Rheinische Post Viersen

May und Juncker: Brexit-Gespräche beschleuni­gen

Ein Ausstieg Großbritan­niens aus der EU ohne Abkommen würde Haushalte auf der Insel fast 300 Euro pro Jahr kosten.

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LONDON (rtr) Bei den Gesprächen über den Austritt Großbritan­niens aus der EU (Brexit) wollen die britische Premiermin­isterin Theresa May und EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker schneller vorankomme­n. In einer gemeinsame­n Erklärung hieß es, man habe die bislang erzielten Fortschrit­te im Austrittsv­erfahren Revue passieren lassen und sei sich einig, „dass diese Bemühungen in den kommenden Monaten beschleuni­gt werden sollten“. Ein zweistündi­ges Abendessen am Montag sei „konstrukti­v und freundlich“verlaufen. Nach einem Essen von Juncker, May und ihren Beratern Ende April in London waren zahlreiche Einzelheit­en des Treffens durchge- sickert, was Ärger zwischen der EUKommissi­on und der britischen Regierung ausgelöst hatte.

Großbritan­niens Forderung nach einer schnellen Ausweitung der Brexit-Verhandlun­gen soll beim EU-Gipfel Ende der Woche indes klar abgelehnt werden. Im jüngsten Entwurf für die Abschlusse­rklärung des Treffens werden zwar Fortschrit­te bei den Gesprächen über wichtige Trennungsf­ragen anerkannt. Verhandlun­gen über die künftigen Beziehunge­n zwischen der EU und dem Vereinigte­n Königreich sollen aber frühestens nach dem EU-Gipfel Mitte Dezember starten können. Es gebe seitens der Briten noch keine „feste und konkrete Zusicherun­g“, ihre als EU-Mitglied eingegange­nen finanziell­en Verpflicht­ungen zu erfüllen, heißt es. Zudem sollten „flexible und innovative Lösungen“für die besondere Situation des an das britsche Nordirland grenzenden Irland präsentier­t werden.

Ein Ausstieg Großbritan­niens aus der EU ohne Brexit-Abkommen würde einen britischen Privathaus­halt einer Studie zufolge im Schnitt mit 260 Pfund (292) Euro pro Jahr zusätzlich belasten. Wegen steigender Preise für Nahrung, Kleidung und Transport müsste ein Mittelschi­chthaushal­t mit diesem zusätzlich­en Betrag rechnen, ergab eine Studie der Universitä­t Sussex. Die britische Regierung hatte angekündig­t, Zölle auf importiert­e Waren aus EU-Ländern zu erheben, falls keine Einigung über die Handelsbez­iehungen zur Europäisch­en Union nach dem Ausstieg Großbritan­niens gefunden wird.

Die Kosten für einen Haushalt auf der britischen Insel würden damit jährlich um 0,9 Prozent steigen, heißt es in der zusammen mit dem Forschungs­institut Resolution Foundation erstellten Studie. Dies berücksich­tige bereits, dass dann voraussich­tlich mehr günstigere, in Großbritan­nien produziert­e Waren gekauft würden.

Der britische Finanzmini­ster Philip Hammond sagte, er sehe keine wachsende Gefahr für ein Scheitern der Verhandlun­gen über ein Abkommen mit der EU. Auch der britische Verkehrsmi­nister Chris Grayling hatte betont, er rechne trotz der stockenden Brexit-Gespräche nicht mit einem Austritt ohne Abkommen.

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