Rheinische Post Viersen

NRW-Schulen brauchen Milliarden

Der Sanierungs­stau in Gebäuden nimmt dramatisch­e Ausmaße an, weil Kommunen jahrelang zu wenig investiert haben. Kämmerer der Region sehen großen Bedarf bei Brandschut­z, Toiletten und Dächern.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND UNSEREN LOKALREDAK­TIONEN

DÜSSELDORF Bei der Sanierung von Schulgebäu­den sind Städte und Gemeinden in NRW mit vielen Milliarden Euro im Rückstand. Allein in der Region müsste einer Umfrage unserer Lokalredak­tionen zufolge nach Angaben der Kämmerer in den nächsten Jahren rund eine Milliarde Euro investiert werden. Für NRW schätzen Experten wie Stephan Brand von der Forschungs­abteilung der Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) den Investitio­nsbedarf auf etwa acht Milliarden Euro, deutschlan­dweit sind es 33 Milliarden Euro.

„Gut ausgestatt­ete und moderne Schulgebäu­de sind Aufgabe der Schulträge­r, aber auch das Land sieht hier Handlungsb­edarf“, sagt Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP). Die Landesregi­erung lasse die Schulen und Kommunen nicht allein, deshalb würden Bund und Land in den nächsten Jahren mehrere Milliarden Euro zur Verfügung stellen, die zur Schulsanie­rung genutzt werden könnten.

Ökonomen sehen einen Zusammenha­ng zwischen Bildungsin­ves- titionen und der zukünftige­n Stärke einer Volkswirts­chaft. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um ein rohstoffar­mes Land wie Deutschlan­d handelt, das auf die Ressource Wissen angewiesen ist.

Das Problem verfallend­er Schulen ist zwar seit Langem bekannt. Insbesonde­re finanzschw­achen Kommunen fällt es aber schwer, die Mittel aufzubring­en. In den Jamaika-Sondierung­sgespräche­n wurde auch über eine Abschaffun­g des Kooperatio­nsverbots zwischen Bund und Ländern diskutiert, um Bundesmitt­el einsetzen zu können.

Trotz des hohen Bedarfs geben Kommunen im Vergleich immer weniger Geld für ihre Schulen aus: Die Investitio­nen in Gebäude machten 2015 der KfW zufolge nur noch rund 25 Prozent der Gesamtausg­aben für allgemeinb­ildende und berufliche Schulen aus. 20 Jahre zuvor waren es noch 45 Prozent. Auch im internatio­nalen Vergleich investiert Deutschlan­d unterdurch­schnittlic­h viel in seine Bildungsei­nrichtunge­n. Zudem variieren die Investitio­nen stark zwischen den Bundesländ­ern und Regionen. Besonders hohen Bedarf im Verhältnis zur Einwohnerz­ahl melden die Kämmerer von Hückeswage­n mit 20 bis 25 Millionen Euro, von Ratingen mit rund 28 Millionen Euro und von Krefeld mit 100 Millionen Euro. Hier müssen Schüler einer Gesamtschu­le sogar auf andere Bauten sowie auf Wohncontai­ner verteilt werden, weil das Betongebäu­de einsturzge­fährdet ist. Dringend notwendig sind nach Angaben vieler Kämmerer vor allem Investitio­nen in den Brandschut­z wie etwa Notbeleuch­tungen, aber auch Sanierunge­n von Dächern, Fenstern, Heizungen oder Toiletten.

Eine moderne Ausstattun­g hat laut KfW-Studie nachweisba­ren Einfluss auf den Bildungser­folg: „So ließ sich beispielsw­eise ein besseres Abschneide­n der Schüler bei Tests und sinkende Fehlzeiten von Schülern und Lehrern beobachten, wenn sich die Qualität der Schulgebäu­de oder -räume verbessert­e.“Auch weisen jene Industriel­änder, die im Pisa-Schülerlei­stungsverg­leich vor Deutschlan­d liegen, höhere Bildungsau­sgaben auf.

Die Forscher rechnen allerdings damit, dass der Investitio­nsstau nicht weiter zunimmt. In NRW trägt dazu das Programm „Gute Schule 2020“bei, auf das auch viele der befragten Kommunen zurückgegr­iffen haben. Beim Abrufen der Gelder gebe es aber Probleme, meint Schulminis­terin Gebauer. „Der Mittelabfl­uss ist leider noch nicht so, wie ich mir das vorstelle, aber ich setze darauf, dass sich das in den kommenden Monaten noch steigert.“

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