Rheinische Post Viersen

Ein Kunstraum mitten in Viersen

Architekt Bernhard Pfau baute das Düsseldorf­er Schauspiel­haus, er entwarf auch das Haus des Kaffeegroß­händlers Kaiser in Viersen. Gerda-Marie Voß kauft es 2011. Seitdem füllt sie es mit Leben und mit moderner Kunst

- VON SABINE JANSSEN

VIERSEN Wer eine Villa mit Türmchen und Erkern sucht, ist an der falschen Adresse. Im Dämmerlich­t läuft man schnell an dem schlichten Backsteinb­au vorbei, der sich nahtlos in die Häuserzeil­e an der Viersener Burgstraße einreiht. Die Villa V wirkt unscheinba­r – auf den ersten Blick. Das geradlinig­e, schlichte Gebäude an der Burgstraße fügt sich in seine Umgebung ein. Genau das ist es, was Bauhaus-Architekte­n wollen: das Verschmelz­en von Innen und Außen.

Der Düsseldorf­er Architekt Bernhard Pfau hat das Gebäude in den 1930er-Jahren für den Kaffeegroß­händler Walter Kaiser und seine Familie entworfen und gebaut. Heute gehört es Gerda-Maria Voß, Diplom-Ingenieuri­n der Fachrichtu­ng Innenarchi­tektur. 2011 kaufte die gebürtige Mönchengla­dbacherin das Haus und erfüllte sich damit ei- bung einpasst und die Kunst nur in Harmonie mit dem Raum wirkt.

Ursprüngli­ch war die Villa V – damals noch Haus Kaiser – als Wohnhaus für die Familie Kaiser konzipiert worden. „In den 1920erJahr­en zählte der Architekt Bernhard Pfau zu den Freigeiste­rn. Er dachte avantgardi­stisch und verzichtet­e auf einen Vorgarten“, erklärt Voß. Auch Unternehme­rsohn Walter Kaiser (Kaiser’s Kaffee) sei ein modern denkender Mensch gewesen. Er wählte den Düsseldorf­er Architekte­n Pfau, damit dieser ein repräsenta­tives Wohnhaus für die Kaiser-Familie in Viersen baute. Bis 1952 noch war Haus Kaiser freistehen­d, danach wurden die Baulücken geschlosse­n.

So wie die Familie Kaiser hat auch Voß die Villa zu ihrem Wohnsitz ge- macht. Sie lebt mit ihrem Mops Frida und Gästen in den klaren, lichten Räumen.

Nichts in der Villa V wirkt zugestellt, die Skulpturen, Bilder und Editionen verschiede­ner Künstler sind exakt platziert, damit sie Raum haben und wirken.

Georg Ettl ist in den Räumen allgegenwä­rtig: In der Eingangsha­lle empfängt der auf einem Betonklotz angebracht­e goldene Pudel die Besucher. Ettls typisierte Figuren – Frauen, Männer und knieende Pferde – bevölkern die Zimmer.

Voß war mit Georg Ettl befreundet. „Uns verband eine Freundscha­ft. Wir sahen uns nicht oft, aber über die Jahre immer wieder“, erzählt sie. Sie besuchte ihn auch in den letzten Jahren in Viersen, als der Kunstprofe­ssor bereits schwer er- krankt war. Bei einem Spaziergan­g mit ihm im Rollstuhl entdeckte sie auch die künftige Villa V. Gemeinsam mit Ettls Tochter verwaltet sie heute den Nachlass.

Trotz des Ettl-Schwerpunk­ts ist Voß ständig auf der Suche nach neuen Künstlern und Objekten für ihre Villa V. „Ich bin da nicht festgelegt. Mir ist wichtig, dass sie den Raum bespielen“, sagt die Eigentümer­in der Villa. So wie der „Engel der Geschichte“. Die Plastik von Eva Koethen besteht aus Fundstücke­n und ist an einem Mauervorsp­rung im Salon so angebracht, dass man den Eindruck gewinnt, die Engelschwi­ngen bewegten sich zum Fenster hinaus in den Garten.

Bei aller Kunstliebh­aberei hat Voß nicht das Gefühl, in einem Museum zu leben. „Ich lebe mit der Kunst sehr normal. Es soll doch keine Qual sein. Ich habe Achtung vor ihr, aber keine Hochachtun­g. Außerdem muss ich das Haus bewirtscha­ften“, erklärt sie. Ihre drei Gästezimme­r in der denkmalges­chützten Villa sind regelmäßig ausgebucht, und sie vermietet die Räume für Tagungen und Feiern. Darüber hinaus lädt sie selbst zu Kulturkabi­netten und Ausstellun­gen ein.

Das Ästhetisch­e verbindet Voß gern mit dem Handwerkli­chen, es soll einen Nutzen haben. Da ist sie immer wieder: die Philosophi­e des Bauhaus. Etwa, wenn sie mit der Künstlerin Julie Legouez eine Edition für die Villa V erarbeitet. Herausgeko­mmen sind dabei weiße Kaffeebech­er mit der schnörkell­osen Aufschrift „Ich bin in Viersen geboren“.

 ?? RP-FOTO: FRANZ-HEINRICH BUSCH ?? Die Eigentümer­in der Villa V, Gerda-Marie Voß, in ihrem Arbeitszim­mer an der Burgstraße 4 in Viersen. Voß war mit Georg Ettl befreundet, seine Skulpturen – Männer, Frauen und knieende Pferde – bevölkern Haus und Garten. Mit Ettls Tochter vrewaltet Voß...
RP-FOTO: FRANZ-HEINRICH BUSCH Die Eigentümer­in der Villa V, Gerda-Marie Voß, in ihrem Arbeitszim­mer an der Burgstraße 4 in Viersen. Voß war mit Georg Ettl befreundet, seine Skulpturen – Männer, Frauen und knieende Pferde – bevölkern Haus und Garten. Mit Ettls Tochter vrewaltet Voß...
 ?? RP-ARCHIV: BUSCH ?? Von außen fügt sich die Villa V mit seiner geradlinig­en Fassade harmonisch in die Umgebung ein. Sie wurde einst für die Familie Kaiser entworfen.
RP-ARCHIV: BUSCH Von außen fügt sich die Villa V mit seiner geradlinig­en Fassade harmonisch in die Umgebung ein. Sie wurde einst für die Familie Kaiser entworfen.
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RP-FOTO: BUSCH In der Eingangsha­lle begrüßt ein goldener Pudel die Besucher.

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