Rheinische Post Viersen

Wo Stars und Vereine gern feiern

Das heutige Hotel Stadt Lobberich ist seit 400 Jahren das Wohnzimmer von Nettetal. Als legendär gelten Feste von Karnevalis­ten und Sportlern im Saal. Schauspiel­erin Inge Meysel ließ sich Wirsing-Eintopf schmecken

- VON DANIELA BUSCHKAMP

NETTETAL Inge Meysel wurde mit ihrer Rolle als Käthe Scholz zur Muter der Nation. Keine Überraschu­ng, dass Willi Dammer, damals Koch und Sohn des Hotelbesit­zers Wilhelm Dammer, ihre Wertschätz­ung der Küche nie vergessen wird. Meysel aß im damaligen Hotel Dammer „Wirsing bürgerlich“und lobte: „Das schmeckt ja wie bei Muttern – endlich mal mit genug Mettwurst.“Sie bedankte sich mit einer Autogrammk­arte und der Widmung „Für Willi“, die Willi Dammer in seinem umfangreic­hen Archiv zur Geschichte des Hotels hütet.

Inge Meysel war nicht die einzige Schauspiel­erin, die die Gastfreund­schaft im ältesten Hotel am Platze schätzte. Nach den Maueranker­n ist das Gebäude im Jahr 1617 errichtet worden.

Auch Schauspiel­er Willy Fritsch, mit Lilian Harvey in den 1930-er Jahren das Traumpaar des UfaFilms, logierte öfter hier, begleitet von seiner Frau und zwei Pudeln – immer dann, wenn sein Sohn Thomas Fritsch im Nettetaler Stadttheat­er auftrat. Und auch Fritz Walter war 1950 Gast – damals mit den „Roten Teufeln“vom 1. FC Kaiserslau­tern als deutscher Fußballmei­ster. Das Team feierte gern mal bis 4 Uhr in der Früh an der Theke – und Walter hinterließ ebenfalls eine Autogrammk­arte.

Solche Geschichte­n hat Willi Dammer von Hotel-Mitarbeite­r Emil Rütten erfahren, der vor kurzem im Alter von 90 Jahren gestor- ben ist. Rütten hatte drei Generation­en der Familie Dammer in deren Hotel erlebt: Als 14-Jähriger hatte Rütten bei Willi Dammer senior seine Ausbildung als Piccolo begonnen, war Jahrzehnte lang Kellner und damit die gute Seele im Haus. Er blieb auch, als Wilhelm („Willi“) Dammer 1953 nach dem Tode seines Vaters das Hotel übernahm.

Bis Mitte der 1950er Jahre war der Saal des Hotels in Lobberich der Treffpunkt: Hier traten die Gesangvere­ine auf, feierten Karnevalis­ten wie Heiderösch­en 15 ausverkauf­te Bühnenaben­de, wurden Tanzpaare zu Liebespaar­en. 1956 wurde der Saal abgebroche­n.

Unveränder­t blieb bis heute die Begeisteru­ng für den Kegelsport: „Rund 48 Clubs kegeln hier“, sagt der heutige Hotel-Besitzer Helmut Schatten. Er ist dort seit 15. Oktober 1995 Gastegeber – und als Lobberiche­r zu seinen Wurzeln zurück gekehrt. Schatten verweist stolz auf die lange Historie des inzwischen denkmalges­chützten Hauses. So war es im 19. Jahrhunder­t eine offizielle Posthalter­ei, in den Remisen standen Kutschen und Pferde. Überliefer­t ist außerdem, dass das Anwesen während des Dreißigjäh­rigen Krieges von einem Rütges Kessels bewirtscha­ftet wurde. Bis zum Jahr 1890 findet sich dieser Name in der Besitzer-Liste. Nach Konrad Bispels (1890 bis 1918) begann die Ära Bellenberg. Ab 1938 war das Hotel im Besitz der Familie Willi Dammer, erst Senior, dann Junior. 1987 erwarb es der Neusser Rüdiger Pies.

Wer Helmut Schatten heute im Gastraum trifft, kann sich von ihm Historisch­es zeigen lassen: etwa alte Holztüren, rund 250 Jahre alte Kacheln am Tresen oder die Decken hinter der Theke. Im Gastraum hat er einiges verändern lassen, bei der Karte setzt er auf deutsche Küche und Trends wie Burger. Worauf er stolz ist: „Der Biergarten ist ab morgens durchgehen­d sonnig. Das hat 392 Jahre niemand bemerkt.“ wesen. Die Sänger vom Gesangvere­in Hoffnung treffen sich dort ebenso wie die Lobberiche­r Tanzgarde BlauWeiß, das St. Martinskom­mitee von Dyck sowie ein Sommer- und ein Winter-Sparklub. Neue Ideen Helmut Schatten ist bekannt dafür, sich oft etwas für seine Gäste einfallen zu lassen. Neben Konzerten plant er in naher Zukunft einen Tanzabend mit DJ für „alle, die nach dem Essen Lust haben, zu tanzen“.

 ?? FOTO: ARCHIV DAMMER ?? Emil Rütten (links), der kürzlich jetzt 90-jährig verstarb, war als langjährig­er Kellner für viele Gäste die Seele im Hotel Dammer. Von 1938 bis zum Verkauf 1987 führte unter anderem Familie Dammer das Haus. Das Foto zeigt die Eheleute Wilhelm (3.v.r.)...
FOTO: ARCHIV DAMMER Emil Rütten (links), der kürzlich jetzt 90-jährig verstarb, war als langjährig­er Kellner für viele Gäste die Seele im Hotel Dammer. Von 1938 bis zum Verkauf 1987 führte unter anderem Familie Dammer das Haus. Das Foto zeigt die Eheleute Wilhelm (3.v.r.)...
 ?? FOTO: ARCHIV DAMMER ?? Diese Aufnahme entstand um 1900 und ist eine der ältesten Aufnahmen der Hochstraße. Das Hotel befindet sich links.
FOTO: ARCHIV DAMMER Diese Aufnahme entstand um 1900 und ist eine der ältesten Aufnahmen der Hochstraße. Das Hotel befindet sich links.
 ?? RP-FOTO: F.H. BUSCH ?? Helmut Schatten, heute Gastgeber im Hotel Stadt Lobberich, im Gastraum. Die Theke enthält noch rund 250 Jahre alte Kacheln. Einige Holztüren sind ebenfalls alt.
RP-FOTO: F.H. BUSCH Helmut Schatten, heute Gastgeber im Hotel Stadt Lobberich, im Gastraum. Die Theke enthält noch rund 250 Jahre alte Kacheln. Einige Holztüren sind ebenfalls alt.
 ?? RP-FOTO: F.H. BUSCH ?? So sieht das unter Denkmalsch­utz stehende Hotel Stadt Lobberich, eines der ältesten Gasthäuser im Kreis Viersen, heute aus.
RP-FOTO: F.H. BUSCH So sieht das unter Denkmalsch­utz stehende Hotel Stadt Lobberich, eines der ältesten Gasthäuser im Kreis Viersen, heute aus.
 ?? FOTO: ARCHIV DAMMER ?? Dies ist eine der ältesten Aufnahmen des Gebäudes. Links unter dem Giebel befindet sich ein Saal, der Mitte der 1950-er Jahre abgerissen wurde.
FOTO: ARCHIV DAMMER Dies ist eine der ältesten Aufnahmen des Gebäudes. Links unter dem Giebel befindet sich ein Saal, der Mitte der 1950-er Jahre abgerissen wurde.
 ?? FOTO: ARCHIV DAMMER ?? Mit „gepflegten Getränken“warb diese Postkarte vom Hotel Dammer, heute Hotel Stadt Lobberich.
FOTO: ARCHIV DAMMER Mit „gepflegten Getränken“warb diese Postkarte vom Hotel Dammer, heute Hotel Stadt Lobberich.
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FOTO: VERLAG Willy Fritsch.
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