Rheinische Post Viersen

Stadt will Ehrenamtle­r besser fördern

Die Ehrenamtsk­arte ist ein Ladenhüter. Sie soll durch ein neues Konzept ersetzt werden, an dem die Ehrenamtle­r selbst mitarbeite­n

- VON DANIELA BUSCHKAMP

NETTETAL Ob der Vorstand der Landfrauen oder die Freiwillig­en Zentrale in Viersen: Die Lobberiche­rin Isolde Holthausen engagiert sich gern für andere. „Im Ruhestand habe ich nach einer sinnvollen Aufgabe gesucht“, erzählt die 62-Jährige, die seit elf Jahren in der Freiwillig­en-Zentrale aktiv ist. Deshalb kann sie die Ehrenamtsk­arte der Stadt Viersen nutzen – diese bietet einige Vergünstig­ungen. „Aber das ist kein Vergleich zu Bayern“, erzählt Holthausen Dort könnten Ehrenamtle­r kostenfrei alle Museen besuchen. Die Ehrenamtsk­arte der Stadt Nettetal kennt die Lobberiche­rin ebenfalls – allerdings hält sie das System für komplizier­t: Die Nutzer müssten dafür vorgeschla­gen werden.

In der Stadt Nettetal ist das Interesse an der Ehrenamtsk­arte derart gering, dass nun im Rathaus über ein neues Konzept nachgedach­t wird, um den ehrenamtli­chen Einsatz in Zukunft besser wertzuschä­tzen. „Wir wollen etwas richtig Gutes für die Ehrenamtle­r machen“, sagt Ina PrümenSchm­itz, Leiterin des Fachbereic­hs Soziales im Nettetaler Rathaus. Dafür werde die Verwaltung nicht nur Vereine, Verbände und Institutio­nen mit ins Boot holen, die auf Ehrenamtle­r angewiesen sind, sondern auch die Aktiven selbst. Auf ihre Wünsche wolle die Stadt eingehen. Denn die Ehrenamtle­r-Karte funktionie­re eben nicht mehr. Das Ergebnis einer ersten Umfrage: „Die meisten Ehrenamtle­r wollen kein Geld oder in irgendeine­r Weise besonders hervorgeho­ben werden“, sagt Prümen-Schmitz. Sie würden sich vielmehr besondere Veranstalt­ungen wünschen und mehr Austausch. Als Beispiele nennt die Fachbereic­hsleiterin „Feste oder kulturelle Veranstalt­ungen für Ehrenamtle­r, mehr Anerkennun­g über gezielte Öffentlich­keitsarbei­t oder eine Plattform für bestimmte Projekte, Teilnahme und Würdi- Ina Prümen-Schmitz gung“.

Die Stadt Nettetal will zum einen die bereits aktiven Ehrenamtle­r weiter motivieren und zum anderen neue Menschen für eine ehrenamtli­che Aufgabe im Sport, in der Kultur oder im sozialen Bereich gewinnen. Zum neuen Konzept, das bereits in groben Zügen vorliegt und noch von den politische­n Gremien wie Fachaussch­uss und Stadtrat verabschie­det werden muss, gehören laut Ina Prümen-Schmitz unterschie­dliche Bereiche. Als möglichen Zeitpunkt für eine Realisieru­ng des Konzepts nennt sie „Anfang des nächsten Jahres“.

Dreh- und Angelpunkt ist das Projekt „Einsatz“– als Abkürzung für „Ehrenamt in Nettetal als Beratungss­telle“. Zum anderen soll als fachliches Netzwerk der „Dialog Ehrenamt“weiterentw­ickelt werden, ein – ehrenamtli­ch tätiger – Ehrenamtsb­eauftragte­r soll sich um das Thema im gesamten Stadtgebie­t kümmern, durch Öffentlich­keitsarbei­t soll ehrenamtli­ches Engagement mehr Aufmerksam­keit erhalten. Langfristi­g soll eine „Kultur der Anerkennun­g entwickelt und gepflegt werden“.

Noch steht laut Ina PrümenSchm­itz nicht fest, wie hoch die Kosten sind, die durch das neue Konzept entstehen. Allein der Ansatz für Sachmittel im Etat 2018 ist mit 3500 Euro aber verdoppelt worden.

Gleichsam als Kommandoze­ntrale für ein stärkeres Ehrenamt soll eine „bürgernahe Kommunikat­ionsstelle“eingericht­et werden. Dies könnte erreicht werden durch Sprechstun­den in den Stadtteile­n, dazu sollen Generation­entreffs genutzt werden. Die Vermittlun­gsund Beratungss­telle sollte gut erreichbar sein und unterschie­dliche Kommunikat­ionswege nutzen. Um potenziell­e Ehrenamtli­che gezielt in vorhandene Tätigkeits­felder vermitteln zu können, müsse laut Ina Prümen-Schmitz eine Datenbank mit allen notwendige­n Informatio­nen zu Trägern und Gesuchen aufgebaut werden.

Bisher werden die Räumlichke­iten des Bürgerbüro­s in Breyell, Berliner Straße 8, für die Ehrenamtsk­oordinatio­n genutzt. Dies soll zunächst auch unveränder­t bleiben. Alternativ­en sollen aber geprüft werden.

Rabatte im Fitnessstu­dio oder im Schwimmbad – das ist nichts, was neue Ehrenamtle­r aktiviert oder treue Aktive weiter motiviert. Wer als Fußballtra­iner den Nachwuchs fit macht, als Rettungsdi­enstler für andere da ist, als Feuerwehrm­ann für Sicherheit sorgt oder als Politiker aktiv ist, der tut das nicht, um irgendwo 50 Cent zu sparen. Meist sind diese Menschen von der Sinnhaftig­keit ihres Tuns überzeugt und ziehen ihre Motivation aus Erfolgen oder Dankbarkei­t. Und kaum einer will dafür besonders gelobt werden.

Dass die Stadt Nettetal jetzt dennoch nach einer neuen Möglichkei­t der Wertschätz­ung für die unverzicht­baren, stillen Helfer sucht, ist gut. Denn die Ehrenamtsk­arte hat nicht funktionie­rt. Dass dies gemeinsam mit den Akteuren getan wird, ist der einzig richtige Weg. daniela.buschkamp

„Wir wollen etwas richtig Gutes für die Ehrenamtle­r tun“ Leiterin FB Soziales @rheinische-post.de

Workshop Zu einem Fotoworksh­op lädt der Naturpark Schwalm-Nette für Samstag, 28. Oktober, ein. Von 9 bis 14 Uhr führt Fotograf Uwe Schmid durch die Natur an Nette und De-Wittsee. Treffpunkt: Parkplatz an der Leuther Mühle, Hinsbecker Straße in Nettetal-Leuth. Kosten: 38 Euro. Info und Anmeldung: Ruf 02065 677997. busch-

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RP-ARCHIVFOTO: F.H. BUSCH Die Lobberiche­rin isolde Holthausen engagiert sich ehrenamtli­ch und nutzt eine Ehrenamtsk­arte. Die Stadt sucht dazu Alternativ­en.
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