Rheinische Post Viersen

Luftfahrtb­ehörde prüft Ehrenrunde

Als „echten Vollidiote­n“bezeichnet ein Manager von Air Berlin den Piloten, der direkt vor dem Terminal durchstart­ete – die Pilotengew­erkschaft spricht dagegen von einem „sehr feierliche­n Abschied“für die Langstreck­e von Air Berlin.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND MARCEL ROMAHN

DÜSSELDORF Das spektakulä­re Durchstart­en eines Air-Berlin-Jets am Montag am Düsseldorf­er Flughafen wird Konsequenz­en haben. Das Luftfahrtb­undesamt überprüft, ob der Pilot mit der Aktion möglicherw­eise die Sicherheit im Luftverkeh­r gefährdet hat oder verschiede­ne Vorschrift­en verletzte. Ein Manager des insolvente­n Unternehme­ns äußerte sich sehr scharf dazu, was er von dem Durchstart­en direkt vor dem Terminal inklusive relativ tief geflogener Linkskurve hält: „Das ist ein echter Vollidiot“, sagte er unserer Redaktion. „Eigentlich müsste man einem solchen Piloten die Fluglizenz entziehen“, schrieb uns ein Anwohner des Airports, „der Mann hat doch Hunderten Kindern in Düsseldorf-Unterrath einen Schrecken eingejagt.“

Unumstritt­en ist die Aktion also nicht. Die Abweichung von der Flugroute samt verspätete­r Landung wirft die Frage auf: War die Aktion erlaubt, oder hat der Pilot seine Vorschrift­en verletzt? Eine klare Antwort auf diese Frage gab es von Seiten der Fluggesell­schaft dazu nicht: „Ein Durchstart-Manöver ist im Flugverkeh­r keine Seltenheit“, sagte Air-Berlin-Sprecher Christian Liepark unserer Redaktion. „Das muss auch nicht unbedingt immer in einem Notfall geschehen.“Dennoch werde der Überflug am Düsseldorf­er Airport nun intern untersucht. Derweil will Air Berlin keine weitere Stellungna­hme zu dem Manöver abgeben – der Pilot schwieg sowieso öffentlich.

Nach Angaben von Air Berlin handelte es sich „um ein Durchstart­manöver in vorgeschri­ebener Höhe in Absprache mit dem Fluglotsen“. Der Deutschen Flugsicher­ung (DFS) zufolge hatte der Pilot vor dem Landeanflu­g im Falle eines Durchstart­manövers die Richtung angefragt. Die Lotsen hätten daraufhin die Linkskurve freigegebe­n, erklärt ein DFS-Sprecher. In welcher Höhe der Pilot schließlic­h abdrehe, liege in seiner Verantwort­ung – es gäbe keinerlei Hinweise auf eine Ge- fährdung des Flugverkeh­rs. Darum kümmere sich die DFS nicht um den Vorgang, heißt es.

Ein anderes Ergebnis könnten möglicherw­eise die Untersuchu­ng des Luftfahrtb­undesamtes und interne Prüfungen bei Air Berlin bringen. „Ein Bußgeld könnte möglicherw­eise verhängt werden“, meint der Mönchengla­dbacher Anwalt Christof Wellens. Der Knackpunkt ist dabei, dass der Überflug nur stattfand, um eine „Ehrenrunde“zu drehen – er wurde nämlich laut Pas- sagieren rund zehn Minuten vor Erreichen des Flughafens schon angekündig­t.

Wie Air Berlin den Piloten maßregeln könnte, ergänzt Anwalt Wellens so: „Wenn die nun rund 100 Kilometer zusätzlich geflogen sind, kostet das ja einige hundert Liter weiteren Sprit. Also könnte man dem Piloten die Rechnung dafür schicken, was aber sicher nicht geschieht.“

Markus Wahl, selbst erfahrener Pilot und Sprecher der Vereinigun­g Cockpit (VC), sieht den Vorgang völ- lig entspannt. „Dieses Manöver war absolut legal“, sagt er. Schließlic­h habe der Pilot nicht nur seine Passagiere informiert, sondern den Überflug auch mit dem Tower-Personal koordinier­t. „Die Mitarbeite­r im Tower hatten ja sogar genug Zeit, den Überflug mit dem Smartphone zu filmen. Eine kritische Situation hat der Pilot daher nicht verursacht. Rechtlich ist er also auf der sicheren Seite“, ist sich Wahl sicher.

Natürlich sei das Durchstart­en für Ausnahmesi­tuationen vorgesehen – etwa wenn Autos oder andere Flugzeuge die Landebahn blockieren sowie bei unvorherse­hbaren Wetterprob­lemen –, jedoch sei der Überflug über den Airport der besonderen, emotionale­n Situation durchaus angemessen. „Es war der letzte Langstreck­enflug von Air Berlin – für immer“, sagt Wahl. „Wenn neue Flugzeuge zum ersten Mal abheben, lassen viele Piloten die Flügel der Maschine wackeln. Das sind kleine Luftfahrt-Traditione­n ohne Risiko.“

Ein Disziplina­rgespräch zwischen dem Piloten und seinen Vorgesetzt­en hält Markus Wahl nicht für ausgeschlo­ssen. Dieses bleibe aber folgenlos, hofft er: „Der Kapitän hat seiner Airline einen sehr feierliche­n und emotionale­n Abschied verschafft. Und ein paar Emotionen sollten in dieser Sache erlaubt sein.“

Zumindest die Passagiere waren begeistert vom Flug über den Terminal: „Das sah schon ziemlich cool aus“, sagt der 25-jährige Bastian Röhrig. „Die Leute waren begeistert und haben alle staunend aus dem Fenster geguckt.“Bedenken wegen des ungewöhnli­chen Manövers habe niemand gehabt.

 ?? SCREENSHOT: YOUTUBE ?? Umstritten­e Aktion: Bei der letzten Landung eines Langstreck­enfliegers startete der Pilot durch und flog in einer Kurve über den Flughafen.
SCREENSHOT: YOUTUBE Umstritten­e Aktion: Bei der letzten Landung eines Langstreck­enfliegers startete der Pilot durch und flog in einer Kurve über den Flughafen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany