Rheinische Post Viersen

Ritter, Fabrikante­n und Ordensfrau­en

Karl-Heinz Schroers ist der Geschichte von Haus Clee in Waldniel nachgegang­en. Im aktuellen Heimatbuch des Kreises Viersen beschreibt der Heimatfors­cher, wie sich das einstige Rittergut durch seine Besitzer immer wieder veränderte

- VON BIRGITTA RONGE

SCHWALMTAL Inmitten des Bethanien Kinderdorf­s in Waldniel steht Haus Clee – ein schmuckes Gebäude im englischen Landhausst­il, das heute den Dominikane­rinnen von Bethanien gehört. Der Viersener Kommerzien­rat Josef Kaiser (Kaiser’s Kaffee) ließ das Haus erbauen, nachdem er den Vorgängerb­au 1935 hatte abreißen lassen. Mit der Geschichte dieses Vorgängerb­aus hat sich der Waldnieler Heimatfors­cher Karl-Heinz Schroers nun für einen Beitrag im aktuellen Heimatbuch des Kreises Viersen beschäftig­t. Und das ist nicht nur für Einheimisc­he spannend, sondern für alle, die sich für Architektu­rgeschicht­e interessie­ren – oder von einem Märchensch­loss träumen.

Seit dem 14. Jahrhunder­t war Haus Clee ein Lehnsritte­rgut – erbaut auf sumpfigem Grund. Auf alten Karten sind Entwässeru­ngsgräben und kleine Weiher rund um Haus Clee zu sehen, einen der Weiher gibt es dort heute noch. Immer wieder veränderte­n die jeweiligen Eigentümer im Laufe der Zeit das Gebäude, bis 1854 Eduard Rosbach in den Besitz des einstigen Anwesens kam. Er war der Sohn einer Industriel­lenfamilie aus Barmen, die mit der Produktion von Talgseifen und -kerzen und mit dem Handel von Olivenöl reich geworden war.

Im Jahr 1854 heiratete er Bertha Marianne von Roth, die Tochter des damaligen Eigentümer­s von Haus Clee. Die beiden bekamen eine Tochter und einen Sohn, doch das Glück währte nur kurz: 1857 starb die junge Frau, gerade 26 Jahre alt. Eduard Rosbach sorgte dafür, dass sie im Familiengr­ab der von Roths auf dem Gelände von Haus Clee beigesetzt werden konnte.

Zwölf Jahre vergingen, das alte Schloss verfiel – bis Rosbach 1869/ 70 das alte Haus abbrechen und ein neues Schloss errichten ließ. Warum er das tat, darüber kann auch Schroers nur spekuliere­n. Vielleicht habe Rosbach „wie viele in der Gründerzei­t reich gewordene Mitglieder des Bürgertums durch Aneignung adeliger Wohn- und Lebensform­en seine Gleichwert­igkeit dokumentie­ren“wollen, schreibt er. Denn der Seifenfabr­ikant hatte zwar eine Adelige geheiratet, doch adelig war er selbst nicht. Die andere Möglichkei­t: „Vielleicht wollte Rosbach aber auch dem Andenken seiner Frau ein Denkmal setzen“, schreibt Schroers. Er hat die Pläne studiert, die der Architekt Edwin Oppler für die neue „Villa Rosbach auf Clee“machte, und sich die Aufteilung der Zimmer genau angesehen. Aus dem Grundriss geht hervor, dass der Seifenfabr­ikant und seine Tochter ihre Schlafzimm­er im ersten Obergescho­ss hatten, der Sohn hatte sein Zimmer im zweiten Obergescho­ss.

Ein Zimmer für die Ehefrau sieht der Plan nicht vor. Schroers folgert daraus: „Das bedeutet, dass Eduard Rosbach nach dem frühen Tod seiner Frau nicht mehr geheiratet hatte und das Haus genau auf die Bedürfniss­e seiner kleinen Familie abgestimmt war.“

Oppler gehörte damals zu den gefragtest­en Architekte­n in Deutschlan­d. 1870 machte er Pläne für die Villa Rosbach. Bis zum jahr 1873 wurde darangebau­t. Der Experte aus Hannover plante Rosbachs Märchensch­loss mit Türmchen und Zinnen – und lieferte die Entwürfe für Herd, Schränke und Stühle gleich dazu. Rosbach ließ ihm freie Hand. Ausstattun­gsgegenstä­nde sind nicht mehr erhalten, doch Karl-Heinz Schroers beschreibt, wie die Räume aussahen. Entwürfe veranschau­lichen, wie sich Oppler die Küche, das Buffet fürs „Morgenzimm­er“, den Küchenschr­ank und die Balkendeck­en vorstellte. Auch mit der Gestaltung des Geländes hat sich der Heimatfors­cher intensiv beschäftig­t.

So beschreibt er, wie Eduard Rosbach den Park anlegen ließ – mit exotischen Bäumen, die zum Teil heute noch dort stehen. Die Anlage des Parks besorgte der Königliche Gartendire­ktor Maximilian Friedrich Weyhe, der auch den Düsseldorf­er Hofgarten gestaltet hatte.

Architekt Oppler plante außerdem die Gärtnerei mit Pflanzenhä­usern, die auf der anderen Seite der heutigen Ungerather Straße errichtet wurden. Diese Gebäude stehen heute aber nicht mehr. Erhalten ge-

„Rosbach stimmte das Haus auf die Bedürfniss­e seiner kleinen Familie ab“

Karl-Heinz Schroers

Heimatfors­cher

blieben ist aber der Wasserturm. er wurde damals gebaut, um das Herrenhaus und die Gärtnerei zu versorgen.

Eduard Rosbach starb im Jahr 1885 an den Folgen eines Schlagan- falls. Sein Sohn Bartholomä­us verkaufte das Anwesen 1908 an den Kaufmann Ferdinand Bartels, und der verkaufte es drei Jahre später an Josef Kaiser. Der hatte eigene Vorstellun­gen von einem Landsitz, die Villa Rosbach auf Clee verschwand. Vom Märchensch­loss des Seifenfabr­ikanten sind nur der Wasserturm und die Grundstück­seinfriedu­ng mit ihren Torbögen und Pfosten geblieben.

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REPRO: BUSCH Die Villa Rosbach auf Clee glich einem Märchensch­loss mit Zinnen und Türmchen. Auch Entwürfe für Herd, Schränke und Stühle lieferte der Architekte­n Ewin Oppler.
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