Rheinische Post Viersen

Schnäppche­n-Tage beflügeln den Handel

Rabattschl­achten an Phantasie-Tagen wie dem „Black Friday“oder dem „Cyber Monday“sollen Kunden locken. Mit Erfolg.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT Es sind vermeintli­che Festtage für Schnäppche­njäger: erst der „Black Friday“vergangene Woche – und heute schon der „Cyber Monday“. Allein an diesen beiden Tagen rechnet der Einzelhand­el in Deutschlan­d mit zusätzlich­en Umsätzen von 1,7 Milliarden Euro. Das aus den USA kommende Phänomen der Rabatt-Tage hat in den vergangene­n ein, zwei Jahren massiv an Bedeutung gewonnen.

Bis vor Kurzem verbanden die Deutschen den „Black Friday“noch eher mit dem Crash an den Börsen, dem „Schwarzen Freitag“im Jahr 1929 nämlich. In den USA jedoch ist der Freitag nach „Thanksgivi­ng“seit den sechziger Jahren gleichbede­utend mit dem Beginn des Weihnachts­geschäfts. 2006 führten auch deutsche Händler den „Black Friday“in Deutschlan­d ein – und speziell der US-Online-Händler Amazon machte die Schnäppche­n-Tage anschließe­nd immer bekannter.

Mit Erfolg: Im vorigen Jahr setzten die Händler in Deutschlan­d erstmals allein an diesem Tag mehr als eine Milliarde Euro um. „Die Verbrauche­r haben diese Tage gut angenommen“, sagt Kai Falk vom Handelsver­band Deutschlan­d: „Das sind für den Handel absolute Ausnahmeta­ge.“

Das gilt für den stationäre­n Einzelhand­el wie für die Online-Händler. Denn der Handel im Internet ist längst nicht nur auf den „CyberMonda­y“beschränkt, oft bieten die Händler in der ganzen Woche, der „Black Week“, deutliche Rabatte an. Im Vergleich zu der Vorwoche sei im Bereich der Büro-, Unterhaltu­ngsund Haushaltse­lektronik vor zwei Jahren schon fast ein Drittel mehr verkauft worden – sowohl an Waren als auch an Wert, also Umsatz, sagt Martin Langhauser von der Nürnberger Gesellscha­ft für Konsumfors­chung (GfK). Inzwischen sind aber auch Modehändle­r voll auf den Trend eingestieg­en und locken mit Rabatten. Daneben gibt es längst auch Aktionen bei Drogeriear­tikeln und Accessoire­s.

In den USA ist der „Black Friday“traditione­ll nach dem Feiertag Thanksgivi­ng – und der Beginn der heißen Phase des Weihnachts­geschäfts. Bereits nach dem traditione­llen Truthahnes­sen zieht es viele Amerikaner donnerstag­abends in die festlich geschmückt­en Konsumtemp­el. Der „Black Friday“gilt dort seit Jahren als umsatzträc­htigster Tag des Jahres für die gesamte Branche.

Im Onlinegesc­häft erzielten die Händler nach Berechnung­en des Marktbeoba­chters Adobe Analytics am Donnerstag­abend und am Freitag Erlöse von 7,9 Milliarden Dollar. Das waren fast 18 Prozent mehr als vor Jahresfris­t und so viel wie nie zuvor. Einen weiteren Tagesrekor­d mit Internetum­sätzen von geschätzt 6,6 Milliarden Dollar dürfte den Experten zufolge der Aktionstag Cyber Monday bringen.

Allerdings geht der Schnäppche­nKaufrausc­h zu Lasten der Marge des Handels. „Da wollen viele Händler dabei sein, weil in diesen Tagen viel Geld über die Ladentheke geht“, sagt Christian Bruns, Einzelhand­elsexperte beim Bankhaus equinet. „Vor allem große Händler bieten diese Rabatte an, die können das verkraften“, meint jedoch HDE-Sprecher Kau Falk. Verbrauche­rschützer bemängeln aber, dass die Rabatte meist auf die unverbindl­iche Preisempfe­hlung berechnet sind. Die liege meist weit über den handelsübl­ichen Preisen. Da gelte es also, genau hinzuschau­en. Denn viele Kunden ließen sich trotzdem davon blenden und kauften, heißt es bei der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. Dabei könne man im Internet täglich beim Einkaufen sparen.

Die Rabatt-Tage aber könnten sich auch für den Handel negativ auswirken: Denn zum einen geben die Verbrauche­r das Geld – etwa vor Weihnachte­n – nur einmal aus. Deshalb ist zu erwarten, dass der Handel im weiteren Weihnachts­geschäft Einbußen hat. Eine Umfrage des Portals Statista zeigt, dass für einen steigenden Teil der Händler die zweite Novemberhä­lfte inzwischen die umsatzstär­kste Zeit ist. Die Zahl der Händler, die das Hauptgesch­äft in den ersten Dezemberwo­chen erwarteten, nach den Schnäppche­naktionen also, sei im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken.

Hinzu kommt: Zu Weihnachte­n werden seit Jahren immer häufiger Gutscheine oder Bargeld verschenkt. Das weiß auch der Handel und lockt deshalb nach den Weihnachts­tagen die Kunden wieder mit deutlichen Preisabsch­lägen in die Läden oder die Online-Stores. Diese Dauerrabat­te könnten dann einige Einzelhänd­ler kaum auf Dauer aushalten, fürchten Handelsexp­erten.

Die Schnäppche­n-Tage sind übrigens nicht nur für den Handel lukrativ – sondern auch für Kriminelle. An Tagen wie dem „Cyber Monday“sind Cyberkrimi­nelle demnach besonders aktiv. An diesen Tagen werden beispielsw­eise besonders gerne sogenannte Phishing-Mails verschickt, in denen für vermeintli­che Angebote geworben wird, die in Wahrheit aber den Kriminelle­n nur dazu dienen, an Kundendate­n und Passwörter zu kommen.

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FOTO: RTR In einem Geschäft im brasiliani­schen Sao Paulo kämpften die Besucher am „Black Friday“wie besessen um vermeintli­ch günstige Fernsehger­äte.

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