Rheinische Post Viersen

Schlechte Zeiten für die Gleichstel­lung

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Deutschlan­d kommt bei der Gleichstel­lung von Männern und Frauen nicht voran. Im europäisch­en Vergleich liegt die Bundesrepu­blik nur auf Platz zwölf. Das war auch schon vor drei Jahren so, wie das Europäisch­e Institut für Gleichstel­lungsfrage­n errechnete. Dabei gibt es genug zu tun. Frauen bekommen für dieselbe Arbeit weniger Lohn. Ihre Altersrent­en sind im Durchschni­tt nur in etwa halb so hoch wie die der Männer. In Wirtschaft und Politik sind Frauen an den entscheide­nden Stellen immer noch deutlich unterreprä­sentiert. Die Nationale Armutskonf­erenz stellte diese Woche fest: Als Mädchen geboren zu werden, bedeutet in Deutschlan­d ein erhöhtes Armutsrisi­ko.

Im neuen Bundestag liegt der Frauenante­il mit 31 Prozent auf

Im neuen Bundestag sitzen so wenige Frauen wie im tunesische­n Parlament. Im Landtag ist der weibliche Anteil sogar noch geringer. Im Länderverg­leich kommt Deutschlan­d bei der Gleichstel­lung nicht voran.

etwa dem gleichen Niveau wie im tunesische­n Parlament – und ist damit so niedrig wie zuletzt vor 19 Jahren. Obwohl Frauen mehr als 50 Prozent der Bevölkerun­g ausmachen. Im NRW-Landtag ist die Frauenquot­e sogar noch niedriger: 27,6 Prozent. 12,5 Prozent bei der AfD-Fraktion, bei der FDP knapp 18 Prozent, bei der CDU sind es 23,6 Prozent und bei der SPD 34,8 Prozent. Das beliebte Argument, es gebe zu wenige Frauen, die sich engagieren wollten, zieht nicht. Die NRW-Grünen machen es vor: Bei 50 Prozent liegt der Frauenante­il in ihrer Fraktion. Wer einmal auf einem Grünen-Parteitag war, weiß auch, warum: Per Stoppuhr wird darauf geachtet, dass Männer nicht länger reden als Frauen und auf einen Redner stets eine Rednerin folgt. Und darauf, dass Kandidaten­listen möglichst zur Hälfte mit Frauen besetzt werden. Auch außerhalb der Parlamente gehen Fraueninte­ressen zurzeit leicht unter. Einigen weiblichen Landtagsab­geordneten fällt auf Anhieb keine Organisati­on ein, die übergreife­nd Fraueninte­ressen in der Landespoli­tik vertritt. Zwar existiert mit dem Frauenrat NRW eine solche Lobby. Deren Selbstdars­tellung liest sich aber erstaunlic­h defensiv: Sie habe die „schwierige Aufgabe, die unterschie­dlichsten Interessen“der vielen angeschlos­senen Verbände umzusetzen.

Was der Frauenrat von der neuen Landesregi­erung fordert, ist bisher kaum bekannt. Bei den gut organisier­ten Handwerker­n, Polizisten oder Lehrern ist das ganz anders. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

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