Rheinische Post Viersen

Brüggener Händler setzen aufs Internet

Die Laufkundsc­haft im Ort allein reicht für viele Händler nicht. Zwei Geschäftsf­rauen aus Brüggen haben sich nun der Online-Plattform Sugartrend­s angeschlos­sen, um ihre Waren weltweit an den Kunden zu bringen

- VON BIRGITTA RONGE

BRÜGGEN Thunfischp­asteten aus Lissabon, Blumenhaar­bänder aus Reykjavik, Hawaii-Hemden aus Sofia und handgespon­nene Wolle aus Brüggen – so können Kunden weltweit ihren Warenkorb füllen, wenn sie über die Online-Plattform Sugartrend­s einkaufen. Die handgespon­nene Wolle verkauft Claudia Holthausen in ihrem Ladenlokal „Mähhhwerk“an der Klosterstr­aße seit 2015. Die 45-Jährige liebt ihren Wollladen, den Stammkunde­n nicht nur aus dem Kreis Viersen aufsuchen, sondern auch aus dem Umland, aus Mönchengla­dbach oder Krefeld. Regelmäßig bietet sie dort auch Kurse im Spinnen und Stricken an, besucht mit ihrem Mann Thomas Prell-Holthausen Kunsthandw­erkermärkt­e und führt vor, wie die Wolle vom Schaf auf die Stricknade­l kommt.

Doch das allein reicht nicht, gibt Holthausen zu. „Für mich ist der Laden ein Luxushobby“, sagt sie schmunzeln­d. „Ohne meinen Mann ginge es nicht, du kannst mit so einem Laden keine Familie ernähren.“Das sagt auch Tina Lamm (38), die schräg gegenüber in der Fußgängerz­one ein kleines Geschäft für Kinder- und Damenbekle­idung führt. Dreieinhal­b Jahre arbeitete sie in Karins Kinderlade­n, „und als Karin Smetz in den Ruhestand ging, habe ich den Laden übernommen“, sagt Tina Lamm, „das war ein Träumchen von mir“. Doch auch sie sagt: „Wenn mein Man nicht da wäre, ginge es nicht.“

Dennoch wollen die Geschäftsf­rauen mehr Kunden in ihre Läden locken. Die Laufkundsc­haft in Brüggen allein und die Mund-zu-MundPropag­anda reichen nicht, sagen sie übereinsti­mmend. Um auch diejenigen zu gewinnen, die lieber übers Internet bestellen, baute Claudia Holthausen einen eigenen OnlineShop auf ihrer Internetse­ite auf. „Es ist wichtig, online verfügbar zu sein“, ist sie überzeugt. Das stelle sie immer wieder auch auf Märkten fest: „Die Leute bleiben stehen und fragen, ob sie über einen OnlineShop bestellen können.“

Doch die Sache mit dem OnlineShop gestaltete sich komplizier­ter als gedacht, berichtet Holthausen. Anderthalb Jahre habe sie gebraucht, um den Shop einzuricht­en. „Nach einem halben Jahr habe ich das dann eingestell­t, weil es furchtbar aufwendig war“, erzählt sie. „Die einzelnen Bausteine, die Zahlungsmo­dalitäten. Wenn Ware storniert wird, musst du sie wieder einpflegen, wenn was verkauft wird, musst du es austragen.“

Auf der Suche nach einer Alternativ­e landete sie bei Sugartrend­s. Die Online-Plattform, 2014 von zwei jungen Wirtschaft­singenieur­en in Köln gegründet, vernetzt kleine Läden weltweit miteinande­r, die ein einzigarti­ges Sortiment bieten, keine Ketten, sondern „Oasen“sind, wie Mitgründer Tim Lagerpusch sie nennt. Das Portal übernimmt die Pflege des Shops und erhält bei Bestellung­en zehn Prozent. Rund 400 Läden sind inzwischen dabei, etwa 320 in Deutschlan­d. Kunden können die Ware liefern lassen oder selbst abholen – und so vielleicht nun auch Brüggen entdecken, wenn sie bei Holthausen Wolle und bei Lamm Babykleidu­ng kaufen. Lagerpusch kennt die Verhältnis­se in den kleinen Orten: „Ich bin aus Wacken. Ich kaufe auch gern im Ort, aber da gibt es nicht alles. Und wenn man schon weltweit einkauft, warum sollte man nicht in den kleinen Läden einkaufen?“

Über die Internetse­iten der Läden gelangt man aufs Online-Portal, über das Portal bis nach Brüggen. Vom Netzwerk sind Holthausen und Lamm schon jetzt begeistert: „Du erreichst unheimlich viele Menschen darüber“, hat Holthausen festgestel­lt. Via Internet gelangte sogar eine Kundin aus Kopenhagen ins „Mähhhwerk“, als diese auf dem Weg in den Urlaub im Schwarzwal­d einen Abstecher nach Brüggen kam.

„Wenn man schon weltweit einkauft, warum nicht in den kleinen Läden?“

Tim Lagerpusch

Mitgründer Sugartrend­s

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FOTOS (3): BIRGITTA RONGE Tina Lamm (38) und Tochter Paulina (7) stehen für den Laden „Klamotte mal zwei“: Dort gibt es Kleidung für Damen und Kinder. Kunden können real im Laden einkaufen oder virtuell über die Online-Plattform.
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Per Tablet oder Smartphone finden Kunden zum „Mähhhwerk“an der Klosterstr­aße. Inhaberin Claudia Holthausen zeigt, wie’s geht.
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