. Ein Roman als Lesefest, zu dessen Clou gegen Ende die Idee eines Professors gehört, als neue europäisch­e Hauptstadt Auschwitz zu erwählen.

Am Vorabend der Frankfurte­r Buchmesse – sie wird heute von Bundeskanz­lerin Angela Merkel und dem französisc­hen Staatspräs­identen Emmanuel Macron eröffnet – wurde somit ein überzeugen­des Bekenntnis zur großen, gleichfall­s inspiriere­nden Literatur abgegeben.

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FOTO: DPA Autor Robert Menasse.

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