NRW-Schulen brauchen Milliarden
Der Sanierungsstau in Gebäuden nimmt dramatische Ausmaße an, weil Kommunen jahrelang zu wenig investiert haben. Kämmerer der Region sehen großen Bedarf bei Brandschutz, Toiletten und Dächern.
DÜSSELDORF Bei der Sanierung von Schulgebäuden sind Städte und Gemeinden in NRW mit vielen Milliarden Euro im Rückstand. Allein in der Region müsste einer Umfrage unserer Lokalredaktionen zufolge nach Angaben der Kämmerer in den nächsten Jahren rund eine Milliarde Euro investiert werden. Für NRW schätzen Experten wie Stephan Brand von der Forschungsabteilung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) den Investitionsbedarf auf etwa acht Milliarden Euro, deutschlandweit sind es 33 Milliarden Euro.
„Gut ausgestattete und moderne Schulgebäude sind Aufgabe der Schulträger, aber auch das Land sieht hier Handlungsbedarf“, sagt Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Die Landesregierung lasse die Schulen und Kommunen nicht allein, deshalb würden Bund und Land in den nächsten Jahren mehrere Milliarden Euro zur Verfügung stellen, die zur Schulsanierung genutzt werden könnten.
Ökonomen sehen einen Zusammenhang zwischen Bildungsinves- titionen und der zukünftigen Stärke einer Volkswirtschaft. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um ein rohstoffarmes Land wie Deutschland handelt, das auf die Ressource Wissen angewiesen ist.
Das Problem verfallender Schulen ist zwar seit Langem bekannt. Insbesondere finanzschwachen Kommunen fällt es aber schwer, die Mittel aufzubringen. In den Jamaika-Sondierungsgesprächen wurde auch über eine Abschaffung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern diskutiert, um Bundesmittel einsetzen zu können.
Trotz des hohen Bedarfs geben Kommunen im Vergleich immer weniger Geld für ihre Schulen aus: Die Investitionen in Gebäude machten 2015 der KfW zufolge nur noch rund 25 Prozent der Gesamtausgaben für allgemeinbildende und berufliche Schulen aus. 20 Jahre zuvor waren es noch 45 Prozent. Auch im internationalen Vergleich investiert Deutschland unterdurchschnittlich viel in seine Bildungseinrichtungen. Zudem variieren die Investitionen stark zwischen den Bundesländern und Regionen. Besonders hohen Bedarf im Verhältnis zur Einwohnerzahl melden die Kämmerer von Hückeswagen mit 20 bis 25 Millionen Euro, von Ratingen mit rund 28 Millionen Euro und von Krefeld mit 100 Millionen Euro. Hier müssen Schüler einer Gesamtschule sogar auf andere Bauten sowie auf Wohncontainer verteilt werden, weil das Betongebäude einsturzgefährdet ist. Dringend notwendig sind nach Angaben vieler Kämmerer vor allem Investitionen in den Brandschutz wie etwa Notbeleuchtungen, aber auch Sanierungen von Dächern, Fenstern, Heizungen oder Toiletten.
Eine moderne Ausstattung hat laut KfW-Studie nachweisbaren Einfluss auf den Bildungserfolg: „So ließ sich beispielsweise ein besseres Abschneiden der Schüler bei Tests und sinkende Fehlzeiten von Schülern und Lehrern beobachten, wenn sich die Qualität der Schulgebäude oder -räume verbesserte.“Auch weisen jene Industrieländer, die im Pisa-Schülerleistungsvergleich vor Deutschland liegen, höhere Bildungsausgaben auf.
Die Forscher rechnen allerdings damit, dass der Investitionsstau nicht weiter zunimmt. In NRW trägt dazu das Programm „Gute Schule 2020“bei, auf das auch viele der befragten Kommunen zurückgegriffen haben. Beim Abrufen der Gelder gebe es aber Probleme, meint Schulministerin Gebauer. „Der Mittelabfluss ist leider noch nicht so, wie ich mir das vorstelle, aber ich setze darauf, dass sich das in den kommenden Monaten noch steigert.“