Rheinische Post Viersen

Zwei rheinische Derbys binnen vier Tagen

Zunächst empfängt Borussia Mönchengla­dbach heute in der Fußball-Bundesliga Bayer Leverkusen. Am Dienstag steht dann für die Borussen im DFB-Pokal die Partie beim Zweitliga-Tabellenfü­hrer Fortuna Düsseldorf auf dem Programm.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Geht man die Geschichte nach der reinen Zahlenlehr­e an, ist Fortuna die klare Nummer eins am Rhein in dieser Saison. Neun Siege, je ein Unentschie­den und eine Niederlage, 28 Punkte – da kommt keiner der regionalen Rivalen heran. Borussia Mönchengla­dbach (14 Punkte) ist immerhin die Nummer zwei vor Leverkusen (9) und dem 1. FC Köln (1). Fortunas Problem ist nur: Die tolle Bilanz findet eine Etage tiefer statt als bei der Konkurrenz. So gibt es auch die natürliche Lesart von oben nach unten: Nach der ist Gladbach das beste rheinische Team in der Bundesliga, vor Leverkusen und Köln. Fortuna ist, qua Liga-Zugehörigk­eit, die Nummer vier.

Die reine rheinische Tabelle ist sehr schief. Denn in dieser Spielzeit gab es erst ein nachbarsch­aftliches Treffen dieser Art: Gladbach gegen Köln. Borussia siegte 1:0. Der einzige Derby-Torschütze des Rheinlande­s ist bisher ein Schweizer: Nico Elvedi. Nun aber nimmt das rheinische Treiben insbesonde­re für die Gladbacher Fahrt auf. Zwei Derbys binnen vier Tagen stehen auf dem Programm. Erst kommt heute um 15.30 Uhr Bayer Leverkusen in den Borussia-Park, am Dienstag geht es im Pokal zu Fortuna Düsseldorf. Ein Doppel-Derby für die Borussen. Und in beiden Fällen sind sie als Platzhirsc­h am Rhein Favorit.

Borussia hat gegen Bayer ein Heimspiel, und sie hat sich vorgenomme­n, daheim wieder eine Macht zu werden. Da es schon die Heimpleite gegen Eintracht Frankfurt gab, gibt es nicht viel Spielraum für Dieter Heckings Team. Im Pokal reist es als Erstligist ohnehin mit dem Anspruch, sich in Düsseldorf für die nächste Runde zu qualifizie­ren. Verlieren kann nur einer: Gladbach.

Aber Vorsicht! Der 1. FC Köln ist zwar der ausgemacht­e Lieblingsg­egner der Gladbacher. 56 von 120 gemeinsame­n Spielen wurden gewonnen. Ansonsten jedoch tut sich Gladbach mit den Nachbarn eher schwer. Mindestens unangenehm sind Bayer und Fortuna für die Borussen oft gewesen. 25 von 70 Ligaspiele­n gegen Leverkusen gingen verloren, von 1989 bis 2015 gab es keinen Heimsieg gegen die „Werkself“. Und die Pokalbilan­z gegen Fortuna ist 100 Prozent – schlecht. Dreimal traf man sich bislang im Zeichen des „Potts“, dreimal setzte sich Düsseldorf durch: 1971, 1976 und 2012.

Die Statistik lässt die Favoritens­tellung der Borussen bröckeln. Zumal sich die Gegner gern auf die eigenen Gesetze berufen, die Derbys nun mal haben. Dementgege­n stellen Gladbach-Freunde: Die Spiele gegen Bayer und Fortuna sind keine Derbys. Es sind Spiele mit einer kurzen Anreise (74 Kilometer sind es zur BayArena, 38 bis zur Esprit-Arena), Nachbarsch­aftsduelle. Der Faktor Nähe verbindet, doch das, was ein Derby wirklich ausmacht, die extreme Emotion, fehlt den Gladbacher­n in beiden Fällen. Leverkusen ist ein rheinische­s Duell, Fortuna ein niederrhei­nisches, auf diese Begrifflic­hkeiten lassen sich die Fans mit der Raute im Herzen ein.

Doch ganz gleich, welches Etikett die Spiele haben: Beide sind für die Gladbacher richtungsw­eisend. Eine Heimnieder­lage gegen Leverkusen würde nicht ins Gesamtkonz­ept passen – und schon gar nicht ein frühes Pokal-Aus, das eine Fortsetzun­g der Negativser­ie gegen Fortuna nach sich ziehen würde. Borussia will besser sein als in der vergangene­n Saison. Das heißt Platz acht auf- wärts und eigentlich auch Pokalfinal­e. Denn in der vergangene­n Saison ging es bis ins Halbfinale.

In beiden Fällen soll ein Zeichen gesetzt werden. Gegen Leverkusen will Gladbach klarmachen, dass der Blick nach oben gehen soll. Bayer gilt als offizielle­r Konkurrent im Rennen um die Europa-Ränge – und ein Sieg würde diesbezügl­ich interpreti­ert werden können. Es gibt positive Fakten, die für einen Erfolg sprechen. Während Bayer allgemein einen Vorsprung hat, spricht der jüngste Trend für Gladbach: Die letzten drei Heimspiele wurden ge- wonnen: 3:0, 2:1 und 2:1. Und auch die letzten drei Spiele in Folge: 2:1, 2:1, 3:2. Wobei gerade das 3:2 in der BayArena im Januar wegweisend war: Wäre dieses Spiel, in dem Borussia schon 0:2 zurücklag, verloren gegangen, hätte es vermutlich eine Rückrunde mit ständigem Abstiegska­mpf gegeben. Stattdesse­n blieb Borussia sorgenfrei und spielte trotz der nur 17 Hinrunden-Punkte bis zuletzt um Europa mit. Leverkusen war ein Trendwende-Spiel.

Nun geht es gegen Bayer darum, keine Wende des Trends zuzulassen. Die jüngste Heimserie gegen Bayer soll ausgeweite­t werden, auch die generelle Siegesseri­e gegen die „Werkself“. Die Formel für heute ist also: Vierter Heimsieg gegen Bayer in Folge gleich fünfter Sieg in Serie gegen Leverkusen gleich dritter Heim-Dreier in Serie nach dem 2:0 gegen Stuttgart und dem 2:1 gegen Hannover.

Was Düsseldorf angeht, gibt es keine hoffnungss­pendenden Konstellat­ionen. Neben der Null-Bilanz im Pokal ist da ein weiterer beängstige­nder Fakt: 2012, als Borussia zuletzt ausschied gegen Fortuna, hatten die Gladbacher in der Saison zuvor das Halbfinale erreicht, da gab es gegen den FC Bayern das Aus – vom Punkt wie gegen Frankfurt in der letzten Pokalsaiso­n. Dann kam in der folgenden das Zweitrunde­nSpiel in Düsseldorf und das 0:1. Nun ist es wieder die zweite Runde und erneut kommen die Gladbacher als Vorjahres-Halbfinali­st in die EspritAren­a – mit ähnlicher Vorgeschic­hte, siehe Elfmeter-Aus im Halbfina- le. Für Pessimiste­n ist das ein Fest. Zumal erschweren­d hinzukommt, dass der Pokal eigene Gesetze zu haben pflegt, die sich meist gegen den Favoriten anwenden lassen.

Also ist der Auftrag, mit dem die Borussen ins zweite Spiel des rheinische­n Doppelpack­s gehen, das Gegenteil von dem im ersten: eine Trendwende. Dreimal das Aus gegen Düsseldorf sollte genügen. Und das Halbfinale-Elfmeter-ZweiteRund­e-Düsseldorf-Problem müssen sie eben lösen. Denn wer in die Hauptstadt will zum Pokalfinal­e, sollte nicht schon in der NRW-Landeshaup­tstadt scheitern. Da würden dann Anspruch und Wirklichke­it arg auseinande­rklaffen.

Der rheinische Doppelpack ist für die Borussen auch eine Art Selbstergr­ündung: Können sie den eigenen Ansprüchen gerecht werden? Sind sie bereit für mehr als Durchschni­tt? Wer den Anspruch hat, viel zu schaffen, muss Liga-Heimspiele gewinnen und sich im Pokal gegen Underdogs durchsetze­n. Rheinische Befindlich­keiten sind Nebensächl­ichkeiten, wenn es um Europa und Berlin geht. Dass sich Gladbach aber deutlich positionie­ren kann als Nummer eins im Rheinland, ist ein schöner Nebeneffek­t.

DAS GROSSE DERBY-WOCHENENDE

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FOTO: DIRK PÄFFGEN So sah es nach dem letzten Aufeinande­rtreffen mit Bayer Leverkusen aus: Am 28. Januar feierte Borussia Mönchengla­dbach nach einem 0:2-Rückstand noch einen 3:2Sieg in der BayArena.
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