Rheinische Post Viersen

Lindner: „Erst die Haltung, dann die Dienstwage­n“

Der FDP-Chef verteidigt den Abbruch der Sondierung­sgespräche und platziert einen Seitenhieb gegen NRW-Ministerpr­äsident Laschet.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

NEUSS Der FDP-Vorsitzend­e Christian Lindner hat die Entscheidu­ng zum Abbruch der Sondierung­sgespräche in Berlin auf dem außerorden­tlichen Parteitag in NRW verteidigt. „Erst muss die Haltung stimmen, dann die Dienstwage­n“, sagte Lindner am Samstag vor rund 400 Delegierte­n. Die Gemeinsamk­eiten von Union, Grünen und FDP hätten nicht ausgereich­t, um über vier Jahre eine tragfähige Regierung zu stellen. Anders als einige behauptete­n, habe es keine Annäherung in den Gesprächen gegeben, sondern am Ende sogar wieder eine Entfernung.

Joachim Stamp, stellvertr­etender NRW-Ministerpr­äsident und Familienmi­nister, wurde am Samstag mit 92,8 Prozent der Stimmen zu Lindners Nachfolger an der Spitze der NRW-FDP gewählt. Der 47-jährige Bonner ist Vater zweier Töchter und betreute sie eine Weile in Elternzeit.

In seiner knapp 45-minütigen Abschiedsr­ede ging Lindner noch einmal auf die Gründe für den Abbruch der Jamaika-Gespräche ein: „Es fällt schwer, mich für einen einzelnen Punkt zu entscheide­n – es hat eben nicht funktionie­rt.“Lindner platzierte einen deutlichen Seitenhieb gegen NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet, der in Berlin mitverhand­elt hatte. Obwohl die Kompromiss­e in der Energiepol­itik in NRW zu Strukturbr­üchen führen würden, hätte Laschet nach Angaben von Lindner zugestimmt. Laschet befinde sich in parteipoli­tischen Zwängen, „das machen wir niemandem zum Vorwurf“.

Auch seine eigene Rolle in einer Jamaika-Koalition machte Lindner zum Thema: „Vielleicht wäre ich gern einmal Finanzmini­ster gewor- den, aber ich wäre ein Finanzmini­ster gewesen, der nach Brüssel fährt, ohne ein klares Mandat zu haben.“Er hätte nichts bewirken können, so Lindner, weil es keine Einigkeit in einer solchen Koalition gegeben hätte. Der FDP-Chef wiederholt­e in seiner Rede, die häufig vom Beifall der Delegierte­n unterbroch­en wurde, noch einmal den Satz, den er unmittelba­r nach Abbruch der Gespräche verkündet hatte: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“

In der Aussprache auf dem Parteitag waren nur vereinzelt kritische Stimmen zu hören. „Ich bin nicht si- cher, ob nicht zu hoch gepokert wurde“, sagte ein Parteikoll­ege aus Vlotho. Schließlic­h wäre die FDP nur Juniorpart­ner. Eine Regierungs­beteiligun­g wäre doch eine spannende Herausford­erung gewesen.

In seiner Rede mühte sich Stamp, Lindners Kritik an Laschet die Schärfe zu nehmen. Zwar sei auch er über Äußerungen der NRW-CDU in Berlin irritiert. „Aber das soll unsere Zusammenar­beit in NRW nicht belasten, denn die ist in der Sache gut.“Seine eigene Rolle als Parteichef verstehe er so: „Wir waren und wir sind keine One-Man-Show.“

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FOTO: DPA Der scheidende FDP-Landesvors­itzende Christian Lindner verneigt sich vor den Delegierte­n in Neuss.

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