Rheinische Post Viersen

Bremen sehen und treffen

Thorgan Hazard hat sich in Belgien weiter Selbstvert­rauen geholt. Morgen geht es zu seinem Lieblingsg­egner.

- VON JANNIK SORGATZ

MÖNCHENGLA­DBACH Wie schwierig es ist, geduldig zu bleiben, kommt schwer auf den Kontext an. Thorgan Hazard könnte dazu ein philosophi­sches Proseminar leiten. wenn er nicht deutlich lieber Fußball spielen als dozieren würde. Auf die Ausführung seines Elfmeters gegen Hannover vor zwei Wochen musste er zwei Minuten und 26 Sekunden lang warten. Der Videobewei­s zog die Sache in die Länge. In der Nachspielz­eit eines Bundesliga­spiels, in dem es 1:1 steht, nimmt die Warterei da schon mal ähnliche Ausmaße an wie die vier Jahre, fünf Monate und zwölf Tage, die am vergangene­n Dienstag zu Ende gingen. So lange musste Hazard nach seinem Debüt auf sein erstes Tor für Belgien warten. Dann traf er beim 4:0 gegen Zypern zum 2:0.

Zwei Punkte mehr hat Borussia Hazards Nervenstär­ke gegen Hannover beschert, sein Tor für Belgien konnte den „Roten Teufeln“, die längst für die WM qualifizie­rt waren, vergleichs­weise egal sein. Aber der Schmetterl­ingseffekt ist im Fußball weit verbreitet, und Hazard freute sich am Dienstag so riesig, dass man meinen konnte, der Flügelschl­ag eines Schmetterl­ings habe gerade einen Tornado ausgelöst. „Thorgan hat gezeigt, warum er bei der Nationalma­nnschaft ist“, sagte Belgiens Trainer Roberto Martínez, der zugab, sich vor dem Tag zu fürchten, an dem er 23 Spieler für den WM-Kader nominieren muss.

Hazard dürfte es im nächsten Sommer nicht unter die ersten Elf schaffen. Aber die Tatsache, dass sein Bruder Eden – gemeinhin mit dem Label „Superstar“versehen – dazugehört, verdeutlic­ht, wie ambitionie­rt das Ziel ist, überhaupt dabei zu sein. Da kann ein scheinbar wertloses Tor gegen Zypern so wichtig sein wie ein Elfmeter in der Nachspielz­eit. „Da hat er Charakter gezeigt“, sagte Martínez.

Morgen, wenn Borussia bei Werder Bremen gefordert ist, wird Belgiens Nationalco­ach sicherlich wieder hingucken, was der „kleine“Hazard macht. Bremen ist dessen Lieblingsg­egner: Gegen kein Team hat der 24-Jährige häufiger gespielt, häufiger gewonnen und häufiger getroffen. Die erfolgreic­he Kombinatio­n gab es im Februar, da schoss Hazard die Gladbacher sogar zum 1:0-Auswärtssi­eg.

So ein Treffer wie damals fehlt ihm in dieser Saison noch. Zweimal übernahm er Verantwort­ung vom Punkt, die 17 Versuche aus dem Spiel heraus verpufften. In Augsburg traf Hazard den Pfosten und hätte mit dem 3:1 vor der Pause alles klarmachen können – eines von zahlreiche­n Beispiel, wie oft Nuancen entscheide­n. In Dortmund dagegen hätte Gladbach wohl auch verloren, wenn Hazard mit jeder seiner drei Großchance­n erfolgreic­h gewesen wäre. Unterm Strich hat er aus dem hochgelobt­en Offensivtr­io um Raffael (ein Tor in 16 Versuchen) und Lars Stindl (zwei Tore in 17 Versuchen) die schwächste Quote. Wie die gesamte Mannschaft hofft er darauf, dass bald der Knoten platzt.

Belgiens Trainer lobte auch Hazards Vielseitig­keit. In Gladbach garantiert sie ihm einen Stammplatz, obwohl das Zentrum von Raffael und Stindl belegt ist. Doch der Druck auf der Außenbahn wird größer, sie ist Heckings größte Härtefall-Zone. „Stinknorma­l“, sagt der – um diese Auswahl zu haben, ist der Kader schließlic­h zusammenge­spielt worden. Jonas Hofmann, Patrick Herrmann, Vincenzo Grifo, Fabian Johnson und Ibrahima Traoré (wieder fit) heißen die Optionen neben Hazard. Doch der sitzt am sichersten im Boot.

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FOTO: IMAGO Michy Batshuayi (links) und Eden Hazard gratuliere­n Thorgan Hazard zu dessen Premierent­or für Belgien im Spiel gegen Zypern.

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