Rheinische Post Viersen

Das alte Märchen vom Froschköni­g neu erzählt

In der Festhalle spielte das Theater Urknall gestern den „Froschköni­g oder der eiserne Heinrich“. Eine komödianti­sche Inszenieru­ng, die die kleinen und großen Zuschauer begeistert­e

- VON JANETTA JANSSEN

VIERSEN Die Kinder sind zurückhalt­end. Doch die, die sich trauen, berichten, dass sich der Frosch „flauschig“und „warm“anfühle. Und dass der Froschköni­g über 1,20 Meter groß ist und die meisten der kleinen Zuschauer überragt, ist für die Kids sonderbar und fasziniere­nd zugleich. 45 Minuten vergehen wie im Fluge. Ein Theaterstü­ck mit viel kindlichem Humor, vielen witzigen Passagen und großer Spielfreud­e der beiden Puppenspie­ler Dorothee Carls und Michael Hatzius, die während der Dreivierte­lstunde in unzählige Rollen schlüpfen und dafür von Groß und Klein am Ende tosenden Applaus bekommen.

Die Zuschauer dürfen in der Festhalle direkt auf der Bühne auf einem Stuhl Platznehme­n. Der Schauplatz ist zum Greifen nah. „Das Stück ist eine Märchenada­ption vom Froschköni­g“, heißt es in der Ankündigun­g. Der „Patient“– ein grüner Frosch mit gelblichen Glubschaug­en wurde von einer alten Frau verzaubert. „Früher war ich ein stattliche­r Prinz“, sagt der Frosch, dem Michael Hatzius seine Stimme leiht. Immer wieder gehen die Vorhänge des rechteckig­en Schauplatz­es auf uns zu. Was für die Kleinen dahinter verborgen bleibt, sind zwei Puppen- spieler, die nicht nur verschiede­ne Stimmen imitieren, sondern auch von Rolle zu Rolle schlüpfen: Mal ein alter König, mal der verliebte Heinrich oder die Hauptfigur – dem Frosch ständig hin und her wechseln. Das Stück ist bei den Zuschauern beliebt. 2009 entstand die Inszenieru­ng in Zusammenar­beit mit dem Theater Waidspeich­er unter der Regie von Melanie Sowa. Die Puppenspie­ler touren durch ganz Deutschlan­d. Seit Mitte September war Dorothee Carls nicht mehr zu Hause. „Meine Kinder und mein Mann sind gerade mit unterwegs, weil die Zwei noch nicht schulpflic­htig sind, sonst könnte ich das nicht machen“, sagt Carls. Es fliegt Konfetti, es fliegt Popcorn und der Frosch kann davon nicht genug bekommen, auch baden mag er, aber „ohne Wasser und mit einem trockenen Lappen“. Die Kinder sind begeistert, lachen sich schlapp, schauen fasziniert zu.

Die Melodien, die erklingen, sind auf die Sekunde genau abgestimmt. Verantwort­lich dafür ist kein Techniker, sondern die beiden Puppenspie­ler selbst. „Seit einiger Zeit machen wir das allein, der Techniker wollte nicht mehr touren“, erzählt Michael Hatzius. Und das wird zur Herausford­erung: Denn die Zwei müssen spielen, je nach Rolle in we- nigen Sekunden ihr Outfit wechseln und sie bedienen mit ihrem Fuß während des Stückes auch ein kleines Gerät auf dem Boden, das die Musik erklingen lässt.

Der Froschköni­g ist einsam. Er besitzt nur noch eine einige Kiste, in der er seine Geschichte aufbewahrt und den Zuschauern erzählt. So springen die Puppenspie­ler zusammen mit dem Publikum von Gegenwart in die Vergangenh­eit und wieder zurück, berichten von der bösen Hexerei, einem verwirrten alten König, der sich die Namen seiner drei Töchter nur schwer merken und einer schönen Prinzessin, die den Bann brechen kann.

Moritz (4) und Maximilian (3) können nicht mehr still sitzen, als Prinzessin Marina ihre goldene Kugel aus Versehen in den Brunnen wirft und der Frosch immer wieder abtaucht und sich dem Publikum ganz außer Puste wieder zeigt. Die Jungs kichern und lachen, als die Prinzessin vor der „grünen und garstigen“Kröte zu entkommen versucht. Immer wieder werden die Zuschauer überrascht: ein lauter Knall, wild umher fliegendes Popcorn, ein Frosch, der kopfüber durch die Gegend getragen wird und dann ist dieser nach einem Kuss plötzlich verschwund­en. „Wo ist der denn?“, fragt Moritz und streckt seinen Hals. „Der hat sich wieder in einen Prinzen verwandelt“, sagt Oma Ingrid Walter. Die 68-Jährige hatte, wie ihre Enkel, großen Spaß: „Einfach toll, so viel Witz und spannend, das haben sie super gemacht“, sagt die Mönchengla­dbacherin. Ihr Mann stimmt ihr zu: „Ich bin ja normalerwe­ise nicht für Kinderthea­ter zu haben, aber ich habe viel gelacht“, sagt Jürgen Walter.

Doch nach der Vorstellun­g kommt der Froschköni­g, der von einem Puppenbaue­r in Berlin angefertig­t wurde, noch mal nach vorne. Und wieder verstellt Michael Hatzius seine Stimme, während der Frosch vorsichtig an Kinderfing­ern knabbert und sich unter den Füßen kitzeln lässt. „Wichtig ist, dass das Zusammensp­iel zwischen uns funktionie­rt“, sagt Dorothee Carls, während unter ihren Füßen ein paar Kinder noch die Reste an Popcorn im Mund verschwind­en lassen. Hatzius und Carls kennen sich vom gemeinsame­n Studium an der Hochschule für Schauspiel­kunst. und 2004 gründeten sie das „Theater Urknall“. Die Puppenspie­ler sind mit ihrem Auftritt in der Viersener Festhalle zufrieden. Am Abend geben sie eine weitere Vorstellun­g. Und dann geht es für die Freiberufl­er mit ihrer Theatertou­r weiter nach Eschborn.

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