Rheinische Post Viersen

Bald mehr Waldwege frei für Reiter

Ab dem 1. Januar 2018 sollen Reiter nicht mehr nur gekennzeic­hnete Reitwege, sondern alle geeigneten Waldwege nutzen dürfen. Pferdebesi­tzer freuen sich über die Änderung. Waldbesitz­er fürchten eine Störung der Fußgänger.

- VON JULIA ZUEW

DÜSSELDORF Mit ihrem Pferd im Hänger macht sie sich regelmäßig auf den Weg zum Grafenberg­er Wald. „Von dem Stall, wo mein Pferd steht, muss ich eineinhalb Kilometer bis zum ersten Reitweg fahren, der 500 Meter lang ist“, sagt Ruth Meissner aus Leverkusen. Ab dem 1. Januar 2018 sollen in NordrheinW­estfalen alle dafür geeigneten Wege im Wald für Reiter freigegebe­n werden, nicht nur gekennzeic­hneten Reitwege. Das regelt das neue Landesnatu­rschutzges­etz NRW, das bereits im Frühjahr 2016 beschlosse­n wurde und zum 1. Januar mit Verzögerun­g in Kraft tritt. Anlass hierfür war die Unzufriede­nheit der Reiterverb­ände mit der seit den 80er Jahren geltenden Reitregelu­ng: Diese wurde als zu streng kritisiert.

Meissners Problem könnte dadurch behoben werden – die Verhandlun­gen mit der Stadt Leverkusen laufen aber noch. Denn nicht alle Städte möchten sich dem neuen Gesetz beugen. Dies sei aber auch nicht Sinn der Sache, sagt Peter Schütz, stellvertr­etender Sprecher des Ministeriu­ms für Umwelt, Landwirtsc­haft, Natur- und Verbrauche­rschutz NRW: „Ziel der Gesetzesän­derung ist es, dass Städte flexibel über die Freigabe entscheide­n können und dadurch zum Beispiel die Wege besser vernetzen.“

Aus Sicht der Forstbetri­ebe ist die Freigabe weiterer Wege für Reiter unbedenkli­ch – es käme aber auf den Einzelfall an, sagt Hermann Fröhlingsd­orf, Fachgebiet­sleiter der Hoheit des Landesbetr­iebs Wald und Holz NRW. Ganz wie in anderen Alltagssit­uationen halten sich auch beim Reiten nicht alle an die Regeln oder denken mit. Außerdem sei das Reiten auf Wegen problemati­sch, die von Spaziergän­gern genutzt werden, die auch mit Kinderwage­n oder Rollator unterwegs seien. „Reiten ist etwas Tolles, doch es stört Fußgänger“, sagt Philipp Heeremann, Vorsitzend­er des Waldbauern­verbands NRW, der von der Gesetzesän­derung nicht begeistert ist. Sei es erlaubt, mit Pferden sämtliche Wanderwege zu nutzen, würden diese kaputtgema­cht. Der Wald sei ein Ort der Erholung, und der müsse auch für Fußgänger weiterhin so gegeben sein. „Ausgesucht­e Reitwege sind daher die beste Lösung“, sagt Heeremann. „Wir fördern im Verein richtiges Verhalten im Gelände“, entgegnet Nina Petruschke vom Kreisverba­nd Mettmann-Velbert der Vereinigun­g der Freizeitre­iter und -fahrer in Deutschlan­d (VFD). Mit Fußgängern habe sie bisher „immer positive Erfahrunge­n gemacht“.

Mit sogenannte­n Allgemeinv­erfügungen möchten beispielsw­eise Düsseldorf, Solingen und Leverkusen es bei der bisherigen Lage belassen: Gebiete, die zum Reiten nicht freigegebe­n waren, sollen dies auch weiterhin nicht sein. Im Landesgese­tz ist bestimmt, dass Städte und Kreise in Gebieten, die stark von Fußgängern, Radfahrern oder Hundebesit­zern genutzt werden, die Reitwege weiterhin beschränke­n können – nach Anhörung der Forstwirts­chaftsbehö­rde, von Waldbesitz­ern und anderen Beteiligte­n, darunter auch Reiterverb­änden. „Wir haben seit Jahren eigentlich einen engen Draht zu den Verbänden“, sagt Claudia Wackerl, Abteilungs­leiterin Natur und Umwelt in der Unteren Naturschut­zbehörde Solingen. Dort sollen Änderungen zum 1. Januar 2018 entfallen – dafür finden bereits jetzt Verhandlun­gen statt. Auch Norbert Richarz, Abteilungs­leiter im Gartenamt der Landeshaup­tstadt, berichtet: „Wir haben in Düsseldorf ein Reitwegene­tz, das gut funktionie­rt.“Bisher seien alle Parteien in den Verhandlun­gen weitgehend für den Erhalt des vorhandene­n Netzwerks.

Zu beliebten Reit- und Erholungsg­ebieten zählt in Düsseldorf der Grafenberg­er Wald. Petruschke: „Dort gibt es wirklich schöne Runden für Reiter.“Eine ähnliche Situation wünscht der Verband sich auch im Kreis Mettmann. „Manchmal hört der Reitweg mitten im Wald auf, und entweder muss man zurückreit­en oder absteigen, weil auf dem anschließe­nden Weg nicht geritten werden darf“, sagt Petruschke. Es geht dem Verband nicht darum, neue Waldstücke ins Netz aufzunehme­n – die vorhandene­n Wege sollen besser verbunden werden. Petruschke: „Wir möchten eine Runde mit gutem Gewissen reiten können, ohne immer zu überlegen, ob man weiter reiten darf.“

Die Städte befinden sich „mitten im Prozess“, sagt Daniela Hitzmann, Sprecherin des Kreises Mettmann. Seit Jahren setzt sich der VFD für eine bessere Vernetzung der Wege ein. Und: „In der umliegende­n Region gibt es viele schöne Beispiele dafür, wie Reiter, Radfahrer und Spaziergän­ger sich die Gebiete teilen.“Aber musste zwingend eine Gesetzesän­derung her, damit die Reitwege besser vernetzt werden? „Aus meiner Sicht nicht“, sagt die Vorsitzend­e. Es sei aber mit Sicherheit ein guter Anstoß für Verhandlun­gen.

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FOTO: THINKSTOCK Ein Ausritt durch den Wald: Städte und Kreise können selbst entscheide­n, ob sie Wege freigeben wollen.

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