Rheinische Post Viersen

Gebt her eure Handys

Vier von fünf Handy-Besitzern haben noch ein altes Mobiltelef­on nutzlos in der Schublade liegen. Darin sind wertvolle Rohstoffe wie Gold oder Coltan enthalten. Heute startet der Viersener Bernd Bodenbenne­r eine große Sammelakti­on

- VON BIANCA TREFFER UND LISANNE PITZEN

VIERSEN Das neue Smartphone ist endlich da, das alte wandert in die Schublade. So oder ähnlich scheint es bei den meisten Viersenern zu laufen. Rund 90.000 ausgemuste­rte Handys lagern in den Viersener Haushalten, Tendenz steigend. Nicht einmal jeder Zweite Deutsche hat laut einer Studie von Bitkom Research schon einmal ein Handy entsorgt.

Von heute an haben die Viersener die Möglichkei­t dazu: In Bankfilial­en, in den Kirchengem­einden und auch in den öffentlich­en Ämtern der Stadt Viersen sind große Sammelboxe­n aufgestell­t. In der kommenden Woche sammeln auch die Dülkener Pfadfinder und Schulklass­en ausrangier­te Mobiltelef­one ein.

Bernd Bodenbenne­r heißt der Mann, der die Bewegung ins Rollen brachte. „Ich bin durch einen Bericht in der Kirchenzei­tung auf die Problemati­k aufmerksam geworden, die wir unter anderem mit unserem Konsumverh­alten bei Handys auslösen“, berichtet der Viersener. Er sprach die katholisch­en und evangelisc­hen Kirchengem­einden, die Stadt, die Banken, die Pfadfinder und die Schulen in der Kreisstadt an. Auf diese Weise fand er zahlreiche Kooperatio­nspartner.

Das Problem mit den schicken Smartphone­s: Um sie herzustell­en, werden seltene Erze wie Coltan benötigt. „Im Osten des Kongos kämpfen bewaffnete Milizen um die Bodenschät­ze, die für die Herstellun­g von Handys benötigt werden“, schildert Bodenbrenn­er. Durch den illegalen Verkauf von Coltan würden sie ihren Krieg finanziere­n. Millionen von Menschen seien durch den Bürgerkrie­g zu Flüchtling­en geworden.“

Genau da setzt Bodenbenne­r mit seiner Sammelakti­on an: Die Mobiltelef­one werden, falls defekt, repa- riert. Alternativ werden die wertvollen Bestandtei­le recycelt – in jedem Smartphone stecken laut Öko-Institut ungefähr 306 Milligramm Silber und 30 Milligramm Gold, ein Smartphone-Akku enthält 6,3 Gramm Kobalt. Auch Ladekabel und Akkus können mit in die Sammelboxe­n gegeben werden.

Die Mobiltelef­one wandern dann zur Hilfsorgan­isation Missio, die durch den Verkauf der gesammelte­n Smartphone­s ein Trauma-Zentrum finnziert.

Bürgermeis­terin Sabine Anemüller findet die Sammel-Idee klasse. „Wir begrüßen die Aktion sehr und stellen im Stadthaus eine der Sam- melboxen auf“, sagt sie. Anemüller benutzt ihr Smartphone schon seit vier Jahren und tauscht es nicht regelmäßig gegen ein neues Handy ein. Man dürfe nicht vergessen, dass man über den eigenen Konsum die Schattense­iten mitbetreib­e und dementspre­chend anders handeln sollte, fügt Pfarrer Helmut Finzel von der St.-Remigius-Pfarrei an. Bei der Stadt Viersen kann man sich indes vorstellen eine Dauersamme­lbox aufzustell­en, um auch über den Aktionszei­tradius hinaus Handys zu sammeln.

Wer will, kann einen Coupon auf den ausliegend­en Papiersamm­eltüten ausfüllen. Damit unterstütz­t man eine Petition gegen blutige Geschäfte mit Coltan und nimmt zeitgleich an einer Verlosung teil. Der Hauptpreis ist ein fair gehandelte­s Handy.

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RP-FOTO: FRANZ-HEINRICH BUSCH Handy Sammelakti­on für Aktion Missio Stadthaus Viersen Pfarrer Helmut Finzel, St. Remgius, Bernd Bodenbenne­r, BM Sabine Anemüller,

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