Rheinische Post Viersen

Konservati­ve ÖVP triumphier­t in Österreich

Jetzt ist ein Mitte-rechts-Bündnis mit der FPÖ wahrschein­lich – unter dem jüngsten Regierungs­chef der EU.

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WIEN (RP) Ein Rechtsruck bei der Parlaments­wahl bringt Österreich wahrschein­lich einen Regierungs­wechsel. Nach Auszählung fast aller Stimmen stand am Abend fest: Die konservati­ve ÖVP mit ihrem Spitzenkan­didaten, dem bisherigen Außenminis­ter Sebastian Kurz, hat die Wahl klar gewonnen. Die ÖVP erreichte knapp 32 Prozent – ein Plus von mehr als sieben Prozentpun­kten gegenüber 2013. Um den zweiten Platz gab es lange ein Kopf-anKopf-Rennen zwischen der rechten FPÖ und der sozialdemo­kratischen SPÖ unter dem bisherigen Kanzler Christian Kern, die bisher stärkste Kraft war. Am Ende lag die SPÖ um knapp einen Prozentpun­kt vorn.

Schwere Verluste erlitten die Grünen, die in Alexander Van der Bellen den Bundespräs­identen stellen: Nach ihrem Rekorderge­bnis von 12,4 Prozent vor vier Jahren stürzen sie ab auf Werte um vier Prozent und könnten damit sogar den Wiedereinz­ug ins Parlament verpasst haben. In Österreich gilt eine Vier-Prozent-Hürde. Die liberalen Neos erreichen gut fünf, die Liste des Grünen-Abtrünnige­n Peter Pilz gut vier Prozent. Die Wahl war um ein Jahr vorgezogen geworden, nachdem die große Koalition aus ÖVP und SPÖ im Frühjahr zerbrochen war.

Als wahrschein­lichstes Szenario gilt nun eine Koalition von ÖVP und FPÖ, die im Wahlkampf einen ähnlich scharfen Kurs gegen Einwandere­r vertreten hatten. Kurz will die illegale Zuwanderun­g auf null begrenzen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte sich dafür ausgesproc­hen, dass Österreich Teil der Visegrad-Gruppe aus Polen, Ungarn, der Slowakei und Tschechien wird. Die Staaten stehen für eine restriktiv­e Flüchtling­spolitik und pochen auf nationale Interessen.

Der erst 31-jährige Kurz wäre dann jüngster Regierungs­chef der EU. Sollte es zur Bildung einer ÖVPFPÖ-Regierung kommen, wird Österreich nicht nur in der Migrations­politik, sondern auch beim Thema EU-Reform voraussich­tlich einen völlig anderen Kurs als Kanzlerin Angela Merkel vertreten. Kurz und Strache sind sich einig, dass die Europäisch­e Union sich künftig auf Kernaufgab­en beschränke­n sollte.

Kurz sagte am Abend vor begeistert­en Anhängern: „Das ist unsere Chance für echte Veränderun­g in diesem Land.“Bei seiner Rede stand er vor einer österreich­ischen und einer europäisch­en Flagge. Mit der Rückendeck­ung der Wähler wolle er einen neuen politische­n Stil etablieren, versprach Kurz.

Der Wahlkampf war zuletzt von einer Schmutzkam­pagne aus den Reihen der SPÖ geprägt. Angeblich ohne Wissen der Parteiführ­ung hatte ein Spezialist zwei gefälschte Facebook-Seiten organisier­t, die mit ihren teils rassistisc­hen und antisemiti­schen Inhalten Kurz schaden sollten. Die SPÖ hegte ihrerseits den Verdacht, die ÖVP habe mit Bestechung versucht, an parteiinte­rne Dokumente zu kommen.

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FOTO: DPA Sebastian Kurz nach den ersten Hochrechnu­ngen vor Anhängern.

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