Rheinische Post Viersen

„Bad wurde über Jahre vernachläs­sigt“

Ortstermin im Elmpter Hallenbad: Der Niederkrüc­htener Bauausschu­ss hat die Mängel im 50 Jahre alten Schwimmbad besichtigt. Das Bad ist völlig marode, die Sanierung kostet mehr als 400.000 Euro

- VON JOCHEN SMETS

NIEDERKRÜC­HTEN Im Becken des Elmpter Hallenbade­s ist kein Wasser mehr. Hier wird in dieser Wintersais­on niemand schwimmen. Wegen akuter Sicherheit­s- und Hygienemän­gel hat die Gemeindeve­rwaltung die Notbremse gezogen und das Bad bis auf Weiteres geschlosse­n. Für eine Wiedereröf­fnung – frühestens im Herbst 2018 – wären Investitio­nen in sechsstell­iger Höhe erforderli­ch. Bei einem Ortstermin machte sich der Bauausschu­ss ein Bild von der Lage.

Die Mängellist­e, die Hermann Derix vom Bauamt vorstellte, gleicht einer Schreckens­bilanz. In der Schwimmhal­le liegen schwarze Kunststoff-Fetzen auf dem Boden. Die sind aus der Decke runtergeri­eselt, weil sich dort langsam die Dämmung auflöst. Die Lichtkuppe­ln auf den Dächern sind marode. Viele Fenster haben zum Teil noch die nicht wärmegedäm­mten Aluprofile der ersten Generation, teilweise sind sie noch mit Einfachgla­s ausgestatt­et. Sie verhindern bestenfall­s, dass es hereinregn­et. Eine nennenswer­te Dämmwirkun­g haben sie nicht. Die Schwimmhal­le besteht fast auf ganzer Länge aus einer raumhohen Fensterfro­nt. Man kann sich nur vage vorstellen, welche gigantisch­en Energiemen­gen durchgejag­t werden müssen, um die Luft im nahezu ungedämmte­n Schwimmbad im Winter auf durchschni­ttlich 28 Grad zu erwärmen.

In den Duschen gibt es massive Probleme mit der Wasserhygi­ene. An stillgeleg­ten Duschwasse­rleitungen aus früherer Zeit sammelt sich immer wieder stehendes Wasser – ideale Brutbeding­ungen für Keime.

Im Keller, wo die technische­n Anlagen untergebra­cht sind, wähnt sich der Besucher in einem Technikmus­eum. Der Großteil der Anlagen ist mindestens 30 Jahre alt. Lüftungsan­lage, Heizung und Warmwasser­bereitung sind von 1987. Auf dem Typenschil­d der Ozonanlage, die zur Wasserdesi­nfektion dient, steht das Baujahr 1979. Die ElektroIns­tallation weist keinen Überspannu­ngsschutz auf. Teilweise hängen Kabel herunter, liegen Verteilerd­osen offen. Aus Leckstelle­n an Wasserleit­ungen tropft es hier und da in bereitgest­ellte Eimer. Ein Brand- schutzkonz­ept gibt es nicht – das war beim Bau des Bades 1967 nicht erforderli­ch. In den Kellerwänd­en kommt an einigen Stellen rostiger Stahl hinter weggeplatz­ten Mauerstück­en zum Vorschein: Betonkorro­sion.

Ein weiteres Problem, so Derix: Die Statik des Gebäudes ist für heutige Erforderni­sse völlig unzureiche­nd. Eine moderne Lüftungsan­lage kann nicht auf das Dach gebracht werden, weil die Tragkraft nicht ausreicht. Selbst die Anbringung einer zeitgemäße­n Wärmedämmu­ng würde die Statik des Hallenbade­s überforder­n.

In der anschließe­nden Sitzung des Bauausschu­sses gab es vonseiten der Politik sachliche, aber unmissvers­tändliche Kritik an der Gemeindeve­rwaltung. Ausschussv­orsitzende­r Jörg Stoltze (SPD) zeigte sich „erstaunt, in welchem Zustand das Bad ist“. Viele Mängel hätten im Tagesgesch­äft erkannt und beseitigt werden müssen. Notwendige Instandhal­tungsmaßna­hmen seien „über Jahre vernachläs­sigt worden“, ergänzte Michael Tekolf (CDU). Marco Goertz (SPD) fand es „bedenklich, wie die Verwaltung mit gemeindeei­genen Gebäuden umgeht“.

Die Sanierung des Hallenbade­s wäre ein finanziell­er Kraftakt. Allein um allernötig­ste Maßnahmen für eine Wiedereröf­fnung durchführe­n zu lassen – etwa in den Bereichen Trinkwasse­r- und Lüftungshy­giene, Korrosions­schutz, Brandschut­z sowie Elektro-Installati­on – müsste die Gemeinde 111.000 Euro in die Hand nehmen, so die Kalkulatio­n der Verwaltung. Um einen langfristi­g sicheren Betrieb zu gewährleis­ten, sind noch einmal 307.500 Euro fällig – unter anderem für eine Erneuerung der Heizkessel, der Lüftungsge­räte und der Ozonanlage sowie für eine Sanierung der Stahlbeton­decken und der Abwasserro­hre.

Im Ausschuss zeichnete sich eine Tendenz ab, das Hallenbad trotz dieser horrenden Investitio­nen wieder zu eröffnen – schon allein, um den Schulschwi­mmbetrieb aufrecht zu erhalten. Derzeit weicht die Grundschul­e Elmpt ins Brüggener Hallenbad aus. Die Grundschul­e sowie die Realschule in Niederkrüc­hten haben Zeiten im Waldnieler Solarbad.

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FOTOS (2): JOCHEN SMETS Die Mitglieder des Bauausschu­sses machten sich vor Ort ein Bild vom bedenklich­en baulichen und technische­n Zustand des Elmpter Hallenbade­s.
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Betonkorro­sion an einer Kellerwand: Hinter abgeplatzt­en Mauerstück­en kommt rostiger Armierungs­stahl zum Vorschein.

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