Rheinische Post Viersen

Zahl der Grippe-Erkrankten steigt

Laut EU sollen sich 75 Prozent der Über-65-Jährigen impfen lassen. Davon sind wir weit entfernt, sagen Viersener Ärzte

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KREIS VIERSEN (emy) Winterzeit ist Grippezeit. Wer sich vor der diesjährig­en Influenzaw­elle schützen will, sollte sich jetzt impfen lassen, raten Viersener Ärzte. Der günstigste Zeitraum dafür seien die Monate Oktober und November. Das Hoch der Welle erwarten die Experten für die Zeit um Karneval.

Die vergangene Grippesais­on fiel im Kreis Viersen im Vergleich zur Vorsaison stärker aus. Laut Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) wurden zwischen Oktober 2016 und Ende September 2017 136 Influenza-Infektione­n gemeldet, im Vorjahr waren es 79. Dieser Trend zeigt sich auch landesweit: 2015/16 erkrankten in NRW 6872 Menschen, 2016/17 waren es 10.040.

Der Viersener Allgemeinm­ediziner Michael Fritz sieht diese Entwicklun­g gelassen: „Bei der Grippe gibt es mal mehr, mal weniger Erkrankte, das ist normal.“Grund sei vor allem das sogenannte Shifting der Viren, also ihre Fähigkeit, sich ständig so zu verändern, dass das Immunsyste­m sie nicht erkennt. „Deswegen muss man jährlich neu impfen“, sagt Fritz.

Welcher Wirkstoff verwendet wird, hat die Weltgesund­heitsorgan­isation im Januar festge- Karsten Woelke Chefarzt am AKH Viersen legt. Dann befindet sich die Grippewell­e auf der Südhalbkug­el, bis sie bei uns ist, sollten die meisten Menschen vor der aktuellen Mutation der Viren geschützt sein – so der Gedanke. Ziel der Europäisch­en Union ist es, dass 75 Prozent der Über-65-Jährigen einen Impfschutz gegen Influenza haben. In den Niederland­en werde diese Quote erreicht, sagt Fritz. 2015/16 lag die Impfquote in Deutschlan­d bei 35,3 Prozent. Der Grund? „Viele verwechsel­n die Grippe noch immer mit einer Erkältung“, sagt Fritz. Dabei ist die Influenza eine meldepflic­htige Erkrankung, die zum Tod führen kann, sagt Karsten Woelke, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Pneumologi­e am Allgemeine­n Krankenhau­s Viersen (AKH). Das Immunsyste­m ist stark geschwächt, Folge können eine Lungen-, Hirnhaut- oder Herzmuskel­entzündung sein. Das RKI registrier­te für 2016/17 662 Todesfälle mit Influenza-Infektion, davon 623 bei den Über-59-Jährigen. Die Grippe-Viren werden über die Schleimhäu­te übertragen, auf Oberfläche­n bleiben sie laut Woelke bis zu zwei Tage lang infektiös.

Derzeit kostet der Impfstoff rund 50 Euro. In der Praxis von Hoa Tran- Tien in Viersen gebe es in diesem Jahr einen deutlich Trend zur Impfung, sagt die medizinisc­he Fachangest­ellte Claudia Ilesic: „Wir verzeichne­n fast doppelt so viele Impfungen wie vor einem Jahr.“

Viele Krankenkas­sen übernehmen die Kosten bei Risikogrup­pen, etwa Personen über 60 Jahre, medizinisc­hes Personal und chronisch Kranke, aber auch bei Kindern unter 18 Jahre. „Gerade bei ihnen hat die Impfung Sinn“, sagt Kinderarzt Theo Reiners aus Viersen, sie seien der Multiplika­tor. „Man muss sich fragen, wer das schwächste Glied in der Kette ist“, sagt Reiners. „Das neugeboren­e Baby, die Großmutter oder die krebskrank­e Tante? Für sie wäre eine Grippe tödlich.“

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