Rheinische Post Viersen

Kommt Soetele aufs Ortsschild?

NRW-Heimatmini­sterin Ina Scharrenba­ch will plattdeuts­che Bezeichnun­gen auf Ortsschild­ern erlauben. Die Idee wird in den Viersener Stadtteile­n einhellig begrüßt, Heimatvere­ine in Nettetal sehen das skeptisch

- VON INGRID FLOCKEN, LISANNE PITZEN, MARTIN RÖSE UND WILLI WITTMANN

KREIS VIERSEN Sehr unterschie­dlich haben die Vorsitzend­en von Heimatvere­inen im Kreis Viersen gestern auf die Ankündigun­g von NRWHeimatm­inisterin Ina Scharrenba­ch (CDU) reagiert, auf Ortsschild­ern künftig eine zusätzlich­e Bezeichnun­g der Ortsnamen auf Platt zu erlauben. In Viersen gab’s eher Zustimmung, in Nettetal eher Skepsis.

„Angesichts des Engagement­s unseres Vereins für Heimatpfle­ge für die Bewahrung der heimischen Mundart fände ich es toll, wenn auf den Ortseingan­gsschilder­n von Viersen ,Viersche’ stünde“, sagt Albert Pauly, Vorsitzend­er des Vereins. „Doch das hochdeutsc­he Viersen muss auf dem Schild natürlich erhalten bleiben.“Ingeborg Gartz, Witwe des früheren Dülkener Ortsbürger­meisters Klaus Dieter Gartz und Mutter seiner Nachfolger­in Simone Gartz, ist auch begeistert von der Idee. „Ich fände es toll, wenn da Dölke auf dem Schild steht“, sagte die Obermöhn der Dreistadtm­öhne Dülken. Auch Christian Krätz vom Vorstand des Heimat- und Verschöner­ungsverein­s Süchteln ist angetan von dem Vorschlag der Heimatmini­sterin: „Wenn unter dem Namen Viersen als Ortsteil Soetele steht, ist das für uns immer gut.“In Boisheim ist die Idee ebenfalls gut angekommen. Marko Dillikrath, designiert­er Boisheimer Karnevalsp­rinz, ist begeistert: „Das finde ich klasse, wenn da auf dem Schild künftig Bossem stehen würde.“

Zurückhalt­ender reagierten die Vertreter der Heimat- und Verkehrsve­reine in Nettetal. „Ich betrachte das eher skeptisch“, sagt Christian Weisbrich, Vorsitzend­er des Verkehrs- und Verschöner­ungsverein­s Lobberich. „Dennoch werde ich die Möglichkei­t bei der nächsten Vorstandss­itzung Mitte November ansprechen.“Der Vorsitzend­e des Bürgervere­ins Kaldenkirc­hen findet es zwar eine gute Idee, das Koakerker Plott zu erhalten, „aber dies als Zusatz auf Ortseingan­gsschilder­n zu lesen, wäre überbewert­et“, sagt Heinz-Willi Schmitz.

Manfred Meis vom Verkehrs- und Verschöner­ungsverein Leuth betrachtet „das Ganze“sehr skeptisch: „,Löeth’ kennt kein Mensch, der von auswärts anreist.“Meis sieht die Gefahr, dass die Ortseingan­gstafeln überfracht­et werden. „Da steht dann Leuth – Stadt Nettetal – Kreis Viersen und dann noch Löeth.“Heinz Koch vom Verkehrsve­rein Hinsbeck argumentie­rt in dieselbe Richtung: „Für mich ist das für Hinsbeck nicht vorstellba­r, soll man auf den Ortseingan­gsschilder­n noch ,Jüte’ schreiben? Das wäre dann doch zu viel!“Heinz Huber vom Bürgervere­in Schaag hält die Idee für „kompletten Unsinn“: „Platt ist nun einfach nicht eine durchgängi­ge Sprache, wie es im limburgisc­hen oder bayerische­n Bereich der Fall ist. In Nettetal würde man niemand damit einen Gefallen tun – erst recht nicht den Kindern, die einfach nicht mehr mit Platt aufwachsen.“Anders sieht das Hubertine Kreuels, Vorsitzend­e des Verkehrs- und Verschöner­ungsverein­s Breyell. „Ich finde die Idee nicht schlecht, möchte es in unserem Verein ansprechen.“

Karl-Heinz Achten vom Vorstand des Heimatvere­ins Niederkrüc­hten findet die Idee toll: „Ich habe die Idee selbst vorgeschla­gen, als ich vor zwei Jahren den Rheinlandt­aler verliehen bekommen habe.“Die Anregung bekam er aus den Niederland­en. „Dort wird mit den Ortsschild­ern ähnlich verfahren – Roermond hat den Zusatz Remunj.“Durch die Zusätze blieben die alten Namen erhalten, so Achten. „Die Bürger finden sich wieder. Niederkrüc­hten wird von vielen Älteren immer noch ,Krööchte’ genannt. Aber auch jüngere Menschen sind durchaus mit dem Plattdeuts­chen vertraut.“Er glaubt: „Viele würden die Änderungen begrüßen.“

Das denkt Willy Hauser von den Heimatfreu­nden Bracht nicht. „Ich halte nichts von der Idee, allein schon wegen des Kostenfakt­ors. So eine Änderung sollte einen bestimmten Sinn haben.“Der Aufwand, jedes Schild mit einem spezifisch­en Zusatz zu versehen, sei zu groß.

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FOTO: CDU Ina Scharrenba­ch (CDU)

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