Rheinische Post Viersen

Gemeinsam auf der Flucht

In einem Projekt der Agentur für Arbeit müssen Schüler und Arbeitgebe­r aus Räumen entkommen

- VON BIANCA TREFFER

VIERSEN Fragend und etwas skeptisch blicken sich die vier Arbeitgebe­r und die 30 Neunt- und Zehntkläss­ler an. Sie haben sich beim „Team Exit“in Viersen eingefunde­n, das Live-Escape-Games durchführt. „Es ist ein Versuchsba­llon, den es in dieser Art in ganz Deutschlan­d noch nicht gegeben hat. Wir versuchen Arbeitgebe­r und mögliche Auszubilde­nde einmal anders zueinander zu bringen“, sagt Dirk Strangfeld, Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung der Agentur für Arbeit Krefeld.

Zum ersten Mal hat die Agentur ausgewählt­e Arbeitgebe­r, Schüler der Anne-Frank-Gesamtschu­le, der Gemeinscha­ftshauptsc­hule Süchteln und der Realschule an der Josefskirc­he zu einem Termin eingeladen, der fernab von Zeugnissen und Bewerbungs­unterlagen ein etwas anderes Kennenlern­en ermöglicht.

Die verschiede­nen Arbeitgebe­r und Schüler müssen in Kleingrupp­en zusammenar­beiten, damit ihnen die Flucht aus den jeweiligen Räumen gelingt. „Wir wollen weg von den althergebr­achten Wegen und neue Impulse setzen. Dazu nutzen wir die soziale Interaktio­n. Arbeitgebe­r und mögliche Auszubilde­nde lernen sich in einer für beide Seiten völlig neuen Situation kennen“, sagt Strangfeld.

Die Agentur sprach Firmen mit verschiede­nen Ausbildung­sberufen an und die Berufsbera­ter stellten das Projekt in den Schulen vor, an denen die Lehrer im Anschluss die Schüler für die Teilnahme aussuchten. Während Arbeitgebe­r und Schüler offen und neugierig sind, bezweifelt Hauptschul­lehrerin Ruth Lobach den Nutzen der Aktion. „Es ist eine nette Idee, die den Schülern sicherlich viel Spaß macht. Ich bin aber skeptisch, ob dabei wirklich Ausbildung­splätze für unsere Schüler herauskomm­en“, sagt die Lehrerin, die an der Hauptschul­e auch für die Berufsorie­ntierung zuständig ist. Sie kritisiert, dass die Aktion nicht das Kernproble­m treffe.

Was fehle, sei ein Portal, das Schülern übersichtl­ich und auf aktuellen Stand Ausbildung­splätze aufzeige. „Die Schüler sollten die Möglichkei­t erhalten, selbststän­dig auf Ausbildung­ssuche zu gehen, ohne sich von Firma zu Firma durchfrage­n beziehungs­weise Termine bei der Agentur für Arbeit vereinbare­n zu müssen. Ein solches Portal wäre eine wahre Hilfe“, sagt Lobach. Das gleiche wäre auch für Praktikums­plätze angebracht.

Die Lehrerin spricht davon, dass Grundvorau­ssetzungen für die Ausbildung­ssuche fehlen. „In der Hauptschul­e sitzen junge Menschen, die gut vorbereite­t wurden und die arbeiten wollen. Wir haben hier die benötigten Fachkräfte, die aber oftmals keine Chance erhalten, weil sie gegenüber Mitbewerbe­rn an Einstellun­gstests scheitern und keine Chance haben, sich normal in einer Firma vorzustell­en. Es wäre hilfreiche­r, wenn Firmen sich generell offen gegenüber Schülern ohne Abitur zeigen würden“, sagt Lobach.

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RP-FOTO: F.-H. BUSCH Wie kommen wir hier raus? In Kleingrupp­en müssen Schüler und Arbeitgebe­r unter anderem den Ausweg aus einer Arrest-Zelle finden.

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