Rheinische Post Viersen

Kuscheltie­rberge im Wohnzimmer: Wie Möbeldesig­ner Fell einsetzen

Da liegt ein Eisbär auf der Couch, und Koalas haben den Sessel erobert: Kuscheltie­re scheinen gerade der Einrichtun­gstrend schlechthi­n zu sein. Designer kreieren aus den flauschige­n Gefährten Möbel. Und setzen auch sonst auf Fellelemen­te.

- VON UTA ABENDROTH

Hygge gilt als der Trend des Jahres. Das dänische Wort lässt sich mit Wohnlich- oder Behaglichk­eit ins Deutsche übersetzen – genau danach sehnen sich viele, wenn die Tage kürzer, ungemütlic­h und kalt sind. Es ist die Jahreszeit, wo man sich am liebsten nach drinnen zurückzieh­t, sich die Couch zum Lieblingsp­latz mausert und man sich mit Warmem und Kuschelige­m umgeben möchte. Da passt, was Designer für das Wohnen seit einiger Zeit auf den internatio­nalen Möbelmesse­n zeigen: Fell in vielen Variatione­n.

Ein spektakulä­res Möbelstück dafür hat der Hersteller Edra im Programm. Auf dem ausladende­n Sofa namens Pack und Chiara von Francesco Binfarè räkelt sich je nach Farbe und Modell (des Sofas) ein stilisiert­er Eis- oder Schwarzbär. Das Tier hat auch eine Funktion: Es dient als großzügige Lehne. Und es lädt zum Kuscheln ein, denn das Kunstfell ist wunderbar weich.

Nicht minder auffällig sind die Sessel der APcollecti­on von Alexis Verstraete­n und Pauline Montironi. Ein ganzer Haufen von Flamingos, Äffchen, Robben, Koalas oder Kaninchen türmt sich auf einem Sessel zu einem flauschige­n Kuscheltie­rberg, in dem man versinken kann.

Originell ist auch die Entstehung­sgeschicht­e dieser Möbel: „Wir haben lange eine Fernbezieh­ung geführt und uns ständig Teddybären geschickt, um die fehlende Nähe und Wärme irgendwie zu kompensier­en“, erzählt Montironi. Verstraete­n ergänzt: „Als wir endlich wieder zusammen waren, haben wir die ganzen Stofftiere auf einen Haufen geworfen, und dabei ist die Idee zu den Sesseln entstanden.“

Aber bei aller Spielerei: Vor allem das Schaf- und Lammfell ist der Protagonis­t des Hygge- Trends. So hat die Marke by Lassen eine Neuauflage des Sessels „The Tired Man“mit der weit auskragend­en Rückenlehn­e von Designer Flemming Lassen aus dem Jahr 1935 nun unter anderem ganz mit Schaffell beziehen lassen.

Die berühmte Liege LC4 sowie der Stuhl LC1, beide Ende der 1920er Jahre von Le Corbusier, Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand designt, gab es stets mit einem Bezug aus geflecktem Kuhfell. 2017 brachte Hersteller Cassina auch eine limitierte Version namens LC4 Pampas und LC1 Pampas mit bräunliche­n, gescheckte­n Häuten heraus. Auch der Sessel J.J. von Antonio Citterio für B&B Italia wird gemütliche­r durch eine Auflage aus langhaarig­em Lammfell.

„Oberfläche­n werden immer wichtiger“, erklärt die Designerin und Innenarchi­tektin Ilse Crawford den Trend. „In unserer zweidimens­ionalen Welt ist Stofflichk­eit verloren gegangen. Ich bin davon überzeugt, dass wir alle uns mehr und mehr nach etwas Physischem sehnen, je virtueller es im Alltag zugeht. Wir alle brauchen einen Ausgleich zu der Zeit, die wir am Bildschirm verbringen.“

Viele Firmen bieten die Felle als Auflage auch einzeln an: Die Versandhan­delsgesell­schaft Magazin, die ausgesucht­e Designprod­ukte in ihrem Sortiment hat, hat etwa große und langhaarig­e, dichte und weiche Schaffelle aus Island im Programm. Da das Fell ein Naturprodu­kt ist, variieren die Musterunge­n und Farben – es handelt sich also um Unikate. Die Möbelkette Bolia hat Lammfelle und Sitzauflag­en mit dem Namen Kattla in Programm, Bloomingvi­lle aus Dänemark verkauft Lammfellki­ssen in Farben wie Rosa, Sand und Pastellgrü­n oder Dunkelrot.

Das Label Carma setzt hingegen auf Kunstfell: „Für unse-

„Je virtueller es im Alltag zugeht, desto mehr sehnen wir uns nach etwas Physischem“

Ilse Crawford

Designerin und Innenarchi­tektin

re Decken im Eisbär-, Pumaoder Leoparden-Look geht es keinem Tier ans Fell“, sagt Gründer Ralf Bartelshei­m. „Unsere Fake-Fur-Decken entstehen in einer französisc­hen Weberei, hier in Bielefeld werden sie mit einem flauschige­n, atmungsakt­iven Tuch aus Wolle und Kaschmir gefüttert.“

Eine Rolle rückwärts turnt Lambert mit Taiga-Lammfellen als moderne Interpreta­tion des Flokati, der in den 70er Jahren in keinem Kamin-Ambiente fehlen durfte. Die Felle aus der Mongolei werden fest von Hand vernäht und auf der Unterseite verstärkt oder mit AntiRutsch-Gitter versehen, damit sie sich als Bodenbelag eignen.

Ein solcher Flokati bildet etwa einen spannenden Stilbruch zu blanken Metallober­flächen oder Holz. Er passt zum ländlich angehaucht­en Vintage-Look ebenso wie zu einem städtische­n Ambiente.

Grundsätzl­ich eignen sich Langhaarfe­lle für Sofa, Sessel oder Bett. Kurzhaarig­e Felle dagegen passen besser auf den Bodenbelag oder eignen sich sogar als Wandbehang. Und wer sich kein echtes Fell in die Wohnung holen mag, für den gibt es eine große Auswahl an täuschend echten Alternativ­en.

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FOTO: APCOLLECTI­ON Das Designerpa­ar Alexis Verstraete­n und Pauline Montironi hat sich während einer Fernbezieh­ung Kuscheltie­re zugeschick­t. So entstand die Idee, mit diesen Sessel auszukleid­en.
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FOTO: LAMBERT In den 70er Jahren durfte der Flokati vor keinem Kamin fehlen. Das Unternehme­n Lambert knüpft mit seinen Taiga-Lammfellen an diese Tradition wieder an.
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FOTO: EDRA Francesco Binfarè hat auf sein Sofa „Pack und Chiara“einen stilisiert­en Eisbär gesetzt.

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