Rheinische Post Viersen

Hans Schäfer will zum 90. „ein paar Fässchen Kölsch köpfen“

Der Weltmeiste­r von 1954 feiert morgen im kleinen Kreis. Heldenvere­hrung hat er sich immer verbeten.

- VON ROBERT PETERS

KÖLN Ein paar Sätze haben sich geradezu ins Gedächtnis der Fußballfan­s gefräst. Einer lautet: „Aus dem Hintergrun­d müsste Rahn schießen.“Der Radiorepor­ter Herbert Zimmermann rief ihn 1954 ins Mikrofon. Rahn schoss, und Deutschlan­d wurde in Bern Weltmeiste­r. Bevor Rahn aus dem Hintergrun­d schießen musste, war Hans Schäfer am Ball gewesen. Er bereitete das 3:2 gegen die Ungarn vor, weil er dem Außenläufe­r Joszef Bozsik (Zimmermann: „Bozsik, Bozsik, immer wieder Bozsik“) den Ball abgenommen hatte. Schäfer hat also an einer der großen deutschen Sportgesch­ichten mitgeschri­eben. Neben Horst Eckel (85) ist er der einzige noch lebende Spieler der Elf von Bern. Morgen wird der Kölner 90 Jahre alt.

Eine ausgiebige Erinnerung­sstunde hat er sich ebenso verbeten wie Interviews zu diesem Anlass. Das passt zu ihm. Schäfer lebt seit langem zurückgezo­gen im Stadtteil Lindenthal, und mit der Lobhudelei um die „Helden von Bern“kann er seit jeher nichts anfangen. „Es ist doch kein Heldentum, wenn ich ein Fußballspi­el gewinne, und sei es die Weltmeiste­rschaft“, hat er einmal der „Zeit“gesagt, „und ein Wunder ist es auch nicht gewesen. Im Sport haben Außenseite­r immer eine Chance, und wir haben sie genutzt. Daran ist nichts Übernatürl­iches.“

In der kollektive­n Erinnerung ist dieser regnerisch­e Tag von Bern trotzdem überhöht worden, er ist mehr als nur ein Sieg in einem Fußballspi­el. Für ganz mutige Historiker beginnt erst mit dem Final-Erfolg bei der WM in der Schweiz neun Jahre nach dem Krieg die deutsche Republik.

Schäfer und seine Kollegen haben nie mehr in der Final-Aufstellun­g von Bern gespielt. Und für eine be- scheidene Vermarktun­g des Erfolgs steht wohl nur Eckel. Seiner Erinnerung verdanken jüngere Menschen ihr Bild von Bern 1954. Eckel hat die Geschichte dem Regisseur Sönke Wortmann erzählt, der daraus 2003 den Film „Das Wunder von Bern“machte. Dass Eckel ein gesprächig­er Zeitgenoss­e ist, hat Schäfer vielleicht gestört. Das Verhältnis der beiden Weltmeiste­r war jedenfalls lange nicht ungetrübt.

Anders als Eckel hat sich der Kölner Schäfer nach 16 Jahren im Trikot des 1. FC Köln in der Öffentlich­keit rar gemacht. Trotzdem, möglicherw­eise genau deshalb feiert ihn der heutige Vizepräsid­ent Toni Schumacher als „Giganten, eine wahre FC-Legende und Riesenkick­er, ehrgeizig, mannschaft­sdienlich, dabei immer meinungsst­ark und geradeaus“. Lukas Podolski, wie Schumacher beim FC sozialisie­rt, nennt Schäfer „ein großes Vorbild, einen Freund“. Zur Geburtstag­sparty wird er dennoch nicht kommen. Schäfer feiert im „engsten Kreis“, wie er über den Klub wissen lässt. Es muss ein ziemlich trinkfeste­r Kreis sein. Denn Schäfer verspricht im „Kicker“: „Wir werden das eine oder andere Fässchen Kölsch köpfen.“Wohl bekomm’s.

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FOTO: DPA Deutscher Meister mit dem 1. FC Köln: Hans Schäfer 1964.

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