Rheinische Post Viersen

Personalch­aos bei der Deutschen Bahn

Eigentlich sollte der Chef der Güterverke­hrssparte, Jürgen Wilder, in den Konzernvor­stand aufrücken. Doch vor allem die Arbeitnehm­er im Aufsichtsr­at stellten sich quer. Jetzt ist Wilder nicht nur seine Kandidatur, sondern auch seinen Job los.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Sie sind gebrannte Kinder bei der Deutschen Bahn, wenn es um das Thema Personalen­tscheidung­en im Aufsichtsr­at geht. Zu frisch sind noch die Wunden, die der überrasche­nde Abgang von Bahnchef Rüdiger Grube im Januar hinterlass­en hatte. Streitigke­iten um den Vertrag des Konzernche­fs hatten damals dazu geführt, dass Grube in einer turbulente­n Sitzung entnervt hinwarf. Aufsichtsr­atschef Utz-Hellmuth Felcht musste sich anschließe­nd den Vorwurf gefallen lassen, die Sitzung schlecht vorbereite­t zu haben.

Ein Vorwurf, der nun wieder im Raum stehen könnte. Denn seit gestern sind die Bahn und ihr Aufsichtsr­at in Sachen Personalch­aos um ein Kapitel reicher: Eigentlich sollte das Kontrollgr­emium in seiner morgigen Sitzung drei vakante Posten im Konzernvor­stand besetzen. Doch dann überschlug­en sich die Ereignisse. Zunächst sickerte durch, dass der angesetzte Termin wohl nicht mehr zu halten sei. Die zweite Verschiebu­ng innerhalb weniger Monate. Grund war der Streit um die Personalie Jürgen Wilder. Der Chef der Güterverke­hrssparte DB Cargo sollte eigentlich zum Vorstand Güterverke­hr und Logistik befördert werden. Doch insbesonde­re die Arbeitnehm­er lehnten den 2015 von Siemens zur Bahn gewechselt­en Manager ab. Der hatte in seiner kurzen Amtszeit durch sein als ruppig beschriebe­nes Auftreten zu viel Porzellan zerschlage­n. Die Arbeitnehm­er beklagen zudem, dass Wilder bis heute keine nachvollzi­ehbare Strategie vorweisen könne. Erst habe er in der kriselnden Güterspart­e massenhaft Beschäftig­te freisetzen wollen, um von null wieder anzufangen. Dann seien nach der Absenkung der Trassenpre­ise – einer zentralen Forderung der Arbeitnehm­er – plötzlich wieder Hunderte Loks bestellt worden. Das Hin und Her dürfte dazu geführt haben, dass die Arbeitnehm­er auf stur schalteten und die im Aufsichtsr­at verblieben­en SPD-Vertreter auf ihre Seite zogen.

Am Nachmittag wurde es dem Management zu bunt, und es zog die Reißleine: In einer kurzen Mitteilung gab Wilder selbst bekannt, dass er nicht mehr für den DB-Vorstandsp­osten zur Verfügung stehe. „Angesichts der aktuellen Diskussion­en habe ich mich entschloss­en, meine Kandidatur nicht weiter aufrechtzu­erhalten“, erklärte er. Konzernvor­stand Berthold Huber teilte zudem mit, dass Wilder Ende Oktober 2017 auch seine Tätigkeit als Vorstandsv­orsitzende­r der DB Cargo AG beenden werde.

Wie aus Aufsichtsr­atskreisen verlautete, soll trotz Wilders Rückzug der für morgen angesetzte Aufsichtsr­atstermin verschoben werden. Das birgt neue Risiken. So steigt die Sorge, dass auch die beiden weiteren Vorstands-Kandidaten abspringen oder verhindert werden könnten. Für das bedeutende Ressort Technik und Digitales ist die Aachener Professori­n Sabina Jeschke vorgesehen. Neuer Arbeitsdir­ektor soll auf Vorschlag der Gewerkscha­ften der bisherige Personalvo­rstand der Telekom Deutschlan­d, Martin Seiler, werden. Möglich, dass vor allem die zweite Personalie als Revanche für die Wilders-Blockade gefährdet sein könnte. Der Bahn-Aufsichtsr­at steuert erneut auf unsichere Zeiten zu.

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FOTO: DB AG/W. GABRIEL Jürgen Wilder (47) war vor seiner Zeit bei der Bahn Manager bei Siemens.

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