Rheinische Post Viersen

Länder: Bund soll mehr für Schulen zahlen

Neun Länder wollen die Bildungspr­obleme mit einer Verfassung­sreform in den Griff bekommen. Der Bund soll dauerhaft in Schulen und Kitas investiere­n dürfen. Gegner fürchten einen Zentralsta­at.

- VON LISA KREUZMANN

BERLIN Bei der dringenden Sanierung von Schulen wollen die Länder den Bund nun dauerhaft ins Boot holen. Der darf derzeit nur eingeschrä­nkt in Schulen und Kitas investiere­n. Neun Bundesländ­er wollen das Kooperatio­nsverbot abschaffen, das solche Hilfen grundsätzl­ich verbietet. Das ergab eine Abfrage unserer Redaktion in den Ländern.

Eine entspreche­nde Grundgeset­zänderung haben Berlin, Brandenbur­g, Bremen, Hamburg, Niedersach­sen, Rheinland-Pfalz und Thüringen im Bundesrat auf den Weg gebracht. Die Länderkamm­er soll sich am 3. November mit dem Antrag befassen. Auch SchleswigH­olstein und Sachsen-Anhalt wollen ihn unterstütz­en – letzteres Land unter Vorbehalt einer ausstehend­en Kabinettss­itzung. Darüber hinaus wollen auch die Kultusmini­ster aus Mecklenbur­g-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland das Verbot kippen.

Bei der Modernisie­rung von Schulen hinken die Städte und Gemeinden laut einer Studie der Staatsbank KfW von 2016 mit rund 34 Milliarden Euro hinterher. Die Landeshaus­halte allein könnten die Summen nicht aufbringen, sagen die Länder. Der Bund müsse einspringe­n. „Für beste Bildung ist eine gesamtgese­llschaftli­che Kraftanstr­engung unter Beteiligun­g der Kommunen und der Länder sowie des Bundes notwendig“, sagte Nordrhein-Westfalens Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP). Dafür gelte es, „alle gesetzlich­en Hürden“zu beseitigen.

In Zukunft wollen die Landesregi­erungen leichter, schneller und vor allem verlässlic­her an Finanzspri­tzen vom Bund kommen. Mit dem Geld wollen sie Lehrer einstellen, Gebäude sanieren, Ganztagssc­hulen ausbauen sowie Computer kaufen. Sie möchten Sozialarbe­iter bezahlen, die sich um Inklusions­und Flüchtling­skinder kümmern können.

Ihre Zuständigk­eit in politische­n Fragen wollen die Länder aber nicht aufgeben. Lehrpläne, Stundentaf­eln und Schulforme­n sollen auch weiterhin Ländersach­e bleiben. „Bei der konkreten Ausgestalt­ung ist zu berücksich­tigen, dass es natürlich bei der föderalen Ordnung und da- mit bei der fachlichen Verantwort­ung der Länder für die Bildungspo­litik bleibt“, sagte die Mainzer Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD).

Genau das fürchten die Gegner aber: zu viel Einfluss vom Bund. Auch Bundesbild­ungsminist­erin Johanna Wanka (CDU) warnte davor: „Wer nach dem Bund als Zahlmeiste­r originärer Länderaufg­aben ruft, macht sich selber klein. Inhaltlich­e und finanziell­e Verantwort­ung gehören zusammen.“

Kritiker argumentie­ren, der Bund könne auch heute schon die Länder bei Schulbau und Sanierung unterstütz­en. Eine „Kooperatio­n in Sachfragen wie Berufsorie­ntierung, Sprachförd­erung sowie Infrastruk­tur“sei bereits möglich, betonte Bayerns Kultusmini­ster Ludwig Spaenle (CSU). Denn erst im Sommer dieses Jahres hatte der Bundestag durch die Einfügung des neuen Artikels 104c im Grundgeset­z das Verbot gelockert. Dazu wurde ein Bundesprog­ramm von 3,5 Milliarden Euro aufgelegt. Nun sagen die einen, das reiche doch schon – auch Hessen und Baden-Württember­g gehören dazu. Sachsen warnt indessen vor Schnellsch­üssen. Die übrigen finden, das Verbot müsse weg.

Doch der Weg bis zur Abschaffun­g bleibt steinig: Für eine Zweidritte­lmehrheit im Bundesrat müssten auch Mecklenbur­g-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und das Saarland sorgen. Zuvor müsste auch der Bundestag das Kooperatio­nsverbot aus der Verfassung streichen.

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