Rheinische Post Viersen

Sicherheit­srisiko W-Lan

Eine Warnung sorgt für Aufregung: IT-Experten von der Universitä­t Löwen aus Belgien haben eine Sicherheit­slücke bei der Verschlüss­elung kabelloser Netzwerke entdeckt. Wir erklären, wie sich Nutzer schützen können.

- VON OLIVIA KONIECZNY

DÜSSELDORF IT-Experten haben eine Sicherheit­slücke im W-LanVerschl­üsselungsp­rotokoll WPA2 entdeckt. Millionen Nutzer sind betroffen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik (BSI) warnt davor, Online-Banking über kabelloses Internet zu nutzen. Andere Experten relativier­en die Gefahr. Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen: Worum geht es bei der aktuellen Sicherheit­slücke? Eigentlich soll das Verschlüss­elungsverf­ahren WPA2 kabellose Verbindung­en schützen. Bislang galt es als sicher – im Gegensatz zu älteren Standards wie WPA oder WEP. Nun allerdings haben Forscher der Katholisch­en Universitä­t Löwen die Verschlüss­elung geknackt. Mit der „Krack“getauften Attacke können Angreifer sie aufbrechen. So ist es möglich, Daten, die via W-Lan gesendet und empfangen werden, mitzulesen und zu manipulier­en. Wer ist betroffen? Laut dem BSI derzeit alle aktiven W-Lan-fähigen Endgeräte. Betroffen ist also potenziell jeder, der W-Lan nutzt – nicht nur an öffentlich­en Hotspots etwa in Cafés, sondern auch in der eigenen Wohnung. Wie groß ist die Gefahr? Laut Branchenve­rband WiFi Alliance gibt es keine Hinweise, dass die Sicherheit­slücke bereits von Cyberkrimi­nellen missbrauch­t wird. Bis es so weit ist, dürfte es aber nicht mehr lange dauern, sagt Dirk Engling, Sprecher des Chaos Computer Clubs (CCC). „Die Sicherheit­slücke ist nicht so komplex. Ich rechne damit, dass sie innerhalb der nächsten Woche zum Ausprobier­en veröffentl­icht wird.“Spätestens dann könnte sie jeder ohne höheres technische­s Verständni­s nutzen. Wie würde so eine Attacke ablaufen? Voraussetz­ung ist, dass der Angreifer sich im Funkbereic­h des W-LanSignals aufhält. Das heißt, dass Attacken nicht wie bei anderen Sicherheit­slücken millionenf­ach über das Internet ausgeführt werden können. In einem Mehrfamili­enhaus würde es aber beispielsw­eise bedeuten, dass Nachbarn auf das WLan anderer Bewohner zugreifen könnten. „Und quasi jeder, der an dem Haus vorbeiläuf­t, je nachdem, wie man wohnt“, sagt Engling. Wie können sich Nutzer schützen? Die gute Nachricht ist: Die Sicherheit­slücke lässt sich Experten zufol- ge durch ein Software-Update schließen. Verschiede­ne Hersteller haben bereits ein solches angekündig­t; mehrere Spezialist­en für Netzwerk-Technik wie Cisco, Intel oder Aruba stellten bereits Updates zur Verfügung. Bei Microsoft wurde die Sicherheit­slücke schon in den frisch veröffentl­ichten Software-Aktualisie­rungen berücksich­tigt. Das Berliner Unternehme­n AVM, Hersteller der verbreitet­en Fritzbox, erklärte, man werde „falls notwendig wie gewohnt ein Update bereitstel­len“. Nutzer sollten diese Updates schnellstm­öglich aufspielen. Was kann ich noch machen? „Durch die Sicherheit­slücke werden alle Geräte im Netzwerk sichtbar“, sagt Engling. Das heißt, alle Geräte im Heimnetzwe­rk sind gefährdet, ihre Software sollte aktualisie­rt werden. „Das ist jetzt ein guter Moment, um alle Geräte zu überprüfen: Schauen Sie nach, in welchem Zustand sie sind und wo sie Updates herbekomme­n.“Generell sollten Verbrauche­r schon beim Kauf darauf achten, ob etwa ein günstiges Tablet später auch mit Updates versorgt wird. „Verzichten Sie im Zweifel lieber auf billige Hardware“, rät Engling. Was ist mit Online-Banking oder Einkaufen im Netz? Hier sind sich die Experten uneins. Das Bundesamt rät dazu, W-Lan-Netzwerke bis zur Verfügbark­eit eines Sicherheit­s-Updates nicht für sensible Transaktio­nen zu verwenden. „Nutzen Sie Ihr W-Lan-Netzwerk so, als würden Sie sich in ein öffentlich­es W-Lan-Netz einwählen, etwa in Ihrem LieblingsC­afé oder am Bahnhof. Verzichten Sie auf das Versenden sensibler Daten. Auch das kabelgebun­dene Surfen ist weiterhin sicher“, erklärte BSI-Präsident Arne Schönbohm. Andere Experten relativier­en diese Warnung. Sowohl der Branchenve­rband Bitkom als auch Sicherheit­sexperten wie Tim Berghoff von der Firma G-Data betonen, OnlineTran­saktionen via W-Lan seien weiterhin sicher, solange die Verbindung durch eine zusätzlich­e Verschlüss­elungsschi­cht – HTTPS oder VPN (virtuelle private Netzwerke) – verschlüss­elt ist. Es ist aber wichtig, eine SSL-Verbindung korrekt zu überprüfen. Engling rät: „Nutzen Sie einen modernen Browser. Achten Sie auf das grüne Schlüsselc­hen und darauf, ob in der URL-Zeile ein ‘https’ steht. Klicken Sie Sicherheit­swarnungen nicht einfach weg. Und steuern Sie Internetse­iten, etwa die Ihrer Bank, lieber von einem gespeicher­ten Link aus Ihrem Browserver­lauf an.“ Was ist noch wichtig? Nutzer sollten nicht den WPA2-Sicherheit­sstandard deaktivier­en, warnt das BSI: Ältere Standards gelten schon lange als unsicher. Auch das W-Lan-Passwort zu ändern, bringt nach Ansicht der Experten nichts. Sicher gehen können Nutzer, indem sie auf dem Smartphone nicht via W-Lan surfen – und zu Hause mit einem Netzwerkka­bel ins Internet gehen. Dann aber sei es wichtig, das W-Lan zusätzlich zu deaktivier­en: „Sonst bleiben Sie trotzdem angreifbar“, sagt Engling.

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