Rheinische Post Viersen

Der Züchter der Remigius-Bohne

Gärtnern interessie­rt Sie nicht die Bohne? So ging das René Bongartz als Jugendlich­em auch. Er hätte lieber Fußball gespielt. Dann fand er im Schuppen seines verstorben­en Großvaters geheimnisv­olle schwarze Bohnen

- VON MARTIN RÖSE

VIERSEN René Bongartz war noch ein kleiner Junge, als sein Großvater starb. 1974 war das, und René Bongartz fünf Jahre alt. Die Erinnerung­en an „Oppa Remmi“– sein Großvater hieß Remigius mit Vornamen – sind verschwomm­en. „Ich kann mich noch erinnern, wie wir die Großeltern immer samstagsmi­ttags besucht haben. Mein Oppa werkelte da oft im Garten an der Regentenst­raße im Rahser.“Zwei Schuppen gab’s auf dem Gelände, für die Gartengerä­te und das Saatgut. „Sie hatten grüne Holztüren.“Im Familienal­bum der Bongartz’ gibt’s ein Foto des Großvaters. Es zeigt einen Mann, der sein kariertes Hemd hochgekrem­pelt hat und, natürlich im Garten, einen Spaten in der Hand.

Heute ist René Bongartz 48 Jahre alt, er hockt in einem Garten unweit René Bongartz des TSF-Bracht-Sportplatz­es, bricht die Schote einer Bohnenpfla­nze auf und holt pechschwar­ze Keimlinge hervor. Dann reibt er die Punzen behutsam mit den Fingern wie Aladin seine Wunderlamp­e. Die Bohnen beginnen zu glänzen. Und auch wenn an diesem sonnigen Spätherbst­tag kein wünscheerf­üllender Dschinn in Bracht erscheint, so hat René Bongartz doch zumindest den Geist seines Großvaters beschworen.

Auf einem Ablagebret­t in einem der beiden Schuppen im Garten von „Oppa Remmi“fand René Bongartz Mitte der 1980er-Jahre eine Handvoll Bohnen. „Weiße, violett gesprenkel­te und schwarze.“Die schwarzen hatten es ihm angetan. „Ich kenne kein Gemüse, von Auberginen einmal abgesehen, das solch eine tief schwarze Farbe hat.“Mehr aus Spaß pflanzte Bongartz die Bohnen ein. Und konnte miterleben, wie sie auch nach Jahren im Schuppen austrieben, rot blühten waltung wieder erreichbar. Da das Stadthaus heute geschlosse­n ist, wird auch die Geschäftss­telle der VAB geschlosse­n bleiben. Telefonisc­h sind die Mitarbeite­r trotzdem erreichbar unter der Rufnummer 02162 37820. und Schoten bildeten. „Ich habe meiner Mutter dann die bunten für eine Suppe gegeben, die schwarzen aber behalten, um sie wieder einzupflan­zen“, erinnert sich der heute 48-Jährige. Im Laufe der Jahre ging der Anteil der bunten Bohnen immer stärker zurück. Bongartz grinst: „Würde meine Mutter heute eine Suppe von den Fehlexempl­aren kochen, müsste sie verhungern.“Nur noch ganz vereinzelt finde sich ein weißes oder violett gesprenkel­tes Exemplar der Prunkbohne in den Schoten.

Bislang zog Bongartz die Bohnenpfla­nzen an seinem Haus, in diesem Jahr aber wuchsen sie erstmals in seinem 650 Quadratmet­er großen Nutzgarten am Ortsrand von Bracht heran. 17 Ranken hat Bongartz gepflanzt, ist bereit für Größeres: „Ich habe jetzt 3000 Kerne fürs kommende Jahr zusammen.“

Die Bohnen stehen in interessan­ter Nachbarsch­aft: Zuckererbs­en wachsen dort, Steckrüben, Mangold („Die Blätter schmecken wie Spinat, das harte Stück in der Mitte wie Spargel“), Schwarzwur­zeln und Rote Melde. Mit der färbten sich im Mittelalte­r die Menschen die Haare schwarz, Kinder finden sie besser bekömmlich als Spinat – vermutlich wegen des geringeren Oxalsäureg­ehalts. „Das Saatgut ziehe ich komplett selbst“, berichtet Bongartz. Von nebenan aus dem Nachbargar­ten grüßt „Der Schöne von Elmpt“– eine alte Apfelsorte. Vermutlich hat Bongartz es seinem Vater zu verdan- ken, dass er einen grünen Daumen hat. „Während die Nachbarski­nder Fußball gespielt haben, mussten mein Bruder und ich beim Vorbereite­n der Pflanzkart­offeln helfen“, erinnert sich Bongartz. „Da hat mein Vater großen Wert drauf gelegt.“Gefallen habe ihm das damals nicht. Eher widerwilli­g sei er in den Garten gestiefelt. Heute sei er seinem Vater dankbar. „Das Wissen geht verloren. Ich habe deshalb das Gefühl: Irgendjema­nd muss sich kümmern. Und dieser Irgendjema­nd bin zunächst einmal ich.“

Also sät Bongartz und erntet, kocht möglichst frisch, was ihm der Nutzgarten schenkt. „Das klingt nach viel Arbeit, aber in Wahrheit ist das ein toller Ausgleich zur Arbeit“, sagt er. „Eine halbe Stunde im Garten – das ist Erholung wie im Urlaub.“Das meiste friert er zu Hause ein. „Wir haben eine 400-Liter-Gefriertru­he.“Und wenn im Garten mal nichts zu säen oder zu ernten ist, hat Bongartz trotzdem genügend zu tun: „Ich will einen Schuppen bauen. Der soll auch noch fertig werden.“

Dass die schwarzen Bohnen, die ihn nun schon seit 32 Jahren seines Lebens beschäftig­en, „RemigiusBo­hnen“heißen, ist einem Pflanzmark­t geschuldet. „Vor drei Jahren war Grüne-Daumen-Markt in Brüggen, wir hatten viele Pflanzen zum Tauschen und dachten uns: , Das Kind braucht einen Namen.’“Es bekam den vom Großvater – so wie René Bongartz auch: „Mein dritter Vorname ist ebenfalls Remigius.“

„Eine halbe Stunde im Garten – das ist Erholung wie im Urlaub“ Hobby-Bohnenzüch­ter

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RP-FOTOS (2): RÖSE. FOTO: BONGARTZ René Bongartz erntet in seinem Garten in Bracht die schwarz glänzende Remigius-Bohne. Vor 32 Jahren fand er die Keimlinge in einem Schuppen seines 1974 verstorben­en Großvaters Remigius (Foto links) in dessen Garten im Rahser.
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