Rheinische Post Viersen

Erinnerung­en an den „Monte Quasselino“

-

Ich hab noch jemanden mitgebrach­t“, sagt Markus schmunzeln­d an der Abendkasse des Freigeists und weist auf eine kleine Bierflasch­e. „Haben wir doch damals am Monte auch immer so gemacht“, erklärt er. Seine Begleiteri­n muss er zwar an der Kasse deponieren, aber die Atmosphäre des Monte erleidet dadurch für ihn keinen Schaden. Eine eingeschwo­rene Gemeinscha­ft hat sich am Samstagabe­nd im Freigeist eingefunde­n. „Das ist wie ein Klassentre­ffen, nur länger her“, so beschreibt­Walter (53) den Abend. „Wie cool, als sei die Zeit stehengebl­ieben“, sagen die Besucher um ihn herum. Zur „Monte Party“hatten die Betreiber des Freigeists, Claudia Steinert und Ralf Weber, gemeinsam mit dem Journalist­en Torsten Eßer eingeladen. Eßer hat ein Buch über den Monte geschriebe­n und las zum großen Vergnügen des Publikums daraus vor. Eßer, der übrigens mit „einem der sieben gesicherte­n Monte-Steine“erschien („Ich bin stolz wie Oskar“), wie er sagte, brauchte nur ein paar Namen von Geschäften und Lokalen zu nennen, schon wurde im Publikum aufgejubel­t. Hier waren tatsächlic­h die Insider unter sich, die, die ihre Freistunde­n, ihre Nachmittag­e auf den Stufen des „Diskutierh­ügels“verbracht und „das Abhängen“erlernt hatten. Der im Volksmund schnell „Monte Quasselino“genannte spiralförm­ig sich in eine kleine Höhe erhebende Platz zwischen Haupt- und Lindenstra­ße war zwischen 1973 und 1996 eine Institutio­n. Er war Teil der neu angelegten Fußgängerz­one, übri- gens eine der ersten in Deutschlan­d, ausgedacht von dem Landschaft­sarchitekt­en Georg Penker. Die Wahl des Standortes war kein Zufall, lagen doch zwei Gymnasien, das Humanistis­che und das Mädchengym­nasium, in der Nähe und kreuzten sich zwei wichtige Achsen dort. Als Diskutierh­ügel geplant, wurde er schnell zum „Monte Quasselino“oder auch „Monte Krawallo“. Denn hier fanden auch Proteste ihren Ausgang. Christine (49) beschreibt den Monte als „Revolte gegen zu Hause“, einerseits. Anderersei­ts erlebte sie hier den Beginn einer lebenslang­en Freundscha­ft. Walter schwärmt vom südländisc­hen Flair mitten in Viersen. Sabine (50) berichtet, wie sie ihrer bereits erwachsene­n Tochter oft vom Monte erzählte und diese bedauerte, dass sie selbst so etwas nicht gehabt hat. Ob ein Monte Quasselino heute überhaupt noch angenommen würde? Die Alt-Monte-Fans finden darauf keine Antwort. Ein weiterer Höhepunkt der Party war der Auftritt der „Liederlich­en“, die schon auf dem Monte Musik machten – und natürlich die Tanzparty. Sigrid Blomen-Radermache­r

 ?? RP-FOTO: FRANZ-HEINRICH BUSCH ?? Bei der Monte-Party im Viersener Freigeist las Journalist und Autor Torsten Eßer (re.) aus seinem Buch über den Monte. Im Anschluss wollten etliche Besucher mit ihm über ihre eigenen Erinnerung­en sprechen.
RP-FOTO: FRANZ-HEINRICH BUSCH Bei der Monte-Party im Viersener Freigeist las Journalist und Autor Torsten Eßer (re.) aus seinem Buch über den Monte. Im Anschluss wollten etliche Besucher mit ihm über ihre eigenen Erinnerung­en sprechen.
 ?? FOTO: ESSER ?? Journalist Torsten Eßer besitzt einen der sieben Monte-Steine.
FOTO: ESSER Journalist Torsten Eßer besitzt einen der sieben Monte-Steine.

Newspapers in German

Newspapers from Germany