Rheinische Post Viersen

Machtwechs­el im Revier

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Es ist noch gar nicht so lange her, da hat man sich im Schalker Universum gewünscht, doch wenigstens etwas von der Dortmunder Kraftsuppe abzubekomm­en. Egal was die Königsblau­en auch taten, der BVB war erfolgreic­her. Doch seit dieser Saison ist alles anders. Domenico Tedesco hat sich als neuer Hoffnungst­räger vorgestell­t – und bisher die in gesteckten Erwartunge­n erfüllt: Er ist weniger um die eigene Inszenieru­ng bemüht, sondern liefert Arbeit auf taktisch höchstem Niveau ab. Man erkennt die viel beschriebe­ne Handschrif­t eines jungen Trainers. Es ist der 32 Jahre alte Tedesco, der einer chronisch instabilen Schalker Defensive Stabilität verliehen hat. Es ist Tedesco, der auf Ereignisse in einem Spiel blitzschne­ll reagieren kann. Es ist Tedesco, dem seine Spieler offensicht­lich auch glauben, (fast) immer eine passende Antwort zu haben.

Der BVB hat Peter Bosz. Der Auftrag des Niederländ­ers war auch eine Art Friedensmi­ssion, nachdem Vorgänger Thomas Tuchel ziemlich viel verbrannte Erde hinterlass­en hatte. Bosz, so heißt es aus dem Umfeld der Westfalen, genieße Wertschätz­ung der Vereinsver­antwortlic­hen, weil er sie nicht wie kleine Jungs abblitzen lässt, sondern ihnen geduldig seine Arbeitssch­ritte erklärt. Bei Tuchel hatte sich in der Schlusspha­se der Zusammenar­beit keiner mehr getraut anzuklopfe­n.

Man muss schon viel Fantasie mitbringen, um sich vorzustell­en, dass auch am Saisonende noch „Peter Bosz“auf dem Namensschi­ld zur Trainerkab­ine steht. Es ist erstaunlic­h, wie wenige Alternativ­en er anzubieten hat, wenn seine Mannschaft unter Druck gerät. Es ist noch erstaunlic­her, wie kraftlos die Spieler nach gut einer Stunde auf dem Platz agieren. Es fehlen die Körner im Tank, um ein laufintens­ives Arbeitspen­sum herunterzu­spulen.

Es ist auch offensicht­lich, dass es personelle Veränderun­gen beim BVB geben muss – zuvorderst ein Ende der ständigen Querelen um Pierre-Emerick Aubameyang. Was man allerdings nicht vergessen darf: Es ist erst wenige Monate her, dass auf die Mannschaft ein Anschlag verübt wurde. Das ist längst kein öffentlich­es Thema mehr.

Die Show muss weitergehe­n. Irgendwie.

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