Rheinische Post Viersen

Bädersanie­rung kostet Millionen

- VON JOCHEN SMETS

NIEDERKRÜC­HTEN Im Niederkrüc­htener Freibad ist die Zeit stehen geblieben. Das Bad ist 1967 eröffnet worden und könnte heute ohne weitere Requisiten als Kulisse für einen 60er-Jahre-Film herhalten. Die Umkleiden haben ein paar beengte Kabinen, in denen man sich auf nacktem Betonboden umzieht. Pro Umkleide gibt es exakt eine Warmwasser­dusche. Mutige Benutzer werden vorgewarnt: „Achtung! Fehlender Verbrühung­sschutz“, steht auf dem einem Hinweissch­ild.

Über derlei Unzulängli­chkeiten könnte man noch hinwegläch­eln – vielleicht mit dem Verweis, dass das antiquaris­che Äußere der FreibadGeb­äude ja auch einen gewissen Charme ausstrahlt. Beim Blick in die Technikräu­me gibt es aber nicht mehr viel zu lächeln: Die Chlordosie­ranlage ist veraltet und entspricht nicht mehr dem Stand der Technik. Derzeit wird die Dosierung der Chlorierun­g von Hand per pHIndikato­renstreife­n bestimmt, erklärte Hermann Derix vom Bauamt der Gemeinde. Die Installati­onen der Filter- und Umwälzanla­gen sind fast alle korrodiert und undicht. Die Absperr-Armaturen lassen sich größtentei­ls nicht mehr bewegen. Die völlig veraltete Filtertech­nik bringt eine Filterleis­tung von gerade mal 140 Kubikmeter Wasser pro Stunde. Vorgeschri­eben für ein Becken dieser Größe wäre eine Filterkapa­zität von 500 Kubikmeter pro Stunde, sagte Joachim Cieslok vom Aachener Ingenieurb­üro Inco, das auf die Sanierung von Bädern spezialisi­ert ist. Obendrein sind die Technikräu­me feucht. Teils liegen Betonstähl­e frei, fallen Putz und Anstrich von Decken und Wänden.

Das Schwimmbec­ken selbst ist nicht mehr eben, die Anschlussl­eitungen der Rinne sind zu klein. Die Beckenwass­erdurchstr­ömung ist unzureiche­nd – was dazu führt, dass das eingebrach­te Chlor gar nicht alle Bereiche des Schwimmbad­es erreicht. Die Fugen des Fliesenbel­ags sind verbraucht, tief abgetragen und rau. Hygienepro­bleme sind die Folge. „Eine Sanierung ist zwingend notwendig, wenn man nicht das Risiko einer Schließung des Bades durch verkeimte Beckenwass­erproben in Kauf nehmen will“, urteilt Experte Cieslok.

Der Kostenaufw­and für die Sanierung ist enorm, wie die Verwaltung im Ausschuss darlegte. Für kurzfristi­ge Maßnahmen, die vor einer Wiedereröf­fnung des Freibades im kommenden Frühjahr zwingend erforderli­ch sind, wären mindestens 134.000 Euro fällig. Unter anderem ist darin eine Übergangsl­ösung zum Ersatz der veralteten Sanitäranl­agen enthalten: So sollen Dusch- und WC-Container aufgestell­t werden.

Nach Einschätzu­ng von Cieslok könne sich die Gemeinde mit Zwischenlö­sungen und Improvisat­ionen noch über die nächsten ein bis zwei Jahre retten. „Aber Sie kommen um eine Komplettsa­nierung nicht herum“, so das Fazit. Das würde dann richtig teuer: Knapp eineinhalb Millionen Euro würde allein ein neues Becken samt entspreche­nder Anschlussl­eitungen und Elektroins­tallatione­n kosten.

Cieslok empfahl, das vorhandene Becken komplett mit einer Edelstahl-Auskleidun­g zu versehen. Rund 650.000 Euro wären für eine Erneuerung der Beckenwass­ertechnik mit moderner Chlordosie­rung, Filter- und Umwälzanla­gen zu veranschla­gen. Die Maßnahmen, die erforderli­ch wären, um einen dauerhaft sicheren Betrieb zu gewährleis­ten, würden zusammen rund 2,2 Millionen Euro kosten. Zuzüglich der unumgängli­chen kurzfristi­gen Maßnahmen würde die Freibadsan­ierung also 2,34 Millionen Euro verschling­en. Wohlgemerk­t: Dies sind Kosten für rein technische Maßnahmen. Weitere Investitio­nen in Bausubstan­z, Komfort und Infrastruk­tur sind nicht berücksich­tigt.

Nicht viel besser ist die Situation im Elmpter Hallenbad, das der Bauausschu­ss vor drei Wochen besichtigt­e. Auch dieses Bad ist in einem völlig maroden Zustand und daher für die Wintersais­on geschlosse­n. Hier liegt der Sanierungs­aufwand bei knapp 420.000 Euro.

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RP-ARCHIV: KNAPPE Ob das Niederkrüc­htener Freibad im kommenden Sommer wieder öffnet, ist unklar. Die Bad-Technik und die Sanitäranl­agen sind völlig veraltet.

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