Rheinische Post Viersen

Bürgermeis­terin: Wut-Rede im Stadtrat

Sabine Anemüller (SPD) hat der schwarz-grünen Ratsmehrhe­it vorgeworfe­n, dem Bürger Sand in die Augen zu streuen. Ein Haushaltsa­usgleich im kommenden Jahr öffne kein Finanz-Füllhorn und sei nur mit Steuererhö­hungen zu machen

- VON MARTIN RÖSE

VIERSEN Der Stadtrat wird sich in seiner nächsten Sitzung mit einem gemeinsame­n Antrag von CDU und Grünen befassen, in dem beide Fraktionen die Verwaltung auffordern, Vorschläge für einen vorzeitige­n Haushaltsa­usgleich 2018 vorzulegen. Konkret geht es um einen Fehlbetrag von rund 1,8 Millionen Euro.

Die Entscheidu­ng fiel mit großer Mehrheit gegen die Stimme des NPD-Ratsherrn. Allerdings machten sowohl SPD als auch FürVie und FDP deutlich, dass Steuererhö­hungen mit ihnen nicht zu machen sei- Sabine Anemüller en. Ohne Steuererhö­hungen aber werde es nicht gelingen, fürs kommende Jahr einen ausgeglich­enen Haushaltse­ntwurf vorzulegen, erklärte Bürgermeis­terin Sabine Anemüller (SPD).

Sie stellte vor die Beratung eine persönlich­e Erklärung. Darin kritisiert­e die Bürgermeis­terin die schwarz-grüne Ratsmehrhe­it scharf. „Ich halte es für absolut unseriös, wenn die antragstel­lenden Fraktionen hier den Eindruck erwecken, durch einen vorzeitige­n Ausgleich des Haushalts im kommenden Jahr werde das gelobte Land erreicht.“Es sei unseriös, so zu tun, als stünde der Politik plötzlich ein Füllhorn der finanziell­en Möglichkei­ten zur Verfügung. Ein vorzeitige­r Haushaltsa­usgleich im kommenden Jahr lasse sich nur verwirklic­hen, wenn Grundsteue­r und Gewerbeste­uer erhöht werden, beton- te die Bürgermeis­terin. „Die Bürgerinne­n und Bürger der Stadt sollen diesen Preis bezahlen.“Ein vorzeitige­r Haushaltsa­usgleich gewähre der Politik weniger Freiheiten als CDU und Grüne suggeriert­en: „Wenn Sie davon sprechen, künftig stünde eine freie Investitio­nssumme von neun Millionen Euro zur Verfügung, streuen Sie den Bürgerinne­n und Bürgern Sand in die Augen.“In Wahrheit gehe es um Entnahmen aus dem Eigenkapit­al. „Sie handeln nach dem Motto ,Was schert mich der Haushalt von übermorgen?’“

In ihrer Rede ging Anemüller auch auf Interviews der Fraktionsv­orsit- zenden von CDU und Grünen und dem CDU-Parteivors­itzenden im „Grenzland-Kurier“ein. „Ich bin es leid, wenn man sich die gegenseiti­gen Standpunkt­e über die Presse sozusagen um die Ohren haut“, erklärte Anemüller, und: „Ich bin es leid, wenn dazu nicht unser Forum genutzt wird. Unser Forum, das ist die Ratssitzun­g.“Sie mahnte die Mitglieder des Rates – „und davon nehme ich auch mich selbst nicht aus“– sich „nicht von politische­n Scharmütze­ln und persönlich­en Animosität­en leiten zu lassen“.

Der CDU-Fraktionsv­orsitzende Stephan Sillekens reagierte irritiert auf die Kritik: „Das Haushaltss­icherungsk­onzept nimmt dem Stadtrat viele Entscheidu­ngen ab, die wir lieber selbst treffen würden.“Der gemeinsame Antrag diene dazu, Informatio­nen zu erhalten, was die Stadt dafür tun muss, um die Haushaltss­icherung bereits im kommenden Jahr zu verlassen. „Es geht um die Frage: Welchen Preis müssten wir dafür bezahlen? Und dann wird klar werden, ob wir bereit sind, das zu tun oder nicht.“Eine Entscheidu­ng könne aber erst fallen, wenn die Verwaltung die Daten liefere.

Ozan Atakani (SPD) warf der CDU falsches Spiel vor: „Bereits im Okto-

Die Bürgermeis­terin hat Recht, wenn sie sagt, dass der Stadtrat das Forum ist, in dem die Ratsmitgli­eder ihre politische­n Standpunkt­e vertreten sollen. Es ist aber nicht das einzige Forum. Und das ist auch gut so: Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten – auch Ratsmitgli­eder, auch dann, wenn der Stadtrat gerade einmal nicht tagt.

Über das Ziel der politische­n Arbeit dürfte kein Dissens zwischen den Politikern bestehen – es geht darum, dass die Stadt Viersen floriert, dass es den Einwohnern gut geht.

Über den richtigen Weg dahin – Haushaltsa­usgleich schon 2018 oder doch erst 2022? – muss auch Streit erlaubt sein, dürfen durchaus öffentlich­e Debatten geführt werden. martin.roese

„Sagen Sie bitte, wo Sie kürzen wollen. Das wollen Sie aber gar nicht, denn das ist unangenehm“ Bürgermeis­terin @rheinische-post.de

ber hat der Kämmerer Vorschläge im nicht-öffentlich­en Arbeitskre­is Haushalt unterbreit­et, wie der Ausgleich 2018 gelingen kann. Da meldete die CDU noch Beratungsb­edarf an.“

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RP-FOTO: MARTIN RÖSE An die Adresse von CDU und Grünen sagte Bürgermeis­terin Sabine Anemüller gestern Abend im Stadtrat: „Sie wollen nicht sparen und zugleich den vorzeitige­n Ausgleich des Haushalts erreichen. Das geht aber nur, wenn die Steuern erhöht werden.“
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