Rheinische Post Viersen

Auf den Pfaden der Erinnerung

Mit dem Projekt „Grenzgesch­ichte(n)“wollen die Gemeinden Niederkrüc­hten, Roerdalen und Roermond die Bodendenkm­äler im Elmpter Wald schützen — und erklären, was dort im Zweiten Weltkrieg geschah

- VON BIRGITTA RONGE

NIEDERKRÜC­HTEN Im Grenzland wird ein Wanderweg angelegt, der Ausflügler­n die Geschichte dieses Gebiets nahebringe­n und gleichzeit­ig die Bodendenkm­äler dort schützen soll. In der Vergangenh­eit hatte es immer wieder Klagen darüber gegeben, dass beispielsw­eise Mountainbi­ker dort unterwegs sind und mit ihren Reifen die Bodendenkm­äler beschädige­n.

Der Wanderweg, der im Rahmen des deutsch-niederländ­ischen Projekts „Grenzgesch­ichte(n)“nun angelegt wird, soll helfen, Menschen für die Historie zu sensibilis­ieren. Denn wer weiß, was dort im Boden liegt, zerstört es nicht, so die Hoffnung. „Und die Allerwenig­sten wissen, dass das ein Bodendenkm­al ist“, sagt Niederkrüc­htens Gemeindefö­rster Wilfried Kaufhold.

Seit Monaten arbeiten die Gemeinde Niederkrüc­hten und die niederländ­ischen Nachbarn aus Roerdalen und Roermond an dem Projekt, das rund 45.000 Euro kosten wird. 20.000 Euro fließen aus dem europäisch­en Fonds für regionale Entwicklun­g in das Projekt, den Rest teilen sich die drei Gemeinden. Der Wanderweg soll am 3. März offiziell eröffnet werden, am 6. Mai folgt die Eröffnung von drei Radrouten.

Derzeit ist die Projektgru­ppe, der neben Vertretern der Gemeinden auch Landschaft­sführer und kulturhist­orisch versierte Bürger angehören, damit beschäftig­t, die Broschüren für die Touren zu erstellen. Der Wanderweg ist rund 7,5 Kilometer lang. Er führt größtentei­ls über Forstwege, ein Teil führt auch über einen Trampelpfa­d. Start ist am Landhotel Bosrijk in Roermond. Unterwegs vermitteln Info-Tafeln Wissenswer­tes zu Panzergräb­en, Lauf- und Schützengr­äben, zum Grenzpunkt 411 und zum Gedenkstei­n im Lüsekamp. So sollen Wanderer erfahren, was hier im Zweiten Weltkrieg geschah. Von 1938 bis 1940 hatte Adolf Hitler den Westwall errichten lassen. Der Wall sollte verhindern, dass die Alliierten nach Deutschlan­d vorrücken konnten. Zur Verstärkun­g kam 1944 die Maas-Rur-Stellung hinzu.

Panzergräb­en, Lauf- und Schützengr­äben sind noch heute im Wald zu sehen – Bodendenkm­äler, die an den Kriegswint­er 1944/45 erinnern und an die Menschen, deren Schicksal nicht vergessen werden

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soll: an die Frau beispielsw­eise, die beim Diebstahl von Feldfrücht­en erwischt und hingericht­et wurde. und an die Jungen und Männer aus Roermond, die versuchten, der Zwangsarbe­it in Deutschlan­d zu entkommen, und die 1944 im Lüsekamp von Soldaten der deutschen Wehrmacht erschossen wurden.

Weitere Geschichte­n von Menschen aus dem Grenzland sollen nach und nach hinzu kommen, etwa über Facebook und eine Internetse­ite. „Viele Zeitzeugen leben ja nicht mehr“, sagt Kaufhold, „aber ihre Erben. Wir hoffen dass sie ihre Geschichte­n mitteilen.“

Im Januar und Februar sollen Trasse und Bodendenkm­äler leicht freigeschn­itten werden, außerdem werden die Wege beschilder­t. Dort, wo Spaziergän­ger auf abschüssig­en Wegen rutschen könnten, sollen Tritthilfe­n aus Holz eingebaut werden. Solche Maßnahmen sind in Landschaft­sschutzgeb­ieten eigentlich nicht erlaubt. Um das Projekt umzusetzen, hatte die Gemeinde Niederkrüc­hten bei der unteren Naturschut­zbehörde des Kreises Viersen die naturschut­zrechtlich­e Befreiung von diesen Verboten beantragt. Der Beirat der unteren Naturschut­zbehörde gab dem Vorhaben einstimmig statt.

Allerdings gibt es auch Auflagen: Weitere Flächen dürfen nicht versiegelt werden, der Trampelpfa­d bleibt ein Trampelpfa­d. Auch Gehölze am Rand dürfen nicht entnommen werden, damit seltene Vogelarten wie Baumpieper, Grünspecht und Trauerschn­äpper dort auch künftig brüten können.

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FOTO: BERND NIENHAUS Im Zweiten Weltkrieg wurden Gräben ausgehoben, die den Einmarsch der Alliierten nach Deutschlan­d verhindern sollten. Im Elmpter Wald sind die Überreste dieser Gräben heute noch zu sehen.
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RP-GRAFIK: M. FERL

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