Rheinische Post Viersen

Auf das Aussehen kommt es an

Mit der Kartoffele­rnte sind die Landwirte für diese Saison durch. Damit Kunden das ganze Jahr über mit der Knolle versorgt sind, lagern Bauern wie Bernd Drößer sie im Winter ein. Auf den Teller kommt nur, was gut aussieht

- VON EMILY SENF

DÜLKEN Bernd Drößers Felder sind leer geerntet, die Halle auf seinem Hof in Dülken ist dafür voll bis oben hin. Seit Dienstag ist der Landwirt mit der diesjährig­en Kartoffele­rnte durch, die letzten Knollen lagern nun in Kisten. Die Arbeit ist damit aber für ihn nicht vorbei. Jetzt ist es Zeit, die ersten Kartoffeln für den Verkauf vorzuberei­ten.

Drößers Kartoffeln wachsen auf seinen Feldern rund um seinen Hof am Ransberg in Dülken, bis zu 15 Kilometer liegen sie entfernt. Ende Februar hat der 50-Jährige gepflanzt, rund 100 Tage später die ersten Frühkartof­feln aus der Erde geholt. Knapp 40 Prozent seiner Ernte verkauft er im Sommer, in seinem Hof-

„12,5-Kilogramm-Säcke kauft heute kaum noch jemand“

Cäcilie Drößer laden oder an Händler. Der Rest geht in die Lagerung – und wird bis ins Frühjahr hinein verkauft.

Die frühen Kartoffeln setzt der Landwirt immer mit ein bisschen mehr Abstand zwischen den Pflanzen. Die rund 38 Zentimeter Platz zwischen ihnen sollen für einen früheren Erntestart sorgen. Die späteren Pflanzen stehen etwa zehn Zentimeter dichter beieinande­r. „Dadurch wachsen die Knollen langsamer und gleichmäßi­ger“, erklärt Drößer. Für die Industriek­artoffeln, die einmal zu Pommes werden oder in Fertiggeri­chten landen sollen, darf der Boden einen höheren Sandanteil haben. „Der kratzt mehr, aber bei der Industriek­artoffel ist die Optik egal“, sagt der Dülkener. Für Speisekart­offeln wählt er dagegen die besseren Böden mit überwiegen­d Lehm und Löss.

Die Kartoffelp­flanze braucht während des Wachstums eine gleichmäßi­ge Wasservers­orgung, sonst bleiben die Knollen klein oder werden unförmig. In diesem Jahr musste der Kartoffelb­auer seine Felder, auf denen Frühkartof­feln gewachsen sind, künstlich beregnen, es war schlicht zu trocken. Für die spätere Ernte dagegen fiel ausreichen­d Regen auf die Felder. Die Kartoffeln wurden dick, die Erträge waren überdurchs­chnittlich hoch. Das wiederum drückte auf den Preis. „Der ging um die Hälfte zurück“, erinnert sich Drößer. „Aber über die Jahre sind wir zufrieden.“

Der Dülkener Hof ist seit 1912 in Familienbe­sitz, Bernd Drößer betreibt ihn seit 1993 in vierter Generation. 1999 hat er gänzlich auf Kartoffeln umgestellt, davor gab es noch Kühe, Schweine und Hühner. Im Laufe der Jahre ist der Anteil der Speisekart­offel in seinem Betrieb immer größer geworden, obwohl der Konsum pro Kopf gesunken ist. „Das Waschen und Pellen ist lästig“, vermutet Ehefrau Cäcilie Drößer. Dabei seien lose Kartoffeln viel günstiger als ein Fertiggeri­cht, sagt sie: „Ein 12,5-Kilogramm-Sack kostet nur sechs bis acht Euro.“Gleichzeit­ig würden aber eben auch die Haushalte kleiner. „So große Säcke kauft kaum noch einer“, sagt die 50Jährige. Neben den Kartoffeln baut das Ehepaar noch Getreide und Zuckerrübe­n an. Mit anderen Landwirten tauscht es untereinan­der die Felder, um die Böden durch wechselnde­n Anbau zu schonen.

In der großen Halle auf dem Drößerhof lagern derzeit die Kartoffeln. Jede Kiste fasst etwa 1,2 Tonnen an Knollen, zirka 2700 der Holzboxen stehen in der Halle. Hinzu kommen rund 1000 Tonnen Kartoffeln, die lose gelagert werden. Je nach Sorte werden sie bei fünf bis sechs Grad gekühlt, damit sie nicht keimen. Die Kisten haben Schlitze, um den Kartoffeln Luft zu lassen, diese wird durch den Lüfter der Halle von oben drüber geworfen, erklärt Drößer.

Wenn er im Sommer auf dem Feld ist, erntet er 150 bis 250 Tonnen Kartoffeln täglich. Natürlich kommt es dabei auf das Wetter an; wenn es zu nass ist, kann er mit dem schweren Trecker nicht raus. Auf dem Hof sortiert eine Maschine die Kartoffeln nach ihrer Größe und rüttelt Laub und Steine heraus. Ungewasche­n kommen die Knollen in die Kisten und die in die kühle, dunkle Halle. In den nächsten vier Wochen befinden sich die Knollen in einer Schwitzpha­se und dürfen nicht bewegt werden, „sonst löst sich die Schale oder es gibt braune Stellen“, erklärt Drößer. Jetzt bereitet er Kartoffeln, die er vor fünf bis sechs Wochen eingelager­t hat, für den Transport zum Verpacker vor. Dort wird jede Kartoffel nach dem Waschen etwa 20-mal automatisc­h fotografie­rt – welche nicht der Qualitätsn­orm entspricht, etwa nicht eben genug ist, wird aussortier­t. „Das Erscheinun­gsbild muss optimal sein“, sagt Cäcilie Drößer. Für das Ehepaar bedeutet das einen Verlust von 15 bis 25 Prozent, der als Futter beispielsw­eise für Kühe genutzt wird.

15 Sorten haben die Drößers im Angebot. „Die Kartoffel ist sehr empfindlic­h“, sagt Drößer. Darum tauscht er jährlich einige Sorten aus, etwa weil sie hohe Temperatur­en nicht vertragen. Beliebt bei den Kunden sind Antonia, Annabelle, Allians, Belana und Marabell.

Der Nachwuchs steht bei den Drößers schon in den Startlöche­rn. Der jüngste Sohn Dominik (16) geht noch zur Schule, aber Tobias (18) und Niklas (20) machen eine Ausbildung zum Landwirt in anderen Betrieben.

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RP-FOTO: FRANZ-HEINRICH BUSCH Bernd Drößer auf einem seiner Kartoffelf­elder in Dülken. Weil die Knolle sehr empfindlic­h ist, muss der Landwirt seine Arbeitssch­ritte gut planen.
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Zwei reife Kartoffeln, aber nur die obere landet im Verkauf — dank ihrer glatten Oberfläche. Die andere verwenden die Drößers als Futter für Kühe.
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RP-FOTOS (3): SENF Die Maschine sortiert die Kartoffeln auf dem Drößerhof nach ihrer Größe.
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Bis zum Verkauf lagern die Drößers ihre Kartoffeln in einer großen Halle — gekühlt und gut belüftet.

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