Rheinische Post Viersen

Die Erben-Detektive aus Kaldenkirc­hen

Sie spüren Menschen auf, die erben könnten: Michael Möller und Jörg Hebben suchen in Archiven und auf Friedhöfen

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NETTETAL (jobu) Sie stöbern in staubigen Dokumenten in Kirchenarc­hiven, entziffern verwittert­e Grabinschr­iften und studieren antike See- und Landkarten. Und sie freuen sich, wenn sie am Ziel sind. Erben in fernen Ländern entdecken und Familien über Kontinente hinweg zusammenfü­hren: Das ist der Job der Erbenermit­tler Jörg Hebben (48) und Michael Möller (41). 2007 begannen sie die Spurensuch­e in Hebbens Keller mit einem provisoris­chen Büro. Heute eröffnet die Rheinische Erbenermit­tlung mit fünf Mitarbeite­rn eigene Räume am Rathaushof 8 in Kaldenkirc­hen.

Mit diesem Erfolg hätten beide nie gerechnet. „Aber eins ist geblieben, unsere Leidenscha­ft beim Recherchie­ren“, sagt Hebben. Eifer und Akribie, Beharrlich­keit und Instinkt brauchen sie für ihre Arbeit. Fast immer lösen sie ihre Fälle. Ku- rios: „Was Erbenermit­tler genau tun, wissen die wenigsten“sagt Müller. Anfragen und Aufträge würden zunehmen, ihr Ruf habe sich herumgespr­ochen.

Erbenermit­tler sind zugleich Detektiv und Ahnenforsc­her. „Wenn ein Verstorben­er ein Vermögen hinterläss­t, Gericht und Nachlasspf­leger keine Erben ausfindig machen können, dann wenden sie sich an uns“, erklärt Möller. Der Staat habe ein Interesse daran, Hinterlass­enschaften an den Anspruchsb­erechtigte­n zukommen zu lassen – auch weil er von der Erbschafts­steuer profitiert.

Der erste Fall der Erbschafts­Fahnder war zugleich einer der schwierigs­ten und spektakulä­rsten. Eine betagte Dame aus Möllers privatem Umfeld bat den damaligen Steuerfach­mann um Hilfe, ihr war ein Erbe in Aussicht gestellt worden, doch die Beweiskett­e war nicht schlüssig. Möller ging mit dem Justizbeam­ten Hebben der Sache nach. Beide verbindet das Hobby Ahnenforsc­hung. Recherchie­ren in Archiven und Kirchenbüc­hern, erstellen von Stammbäume­n: Nach mehr als 600 Arbeitsstu­nden legten die beiden eine lückenlose Beweiskett­e vor: Die Dame war mit dem Erblasser, einem Schiffeign­er, verwandt und somit erbberecht­igt. Die Lösung dieses „seltenen Falls von Erben vierter Ordnung, also aus dem Kreis der Urgroßelte­rn des Erblassers und ihrer Abkömmling­e“verschafft­e dem Duo Anerkennun­g in Fachkreise­n und mediale Aufmerksam­keit. Die beiden hatten Blut geleckt, wurden 2007 nebenberuf­lich als „Rheinische Erbenermit­tlung“aktiv. Mittlerwei­le leisten sie Recherchen und Aufwand auf eigene Kosten, erhalten bei Erfolg einen festgelegt­en prozentual­en von der Erbsumme.

Zehn Jahre danach lagern im neuen Archiv der Rheinische­n Erbenermit­tler Dokumente und Urkunden von hunderten gelösten Fällen: Sie haben Briefe, Mails und Postkarten aus aller Welt von zufriedene­n Klienten erhalten. „Aber nicht alles, was unsere Arbeit ausmacht, lässt sich archiviere­n. Unsere Motivation hat auch mit Emotionen zu tun“, so Hebben. So sei es mehrmals gelungen, ausgewande­rte oder verscholle­n geglaubte Verwandte eines Erben zu finden. Möller erinnert sich an einen Fall, der ihn „zu Tränen rührte“: Einer Frau in Bayern konnten sie Fotos ihres in Kriegswirr­en verstorben­en Vaters zeigen, an den sie sich nicht mehr erinnern konnte. „Sie hat mich umarmt, das Foto bedeutete ihr mehr als das Erbe.“

Dafür lohne sich das Stöbern. Anteil

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RP-FOTO: JOBU Michael Möller und Jörg Hebben nutzten auch alte Karten.

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